Von Annett Kschieschan
Dresden. Drohender Stellenabbau im Automobilbau, Insolvenzen in Industrie und Handwerk, dazu politische Turbulenzen im In- und Ausland, die erneut wachsende Kriegsangst – die deutsche Wirtschaft steckt tief in der Krise, und in Sachsen sieht es nicht viel besser aus. Das zeigt auch ein Blick auf das Stimmungsbarometer für die sächsische Wirtschaft. Der Ifo-Geschäftsklimaindex verschlechtert sich erneut. Viele Unternehmen schauen aufgrund der schwächelnden Auftragslage gerade mit noch mehr Sorge in die Zukunft.
Automobilbau-Krise trifft sächsische Firmen hart
Im Verarbeitenden Gewerbe ist die Stimmung spürbar gesunken. Zwar äußerten sich die Unternehmen weniger pessimistisch in ihren Erwartungen an die Zukunft, beklagten aber gleichzeitig die Verschlechterung der laufenden Geschäfte. Vielen Betrieben sind Aufträge weggebrochen.
„In der sächsischen Industrie wird jeder dritte Euro in der Automobilindustrie erwirtschaftet, jeder sechste Arbeitsplatz ist in diesem Industriebereich verankert. Gerade aktuelle Absatzentwicklung und Produktionszahlen haben sehr großen Einfluss auf die sächsischen Produktionsstätten und die Zuliefererindustrie“, heißt es in der aktuellen Auswertung des Geschäftsklimaindex der creditreform Dresden.
Tourismus und Logistik können etwas aufholen
Besser sieht es für die sächsische Dienstleistungsbranche aus. Die Unternehmen hier zeigen sich deutlich zufriedener als andere Branchen. Vor allem die Bereiche Logistik, IT und Tourismus verzeichnen wieder höheren Zuspruch. Das gilt für Sachsen genauso wie bundesweit.
Der Handel setzt auf das Weihnachtsgeschäft
Bald ist Weihnachten. Im Handel setzt man auf die Umsätze der Wochen vor dem Fest. Diese Hoffnung wird auch im Geschäftsklimaindex sichtbar – er ist leicht gestiegen. Doch auch hier trüben Sorgen die weihnachtliche Stimmung. In den sächsischen Innenstädten müssen immer mehr Läden schließen. Inflation und die Angst vor Krieg und politischen Verwerfungen hemmen die Kauflust. „Die rezessive Entwicklung in der Wirtschaft führt zu hoher Verunsicherung bei den Konsumenten und damit zu einem geringeren Konsum und einer höheren Sparquote“, sagt Thomas Schulz, Prokurist der Creditreform Dresden.
Um ein Drittel rückläufige Baugenehmigungen
Gebaut wird immer – aber in der Krise deutlich weniger. Das sächsische Bauhauptgewerbe muss sich mit um ein Drittel rückläufigen Baugenehmigungen arrangieren. Dennoch beurteilen die befragten Unternehmen die aktuelle Lage etwas besser.
Der Mittelstand steht vor großen Herausforderungen
In den Schlagzeilen spielen vor allem die Großen eine Rolle, allen voran die Automobilindustrie. Aber die Krise trifft auch den Mittelstand hart. Das zeigen aktuelle Umfragen der Creditreform.
Besonders schlecht sehe es in vielen Firmen bei der Auftragslage aus, so Andreas Aumüller, Geschäftsführer der Creditreform Dresden. Immer mehr sächsische Unternehmen berichteten demnach von sinkenden Auftragsbeständen. Dieser Rückgang beeinflusse auch die Geschäftserwartungen der Unternehmen und die weiterhin schwache Geschäftslage im Mittelstand. „Ein Wirtschaftsaufschwung lässt weiter auf sich warten – frühestens im nächsten Jahr könnte die Konjunktur wieder an Fahrt gewinnen“, so Aumüller.
Die Folgen für den hiesigen Arbeitsmarkt seien auf vielen Ebenen spürbar. Bei der Creditreform konstatiert man nach kontinuierlichem Wachstum in den vorherigen Jahren nun bereits im zweiten Jahr in Folge einen sinkenden Personalstand. Zurzeit stocken nur wenige Unternehmen ihre Mitarbeiterzahl auf.
Eine Besserung erwarten die Experten auch in den kommenden Monaten nicht. Im Gegenteil: Es drohe weiterer Stellenabbau. Der Fachkräftemangel ist damit nicht Geschichte, aber der Bedarf an Mitarbeitern ist geringer als in den vergangenen Jahren. „Die Auswirkungen der Krise machen sich zunehmend auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Die Nachfrage sinkt, die Investitionen der Unternehmen gehen zurück und es kommt vermehrt zum Personalabbau“, erklärt Andreas Aumüller.
Aber auch an anderer Stelle haben viele Firmen zwischen Neiße und Pleiße zunehmend zu kämpfen. So hat sich auch die Eigenkapitalsituation der sächsischen Unternehmen in den vergangenen Monaten weiter verschlechtert.
Nach Einschätzung der Creditreform-Experten verfügen nur noch wenige Unternehmen über eine solide Eigenkapitalquote von mehr als 30 Prozent. Besonders stark betroffen seien auch hier kleine und mittlere Unternehmen. Als Konsequenz folgen oft zu hohe Kredit- und Zinsbelastungen und eine sinkende Stabilität der Betriebe. Nicht alle werden die Zerreißprobe auf Dauer überstehen.