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Wie eine Dresdner Genossenschaft Stromkunden in Österreich findet

Die Dresdner Handelsfirma M4Energy ist ein kleiner Konkurrent der Stadtwerke. Nun wagt sie sich auch ins Ausland. Was Solarleuchten und Massagesessel damit zu tun haben.

Lesedauer: 4 Minuten

Georg Moeritz

Dresden. Wenn eine Firma ihre Büros im Erdgeschoss und im vierten Stock eines Gebäudes hat, bleiben die Angestellten in Bewegung. „Wir lernen immer neue Leute kennen“, scherzt ein Mitarbeiter auf dem Weg durchs Treppenhaus.

Neue Kontakte sind gut fürs Geschäft der Dresdner Genossenschaft M4Energy. Begegnungen können neue Kunden bringen. Das Energiehandelsunternehmen ist seit der Gründung vor 15 Jahren stark gewachsen und musste deshalb die Büros ein paar Treppen höher dazumieten.

Chef nimmt schon mal Pakete für Nachbarn an

Vorstand Maik Junker empfängt im Erdgeschoss, nimmt zwischendurch vom Paketboten Sendungen für Nachbarfirmen an. Im Businesspark an der Bertolt-Brecht-Allee in Striesen ist er auf gute Nachbarschaft angewiesen: Das Unternehmen M4Energy findet Kunden unter anderen Unternehmen – für Strom- und Gasverträge, aber auch für Solarleuchten und „Entspannungstermine“ im Massagesessel.

Angefangen hat Junker vor 15 Jahren mit dem Verkauf von Strom an Mitglieder der Genossenschaft. Die hat heute rund 3500 Mitglieder und 22.000 Kunden. Die Expansion nach Österreich auf einen ganz anderen Energiemarkt steht bevor.

Solarleuchten mit Akku kommen ohne Kabelanschluss aus. M4Energy arbeitet gerne mit Sportveranstaltern zusammen und bietet die Leuchten auch für vorübergehenden Einsatz.
Solarleuchten mit Akku kommen ohne Kabelanschluss aus. M4Energy arbeitet gerne mit Sportveranstaltern zusammen und bietet die Leuchten auch für vorübergehenden Einsatz.
Quelle: Agentur Sender und Empfänger/Matthias Hultsch

Als Junker die Genossenschaft in Dresden gründete, brachte er einen Kundenstamm aus seiner Tätigkeit als Handelsvertreter mit. Der Firmenname M4Energy stand für vier Gründer, deren Namen mit M anfingen. Heute hat das Unternehmen 21 Mitarbeiter.

Von Dresden aus machen sie Stadtwerken und Energiehändlern Konkurrenz. Rund 100 Millionen Euro setzte M4Energy laut Junker im vorigen Jahr um. Längst ist Erdgas als Produkt für das Unternehmen genauso wichtig geworden wie Strom.

Kein Preis-Bonus bei Verivox

Sonderangebote sind es nicht, mit denen die Dresdner mit anderen Energiehändlern in den Wettbewerb treten. Über den Preis könne er nicht konkurrieren, räumt Junker ein. „Bei Verivox oder Check24 wird man uns nicht finden“, sagt er. Wer auf den Preisvergleichsportalen nach dem billigsten Angebot suche, stoße nicht auf M4Energy.

Einen Bonus für Neukunden fürs erste Jahr biete er nicht, sagt der Vorstand. Solche Rabatte müsse ein Unternehmen an anderer Stelle wieder erwirtschaften. Wer fürs erste Jahr Boni biete, müsse darauf hoffen, dass die Kunden sich nach dem Jahr weiter an denselben Händler binden.

Gerahmte Sporttrikots im Chefbüro

Junker bemüht sich stattdessen um langjährige Vertragsbeziehungen und setzt auf Vertrauen, Emotionen und ein Bündel aus Dienstleistungen. Bei manchen Kunden zählt das mehr als der niedrigste Preis. Außerdem wirbt M4Energy mit dem Genossenschaftsgedanken der Gemeinschaft – und mit Sportsponsoring.

