von Annett Kschieschan
Wer Digitalisierung will, kommt um das Thema Cybersicherheit nicht herum. Dieser Fakt ist nicht neu, er hat in den vergangenen Monaten aber erneut an Brisanz gewonnen. Das hat zum einen mit den aktuellen Krisen zu tun, die das Sicherheitsgefühl wirtschaftlich und politisch ins Wanken gebracht haben. Und es basiert zum anderen auf Untersuchungsergebnissen, die trotz einer ungebrochen hohen Dunkelziffer bei den gemeldeten Fällen durchaus alarmierend sind. Die Zahl der Cyberangriffe auf Unternehmen oder Behörden hat auch 2022 zugenommen – und sie wächst stetig weiter.Der globale finanzielle Schaden durch Cyberattacken ist immens. Der Softwarehersteller McAfee hatte ihn zuletzt in einer Studie gemeinsam mit dem Center for Strategic and International Studies (CSIS) auf 1000 Milliarden Dollar beziffert. Das sei fast doppelt so viel wie noch im Jahr 2018.
Vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen wird diese Entwicklung mit Sorge gesehen. Denn viele Betriebe auch in Sachsen sind zum Beispiel Bestandteil komplizierter Lieferketten und stehen daher potenziell auch im Fokus von Cyberkriminellen.IT-Experten kennen die Verunsicherung beim Thema Sicherheit im Netz gut. „Digitalisierung geht einher mit Veränderungen in unserer bisherigen Lebensweise, unserem Handeln und erfordert eine neue Ebene im Umgang mit anderen“, weiß Matthias Hundt, CEO des Unternehmens Sachsen Digital Consulting. Er erlebt häufig, dass sich die Ebenen in der Debatte vermischen. „Ein Grundbaustein von Digitalisierung ist die IT-Sicherheit. Und ein elementarer Bestandteil der IT-Sicherheit ist der Umgang mit sensiblen Daten und davon wiederum ist ein wichtiger Teil die Verarbeitung und Speicherung von personenbezogenen Daten, bekannt als Datenschutz und DSGVO. Ohne dieses Basiswissen und die damit verbundenen Zusammenhänge kann Datenschutz schnell mit IT-Sicherheit verwechselt werden“, so der Experte.Klar ist auch: Wer in Sachen Digitalisierung und den entsprechenden Sicherheitsfragen up to date sein will, muss schnell sein. In Sachsen haben sich nicht nur IT-Unternehmen auf das Thema spezialisiert. So betreiben etwa die Hochschule Zittau/Görlitz und das Fraunhofer-Institut in Ilmenau ein „Lernlabor Cybersicherheit“. Die Mitarbeiter machen Gefährdungs-, Risiko- und Sicherheitsanalysen für Firmen und bieten Weiterbildungen an. Zunehmend müsse nach Ansicht von Experten aber auch immer wieder neu in die Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst investiert werden. Wirklich sichere Passwörter am Arbeitsrechner und Vorsicht bei unbekannten Mail-Absendern sind auch 2022 durchaus noch nicht überall Standard.Matthias Hundt ist sich indes sicher: „Das Bundesland, das die Komplexität des Themas zuerst erfasst und anpackt, wird in Zukunft die führende Position einnehmen“. So könne das Ziel nicht die digitale Transformation sein, da diese eine Folge der Digitalisierung sei. Der IT-Fachmann plädiert dafür, Ursache und Wirkung im richtigen Verhältnis zueinander zu betrachten. Andernfalls würden die Bemühungen um die IT-Sicherheit ins Leere laufen und Deutschland im internationalen Vergleich weiterhin eher schlechte Karten haben. „Unsere große Stärke ist der funktionsgegliederte Föderalismus. Das bedeutet: Für alle Anforderungen gibt es eine Funktionsbehörde. Jede Behörde hat ihre eigenen Zuständigkeiten, Prozesse und Zeitabläufe und untersteht einem bestimmten politischen Ressort.
Digitalisierung und IT-Sicherheit greifen dagegen in alle Ressorts und Funktionsbehörden ein. Dadurch nagt diese Thematik an der Zuständigkeitsfrage, der letzten Bastion der politischen Arbeit. Und genauso verkommen Digitalisierung, IT-Sicherheit und Datenschutz nur zu Worthülsen ohne umsetzbares Ziel“, so Matthias Hundt. Es bleibt also noch eine Menge zu tun. Viele Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Initiativen haben das längst erkannt und arbeiten intensiv an den Lösungen der aktuellen Probleme. Denn die Zukunft – das gilt für Sachsen ebenso wie für die ganze Welt – wird digital sein.