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„Wir sind die neuen Dresdner Sterne-Köche“

Nicole und Marcus Blonkowski bekamen für ihr Genuss-Atelier die Auszeichnung. Warum das nicht nur Vorteile hat.

Lesedauer: 2 Minuten

Die Geschichte um den Stern begann mit einem geplatzten Barcelona-Urlaub. Eigentlich wollten Nicole Blonkowski und ihr Bruder Marcus ihren 30. Geburtstag in der spanischen Metropole feiern. Doch dann kam alles anders. „Am Samstagfrüh rief ein Tester vom Guide Michelin an und fragte, ob wir am Dienstag nach Berlin kommen könnten“, erzählt Marcus Blonkowski. Eine leise Vorahnung hatten die beiden, was dort passieren könnte. Der berühme Gourmet-Führer Guide Michelin präsentierte seine neuen Sterne-Restaurants. „Wir wussten aber nichts Genaues und durften auch niemandem etwas erzählen“, erinnert sich Nicole. Die Einzigen, die vorab eingeweiht waren, waren die Eltern der beiden. Erst als sie dann in Berlin vor der Veranstaltung eine Anprobe der Kochjacken, auf denen der Stern prangte, absolvierten, war klar: „Wir haben es geschafft. Unser Genuss-Atelier ist jetzt ein Sterne-Restaurant.“ Damit fügt sich ihr Lokal ein in die Riege mit Stefan Hermanns Bean&Beluga auf dem Hirsch, dem Elements in der Zeitenströmung und dem Caroussel auf der Königsstraße.

„Es ist natürlich eine große Ehre und wir sind stolz, aber ein Stern bedeutet nicht automatisch mehr Gäste“, sagt der 33-jährige Küchenchef. Einige würde die Auszeichnung eher abschrecken. Nach der Devise: Ein Sterne-Restaurant ist teuer. Doch genau das wollen die beiden Geschwister vermeiden. „Unser Ziel ist es, gutes Essen für bezahlbare Preise zu bieten“, erzählt die 30-jährige Nicole. Ein Blick in die Karte verrät: mit beispielsweise 39 Euro für ein 3-Gang-Menü pro Person sind sie es im Vergleich zu anderen gehobenen Restaurants tatsächlich.

Erkennt man als erfahrener Gastronom eigentlich die Tester, wenn sie im eigenen Laden platznehmen? „Ja klar, wir ahnen es oft. Die Tester bestellen meist ein Menü, um möglichst viele Gerichte zu probieren, und benehmen sich irgendwie anders als andere Gäste“, berichtet Nicole und schmunzelt. Wie bei den Preisen wollen sie sich auch bei der Einrichtung mit ihrem Genuss-Atelier auf der Bautzner Landstraße/Ecke Waldschlösschenstraße von anderen Sterne-Restaurants unterscheiden. Weiße Tischdecken oder Untersetzer gibt es nicht. Dafür eine gemütliche Atmosphäre im Kellergewölbe.

Die Liebe zum Kochen und zur Gastronomie war schon lange da, beide wählten eine Ausbildung in dem Bereich. Geboren in Großröhrsdorf, absolvierten sie ihre Lehren an der ehemaligen Dehoga-Schule auf Schloss Albrechtsberg. Sie als Hotelfachfrau, er Koch. Danach folgten Stationen unter anderem in Österreich im Schlosshotel am Wörthersee oder im Hotel Astoria Seefeld. „Ich holte mir den letzten Schliff bei meinem Mentor Christian Bau“, so Nicole Blonkowski. Bau ist Küchenchef im Restaurant Schloss Berg an der Obermosel, das gleich mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist. Irgendwann wurde der Wunsch nach etwas Eigenem immer größer. Nicole wollte gern zurück in die Heimat, ihr Bruder und seine Frau stimmten zu und so eröffneten sie vor fast fünf Jahren ihr eigenes Restaurant.

Doch auch vor dem frischgebackenen Sterne-Restaurant macht der überall in Dresden grassierende Mangel an Köchen und Kellner nicht halt. „Wir hatten kürzlich eine offene Stelle und haben vier Monate lang gesucht. In der Zeit kam keine einzige Bewerbung“, so Küchenchef Blonkowski. Neben den Geschwistern arbeiten noch vier Angestellte im Laden. Ab April suchen sie wieder eine Servicekraft.

Keine Lust der jungen Leute auf Arbeit am Abend oder am Wochenende – was andere Gastronomen von der schwierigen Personal-Suche erzählen, kennen auch die beiden Inhaber vom Genuss-Atelier. „Viele wollen Samstag und Sonntag freihaben“, berichtet Nicole. Ihr Laden ist montags und dienstags zu. An den anderen Tagen ist geöffnet, da dort die meisten Gäste kommen. Sie selbst stehen immer mit im Restaurant. „Wer sich selbstständig macht, weiß: Das ist kein Acht-Stunden-Job“, so die Chefin. Wenn sie dann mal freihaben, gehen sie gerne essen. Am liebsten Schnitzel, Sülze und Döner. Und der geplatzte Barcelona-Urlaub wird natürlich nachgeholt.

 

Von Julia Vollmer

Foto: © Marion Doering

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