Von Georg Moeritz
Dresden. Der ostsächsische Energieversorger Sachsen-Energie in Dresden wird die Preise für Strom und Gas auch zum September und Oktober nicht senken. Eine Firmensprecherin sagte auf Anfrage von Sächsische.de, zu diesem Termin seien „keine Preisanpassungen geplant“. Zu mittelfristigen Aussichten äußerte sie sich nicht. Das Unternehmen hatte zuletzt zum Januar die Strompreise in der Grundversorgung erhöht, zum Februar dann auch für Preisprodukte wie „Dresdner Strom privat“.
Der Nachbarkonzern Envia-M in Chemnitz hat zum Juli seine Strom- und Gaspreise gesenkt. Doch damit löste das Unternehmen keine Welle aus: Die Preise liegen bei Envia-M weiterhin höher als bei der Sachsen-Energie und oberhalb der staatlichen Preisbremsen. Kunden in der Grundversorgung zahlen jetzt brutto pro Kilowattstunde bei Envia-M für Strom 43,51 Cent und für Gas 15,08 Cent.
Bei der Sachsen-Energie gibt es weiterhin leichte Unterschiede zwischen der Marke Drewag in der Stadt Dresden und der Marke Enso auf dem Lande: Die Drewag verlangt in der Grundversorgung seit Januar konstant 38,75 Cent für Strom, für Erdgas in der Regel 14,15 Cent. Die Enso-Preise betragen für Strom 39,95 Cent, für Gas 13,37 Cent. Langjährige Kunden kommen mit Sondertarifen etwas besser weg.
Händler locken wieder mit Sonderangebot und Bonus
Nach eigenen Angaben ist die Sachsen-Energie „einer der wenigen kommunalen Versorger“, bei denen der Strompreis unterhalb der staatlichen Strompreisbremse liegt. Beträge oberhalb von 40 Cent pro Kilowattstunde übernimmt in diesem Jahr der Staat, beim Gas oberhalb von 12 Cent. Allerdings gilt die Strom- und Gaspreisbremse nur für 80 Prozent des Stromverbrauchs. Für 20 Prozent zahlen die Kunden den vollen Preis, sodass sich Energiesparen weiterhin finanziell lohnt.
Wer im Internet nach Sonderangeboten sucht, findet wieder Preise deutlich unterhalb der staatlichen Preisbremsen. Die Preisvergleicher des Unternehmens Verivox stellten für Juli fest, die Strompreise „für Neukunden“ lägen wieder auf dem Niveau vor Beginn der Energiekrise. Neukunden könnten im bundesweiten Schnitt Verträge für gut 28 Cent pro Kilowattstunde Strom abschließen. Seit ihrem Hoch im September 2022 hätten die Neukundenpreise für Strom um 60 Prozent nachgegeben.
Noch stärker seien die Preissenkungen für Erdgas ausgefallen, doch der Brennstoff sei weiterhin teurer als vor der Krise. Bei Preisvergleichen im Internet ist allerdings auf die Kündigungsfristen zu achten und auf einmalige Bonuszahlungen, die den Blick auf die Preise etwas verschleiern.
Strom und Gas drei Jahre im Voraus bestellt
Bei den Tarifen für die Strom-Grundversorgung stellten auch die Verivox-Vergleicher weiterhin Preise oberhalb der Preisbremse fest – im Juli durchschnittlich 48,67 Cent. Laut Patrick Kather, Vorstandsmitglied bei Envia-M, kommen fallende Börsenpreise nicht so schnell bei seinen Kunden an wie bei kurzfristig einkaufenden Händlern. Der Grund: Stadtwerke und Regionalversorger wie Sachsen-Energie und Envia-M müssen langfristig planen und die Grundversorgung absichern. Sie mussten auch in der Krise Kunden von Händlern übernehmen, die das Geschäft aufgaben. „Wir haben einen unfairen Nachteil am Markt“, sagte Kather.
