Zwei Großforschungszentren sollen kluge Köpfe aus der ganzen Welt nach Sachsen locken. Einige Anfragen per Mail kommen bereits. Unterdessen wurden weitere Projekte für den Strukturwandel genehmigt.
Von Nora Miethke
Berlin. Der von Ministerpräsident Michael Kretschmer ins Leben gerufene Innovationsbeirat für den Strukturwandel in den sächsischen Kohleregionen hat auf seiner letzten Sitzung in diesem Jahr in Berlin über die Perspektiven der beiden Großforschungszentren beraten und über Maßnahmen zur Stärkung der Fachkräftebasis im Freistaat diskutiert.
In Sachsen gehen jedes Jahr rund 20.000 Menschen mehr in Ruhestand als Nachwuchs nachkommen. Es müsse gelingen einen Großteil dieser frei werdenden Arbeitsplätze durch ausländische Fachkräfte zu besetzen, betonte Michael Kretschmer bei der Pressekonferenz im Anschluss an die Tagung. „Und das ist nicht trivial, da wir in den neuen Bundesländern nicht die Kultur und Erfahrungen mit ausländischer Zuwanderung haben“, so der CDU-Politiker.
Die Entscheidung für die zwei Großforschungszentren wurde von den Mitgliedern des Innovationsbeirats unter Vorsitz von Professor Wolfgang A. Herrmann begrüßt. „Damit schlägt die Staatsregierung ein weiteres vielversprechendes Kapitel in der Gestaltung der sächsischen Forschungslandschaft auf. Die gezielte Anwerbung der klügsten Köpfe aus dem In- und Ausland ist eine wichtige Grundvoraussetzung, dass die Zentren eine Erfolgsgeschichte werden“, betonte Herrmann.
Die Staatsregierung habe mit ihrem Maßnahmenplan zur Gewinnung internationaler Fach- und Arbeitskräfte im Sommer 2022 bereits wichtige Weichen dafür gestellt, noch attraktiver für internationale Fachkräfte zu werden. Es komme dabei auf ganzheitliche Strategien an. „Die Staatsregierung ist mit ihren Aktivitäten auf dem richtigen Weg, der nun konsequent weiter beschritten werden sollte“, lobt der frühere Präsident der Technischen Universität München. Unter den Mitgliedern des Innovationsbeirats sind unter anderem Gunda Röstel, Thomas de Maizière, Hans Müller-Steinhagen, der frühere Rektor der TU-Dresden und der frühere Chef des Porsche-Werks in Leipzig, Siegfried Bülow.
Mails aus der ganzen Welt
Professorin Ursula Staudinger, Rektorin der Technischen Universität Dresden und Gastreferentin beim Treffen, unterstrich die Bedeutung dieser beiden Großforschungszentren. „Wir haben die Chance Sachsen auf die Weltkarte der Forschungslandschaft zu bringen“, so Staudinger.
Sie berichtete davon, dass die TU Dresden wie auch Professor Hasinger, der Kopf hinter dem in der Lausitz geplanten Deutschen Astrophysikzentrum, weltweit Mails bekäme mit der Frage: „Where is Goerlitz. We want to come“. (Wo ist Görlitz, wir wollen kommen?) Sie ist überzeugt, dass die Großforschungszentren durch die internationale Sichtbarkeit und Vernetzung Fachkräfte sowie Firmen anziehen und neue Perspektiven vor Ort eröffnen werden. Die TU Dresden werde dabei die gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und die Spitzenlehre ausbauen, um die dringend benötigten Fachkräfte auszubilden.
Beim DZA bringt die TU Dresden beispielsweise ihre Expertise in den Bereichen Datenanalyse, Künstliche Intelligenz, Hochleistungsrechner und grüne Elektronik ein. Vorgesehen ist, dass in einem geplanten Bildungscampus in der Lausitz völlig neue Berufsbilder für die Zukunft entwickelt werden sollen, um die jungen Menschen vor Ort dann darin ausbilden zu können.
Weitere Projekte für den Strukturwandel genehmigt
Während die Experten in Berlin diskutieren, wurden in Dresden weitere Strukturwandelprojekte freigegeben. Das zuständige Regionalentwicklungsministerium teilte am Mittwoch mit, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in den vergangenen Tagen sieben Projekte bestätigt hat, die von den Regionalen Begleitausschüsse beschlossen worden waren.
Der Bund habe keine Bedenken gegen die weitere Umsetzung der Projektvorschläge, sodass die Projektträger jetzt die erforderlichen Fördermittelanträge bei der Sächsischen Aufbaubank – Förderbank stellen könnten, heißt es in der Mitteilung. Bei den sieben Projekten im Lausitzer und im Mitteldeutschen Revier liegt der Fokus auf der öffentlichen Daseinsvorsorge und der touristischen und wirtschaftsnahen Infrastruktur.
Zu den Vorhaben aus dem Lausitzer Revier, die nun die nächsten Schritte gehen können, gehört das Jugendpräventionshaus zur Sicherung der Arbeitskräfte von morgen in Krauschwitz.
Zoo in Hoyerswerda soll moderner werden
Durch den Erwerb eines bestehenden Vereinshauses soll ein Soziokulturelles Zentrum für Jugendliche und Bürger etabliert werden, in dem auch das ortsansässige Handwerk und gewerbetreibende Firmen dauerhaft präsent sein sollen. Das Netzwerk hat das Ziel, die Fach- und Arbeitskräfte von morgen auszubilden und zu binden. Geplant ist eine Schnittstelle zu den lokalen Unternehmen herzustellen und wiederkehrende Angebote (Workshops, Praktika, Job- und Ausbildungsplatz-Börse, vorzuhalten. Es sind unter anderem Mehrzweckräume für Jobbörsen, Räume für Projektarbeit und Sport, eine Schrauber- und Technikwerkstatt sowie Tagungsräume geplant. Die geschätzten Gesamtkosten liegen bei 1,6 Millionen Euro.
Auch der Masterplan für den Zoo in Hoyerswerda kann nun umgesetzt werden und der Standort Industriepark Schwarze Pumpe weiter entwickelt werden. Nach Angaben des Ministeriums haben die Projekte im Lausitzer Revier ein Gesamtvolumen von 22,9 Millionen Euro. Zu vier Projekten, die von den Regionalen Begleitausschüssen im November ausgewählt worden waren, hat die BAFA Nachfragen gestellt. Diese sollen nun schnell beantwortet werden.
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Regionalminister Thomas Schmidt ist mit der Entwicklung zufrieden. „Mit 44 ausgewählte Projekte im Mitteldeutschen Revier und 103 im Lausitzer Revier stehen wir im Vergleich mit den anderen Bundesländern sehr gut da“, betont er. Von den 147 ausgewählten Maßnahmen hätten schon 140 den Einwandverzicht vom Bund erhalten, nur eine wurde abgelehnt. 48 Projekte mit einem Mittelvolumen von 204 Millionen Euro seien bewilligt und in der Umsetzung, bilanziert der für Strukturentwicklung zuständige Fachminister.