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Wie ostdeutsche Firmenchefs für ihre Werte eintreten

Sie wollen politisch neutral sein, aber gegen Extremismus vorgehen: Chefs von Betrieben wie ICE-Bahnwerk Cottbus, BMW Leipzig und Siemens Energy Erfurt schließen sich zusammen. Was sie jetzt eint.

Lesedauer: 2 Minuten

Man sieht das Titelbild der Webseite.
So rufen Firmenchefs zur Wahl auf: Ihr Bündnis "Wir stehen für Werte" hat auch eine Internetseite. © SZ/Georg Moeritz

Von Georg Moeritz

Dresden. Andreas Konschak kann keine Zollgrenzen gebrauchen. Wenn er von Abschottung gegen andere Staaten hört, macht er sich Sorgen um seine Arbeit: Konschak leitet die Generatorenfertigung von Siemens Energy in Erfurt, die zusammen mit dem Görlitzer Turbinenwerk das größte Solarthermiekraftwerk in Dubai ausgerüstet hat. Seine Kunden aus arabischen Ländern reisen für mehrere Tage nach Erfurt zur Produkt-Abnahme und bekommen auch die Stadt gezeigt. „Da kommt man in Erklärungsnot, wenn man an AfD-Plakaten vorbeikommt“, sagte Konschak am Donnerstag bei einem Pressegespräch der Wirtschaftsinitiative „Wir stehen für Werte.“

Eigentlich wollten die teilnehmenden Firmenchefs keine Parteinamen nennen. Das Bündnis stehe für politische Neutralität, sagte Sprecher Frank Wienstroth aus der BMW-Presseabteilung. Er sehe „an beiden Rändern“ des politischen Spektrums Populismus und extremistische Ansichten. „Fremdenhass ist wirklich ein Risiko“, betonte der Sprecher.

Unter dem Namen „Wir stehen für Werte“ haben sich etwa 40 Unternehmen mit zusammen 1,8 Millionen Beschäftigten zu einer Allianz für Vielfalt, Toleranz und Offenheit zusammengeschlossen. Schon vor der Europawahl im Juni riefen sie auf, sich zu beteiligen. Jetzt setzen sich in diesem Bündnis Unternehmen aus Sachsen, Thüringen und Brandenburg vor den Landtagswahlen im September dafür ein, ihren Werten eine Stimme zu geben.

Siemens-Sprecher: Es ist kein speziell ostdeutsches Thema

Das Bündnis sei keine Eintagsfliege, sagte Karsten Petrusch, Sprecher der Siemens-Niederlassung Leipzig, die zum Beispiel Schnellladesäulen herstellt und in die ganze Welt liefert. Toleranz sei Grundlage des Geschäfts. Darin sehe er auch kein speziell ostdeutsches Thema. „Wir haben halt zufällig jetzt Wahlen im Osten“, sagte Petrusch. Im kommenden Jahr vor den Bundestagswahlen will sich das Bündnis erneut engagieren.

Zu den Mitgliedern gehören Allianz und Deutsche Bahn, Dussmann und Eon, Bosch und Vonovia – aber auch der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Bundesverband der deutschen Industrie. Auf der Internetseite von „Wir stehen für Werte“ ist die ganze Liste zu finden, dort äußern sich auch die Chefs großer Konzerne dazu. Die Teilnehmer erwarten, dass sich noch mehr Firmen beteiligen.

BWM-Leipzig-Chefin Peterhänsel: Deutschkurse im Betrieb

Die Unternehmer und Manager im Bündnis wollen über ihre Werte auch in firmeninternen Diskussionen sprechen, manche veranstalten Workshops. Petra Peterhänsel, Leiterin des BMW-Werks Leipzig mit mehr 10.000 Beschäftigten aus über 90 Nationen, lässt auch Deutschkurse organisieren. „Wir mischen die Gruppen“, sagte Peterhänsel. Interkulturelles Training für Führungskräfte gebe es auch. In Videos im Mitarbeiterkanal stellen sich Beschäftigte aus verschiedenen Nationen vor.

BMW Leipzig hat jüngst mehr als 900 Mitarbeiter eingestellt, vor allem für die neue Nachtschicht in der Montage. Peterhänsel sagte, so viele seien nicht in der Region zu finden. Also wurden Personaldienstleister beauftragt. Denen wurde vorher die Botschaft mitgegeben: „Wir stehen für Offenheit und Vielfalt.“ Janet Jurk, Personalleiterin des ICE-Instandhaltungswerks Cottbus, sagte, die handlungsfähige Demokratie sei ein Standortfaktor. „Antieuropäische Bestrebungen gefährden uns.“

Das Bündnis freut sich, dass es ähnliche regionale Initiativen gibt – etwa den Verein Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen und die Kampagne #stabilbleiben aus Dresden. Siemens-Sprecher Petrusch sagte, von Nachwuchskräften sei die Anregung gekommen, auch mithilfe dieser Kampagne zur Teilnahme an der Wahl aufzurufen. Wienstroth sagte, bei der Landtagswahl gehe es um wichtige Weichenstellungen zu Bildung, Sicherheit, Infrastruktur. Angeblich einfache Lösungen gebe es nicht.

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