Sachsen-Energie-Finanzvorstand Axel Cunow sagt, das Unternehmen beschaffe Strom und Gas rund drei Jahre im Voraus – schrittweise und in unterschiedlichen Mengen. Das glätte die Preise insgesamt, bremse also sowohl Erhöhungen als auch Preissenkungen. „Wir beschaffen sehr langfristig Energie und konnten so günstige Preise für die Energie aushandeln, die uns 2022 geliefert wurde.“
Preisbremsen bleiben voraussichtlich bis Ostern
Die Sachsen-Energie hat im Herbst 2022 den Einkauf zeitweise gestoppt, als die Preise am höchsten waren und eigentlich für 2025 Strom und Gas gekauft werden sollte. Erst später, als die Preise wieder gefallen waren, hat das Unternehmen mehr Gas und Strom eingekauft. Die Stadtwerke in Sachsen beobachteten ebenfalls den Markt und handeln unterschiedlich. Gerade zum August haben die Stadtwerke Zittau ihre Strompreise um 4,5 Cent erhöht. Dort sind jetzt in der Grundversorgung 43,83 Cent brutto zu zahlen. Dort greift die Strompreisbremse.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat vor, die Strom- und Gaspreisbremse über den Jahreswechsel hinaus zu verlängern – bis Ostern. Mit der EU-Kommission wird über diese staatliche Subvention bereits diskutiert, sagte der Minister vor Kurzem.
Vor allem bei einem strengen und langen Winter wird es für viele Menschen wichtig, ob die Preisbremsen länger gelten. Die Preise für Fernwärme haben im vorigen Winter Rekordpreise erreicht und sind immer noch hoch. Vom gewohnten Niveau um etwa sieben Cent stieg der Preis bei der Drewag bis Dezember auf 28,6 Cent brutto.
Altvertrag: Manche haben noch billiges Gas bis Jahresende
Seitdem ist Fernwärme zwar billiger geworden, aber der Preis sank nur langsam: Für August berechnet der Versorger 16,5 Cent, für September sind 16,1 Cent angekündigt. Das liegt noch weit oberhalb der staatlichen Preisbremse von 9,5 Cent, bei Fernwärme subventioniert der Staat also kräftig die Kosten. Zwar spielt Heizen derzeit keine Rolle, aber die Fernwärme wird auch für Warmwasser benötigt.
Die Dresdner Wohnungsgenossenschaft „Glückauf“ Süd (WGS) schrieb ihren Kunden, die Fernwärmekosten seien um durchschnittlich 60 Prozent gestiegen – trotz Dezemberhilfe und eines Rückgangs im Verbrauch. Die Mieter sparten im Winter kräftig Energie. Beim Gas dagegen profitierte die WGS von einem Sondervertrag: Noch bis Ende 2023 bezieht die Genossenschaft Erdgas für weit weniger als 12 Cent. Erst fürs neue Jahr rechnet der Vorstand nun mit einem großen Preissprung nach oben.
Wie sich die Erdgaspreise entwickeln, hängt von der Strenge des Winters und von den Lieferungen aus dem Ausland ab. Die deutschen Gasspeicher sind zu rund 90 Prozent gefüllt – und damit deutlich voller als im Sommer des vergangenen Jahres. Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller hat dennoch schon angekündigt, er werde „abermals zum Sparen und achtsamen Umgang mit Gas aufrufen“, wenn die Heizsaison naht.
Langfristig rechnet die Sachsen-Energie beim Strom mit insgesamt steigenden Preisen, weil mit den Einnahmen auch zusätzliche Leitungen für die Energiewende bezahlt werden müssen – es geht um Milliarden-Investitionen in die Technik. Nicht nur Hochspannungsleitungen von Nord- nach Süddeutschland sind zu bauen, auch die Ortsnetze müssen stärker werden. „Die Sonne schickt keine Rechnung, aber die Speicher und Netzinfrastruktur“, sagte Sachsen-Energie-Chef Frank Brinkmann kürzlich im Gespräch mit sächsische.de.