Florian Reinke
Leipzig/Halle. Die Güterverkehrssparte der Deutsche Bahn verschärft ihren Sparkurs – und plant deshalb auch in Mitteldeutschland personelle Einschnitte. Wie diese Zeitung aus Belegschaftskreisen der DB Cargo erfuhr, wird in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit dem Wegfall zahlreicher Stellen gerechnet.
„Wir erleben und erwarten auch bei der DB Cargo AG im mitteldeutschen Raum einen sehr starken Personalabbau, der alle Beschäftigtengruppen betreffen wird“, sagt der Vorsitzende des hiesigen Betriebsrats, Thorsten Reichelt.
DB Cargo streicht mehr Stellen als bisher bekannt
Hintergrund sind Pläne der DB Cargo, die weitere personelle Einsparungen vorsehen. Erst am Sonntag war bekannt geworden, dass die kriselnde Güterverkehrssparte des Staatskonzerns deutlich mehr Stellen abbauen wird als bisher angenommen.
„Die aktuellen Konjunkturprognosen führen dazu, dass wir bis 2029 von einem Verlust von 5000 Arbeitsplätzen ausgehen. Damit erhöht sich der bisher erwartete Stellenabbau infolge der konsequenten Umsetzung der Transformation von DB Cargo“, erklärte die DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta laut einer Unternehmensmitteilung.
Stellenabbau laut Betriebsrat in zwei Schritten
Bisher sollten lediglich 2300 Stellen abgebaut werden. Laut Unternehmensangaben soll ein Großteil der Arbeitsplätze in der Verwaltung wegfallen, betroffen ist zudem der operative Bereich.
Der mitteldeutsche Betriebsratschef Reichelt spricht von einem Abbau in zwei Phasen. Im ersten Schritt sei das Betriebspersonal betroffen – Mitarbeiter aus allen Bereichen des Rangierdienstes, des Wagenuntersuchungsdienstes sowie Lokomotivführerinnen und Lokomotivführer. Für die Beschäftigten seien bereits zwei Interessensausgleiche und ein Sozialplan abgeschlossen worden; auch eine erste Sozialauswahl sei erfolgt.
Kündigungen sollen zeitnah ausgesprochen werden
Gegenwärtig führe das Unternehmen Gespräche mit betroffenen Kolleginnen und Kollegen, um sie über den Sachverhalt, mögliche Alternativen und letztlich die Konsequenzen – die betriebsbedingte Kündigung – zu informieren.
„Von dieser ersten Maßnahme sind circa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen“, sagt Reichelt dieser Zeitung. Das Unternehmen werde zum Jahresbeginn mit neuen Strukturen starten und die betriebsbedingten Kündigungen zeitnah aussprechen.
DB Cargo spricht nicht über Sparpläne
Als zweiten Schritt nannte der Betriebsratschef einen Stellenabbau in noch offener Größenordnung in den übrigen Bereichen. „Planer, Disponenten, Ausbilder und Lehrer werden genauso betroffen sein wie die Instandhaltung für Lokomotiven und Güterwagen und andere sogenannte Overhead-Bereiche.“
Auf Anfrage wollte sich die DB Cargo aufgrund laufender Gespräche nicht zu den konkreten Sparplänen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen äußern.
Gütersparte kämpft mit Problemen
Die Güterverkehrssparte schreibt seit Jahren Verluste und durchläuft einen Transformationsprozess. Aus Unternehmenssicht verursacht die schwierige wirtschaftliche Lage in Deutschland zusätzliche Probleme. Das Transportvolumen der DB Cargo hängt laut Angaben einer Unternehmenssprecherin vom Zustand der deutschen und europäischen Wirtschaft ab – und damit schlussendlich auch die Arbeitsplätze.
„Wenn in der Industrie die Produktion sinkt, gehen in der Folge auch die Transporte bei DB Cargo zurück. Das bedeutet, wir passen analog zur Industrie unsere Personal- und Kostenstrukturen an.“ Der Abbau solle sozialverträglich erfolgen.
Frachtbereich der Bahn vielerorts in Mitteldeutschland präsent
In Mitteldeutschland ist die DB Cargo vielerorts vertreten. Im Wahlbetrieb Halle, der den kompletten mitteldeutschen Raum und das brandenburgische Senftenberg umfasst, sind noch etwa 1580 Mitarbeiter beschäftigt, so Betriebsratschef Reichelt.
Ein großer Teil der Beschäftigten arbeitet laut seinen Angaben in der Zugbildungsanlage und dem neuen Instandhaltungswerk in Halle. Einsatzstellen befinden sich aber auch in Dresden, Leipzig, Eilenburg, Riesa, Zwickau und Eisenach sowie in weiteren Städten des mitteldeutschen Raumes. „Dort werden Züge gebildet und gefahren, es wird ausgebildet, geplant und verwaltet, Transporte werden überwacht und gelenkt und Fahrzeuge gewartet und instand gehalten.“
All diese Standorte seien für das Ziel des Unternehmens, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, wichtig. „Wie sich dieses Ziel jedoch mit dem zu erwartenden Arbeitsplatzabbau vereinbaren lässt, bleibt völlig offen“, sagte der Betriebsratsvorsitzende.