Der Chef blickt von seinem Schreibtischsessel auf drei gerahmte Trikots. An den Wänden im Flur sind Sportlerfotos aufgehängt. Schnell fällt auf, dass der Uckermärker Maik Junker keine Berührungsängste zum Fußballclub 1. FC Union Berlin hat. Als Sponsor der „Eisernen“ wirbt er auch mit „Eisernem Strom“ und findet Zugang zu Berliner Fans.

Der Energiehändler hat auch einen Showroom mit Massagesesseln. Chef Junker und Mitarbeiter dürfen sie während der Arbeitszeit nutzen, anderen Firmen werden sie als Beitrag zum Gesundheitsmanagement angeboten.
Der Energiehändler hat auch einen Showroom mit Massagesesseln. Chef Junker und Mitarbeiter dürfen sie während der Arbeitszeit nutzen, anderen Firmen werden sie als Beitrag zum Gesundheitsmanagement angeboten.
Quelle: M4Energy

Mehr als um Privatkunden bemüht sich das Dresdner Unternehmen aber um Firmenkunden. Manchmal kommen dadurch Mitarbeiter der Firmen als Privatkunden dazu. Junker sagt, im Geschäft mit Unternehmen komme es auf langfristige Zusammenarbeit und Service an.

Nicht um Jahresverträge gehe es ihm, sondern um den Bedarf für längere Zeit. Im Gespräch mit Firmenkunden versucht Junker herauszuarbeiten, ob ein Betrieb beispielsweise in einigen Jahren von Gas auf Fernwärme oder Wärmepumpe umstellen könnte. Mit dem Tüv Saar als Partner wird den Betrieben Beratung zur Energieeffizienz angeboten.

Wir sind gesund gewachsen in der schlechten Zeit. – Maik Junker, Vorstand M4Energy eG

Als andere Energiehändler in der Krise Ende 2021 ihre Verträge nicht erfüllen konnten, blieb M4Energy lieferfähig. Das Unternehmen habe sich ausreichend Strom und Gas gesichert, sagt Junker. Andere Firmen gaben auf, die Genossenschaft Energiehaus Dresden ist in Liquidation. „Wir sind gesund gewachsen in der schlechten Zeit“, sagt Junker.

Perfekten Einkaufspreis für Energie gibt es nicht

Eine perfekte Beschaffungsstrategie für Energie gebe es freilich nicht, sagt der Vorstand. Immer den niedrigsten Einkaufspreis für zukünftige Strom- und Gaslieferungen zu bekommen, sei nicht möglich. Ziel müsse sein, nah an den besten Preis zu kommen.

Die neue Tochterfirma M4Energy GmbH in Bregenz in Österreich soll mit Strom handeln. Der Markt funktioniere dort anders: Viele Kunden hätten separate Verträge mit Händlern und Netzbetreibern. Die Abgaben für die Nutzung der Stromleitungen werden separat bezahlt. Ab Herbst will Junker „in den Privatkundenmarkt“ gehen, die erste Kollegin sitze schon in Bregenz.

Solarleuchten für Sportstätten und Baustellen

M4Energy bietet auch Solarleuchten an, hergestellt in Österreich und laut Junker geeignet für Baustellen, Festivals oder Sportstätten. Die Leuchten kommen ohne Verkabelung aus.

Seit etwa fünf Jahren hat das Unternehmen Massagesessel im Programm, mit Musik und Lichteffekten über eine Brille. Kunden aus der Umgebung nutzen sie laut Junker, die eigenen Mitarbeiter dürfen zweimal pro Woche je eine halbe Stunde die Entspannung spüren. „Die Mitarbeiter sind dann produktiver“, sagt der Chef. Die Massagesessel seien ein Beitrag zum betrieblichen Gesundheitsmanagement und „Teil unserer Philosophie“.

SZ

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