Radeberg. Die ESMC-Baustelle im Dresdner Norden ist schon lange nicht mehr zu übersehen – und erst in dieser Woche wurde bekannt, dass auch der Chiphersteller Globalfoundries sein Dresdner Werk erweitern möchte.
Was das alles mit Radeberg zu tun hat? Auf dem direkt am Bahnhof gelegenen Eschebach-Gelände soll bekanntlich ein Ausbildungscampus für Mikrotechnologen entstehen. Das „SAM“ genannte Projekt wurde im vergangenen Jahr vom damaligen Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) und Radebergs Oberbürgermeister Frank Höhme (parteilos) offiziell vorgestellt. Die wichtigste Frage beantwortete Dulig damals so: „Die Finanzierung ist gesichert.“ Doch wie sicher ist sie wirklich?
Wie viel Geld kostet das Ausbildungszentrum?
Das sieben Hektar große Eschebach-Gelände gehört zu großen Teilen dem Weimarer Einzelhandels-Entwickler Josef Saller. Ein kleinerer Teil ist im Besitz der Radeberger Brauerei. Beide äußern sich grundsätzlich positiv über das Projekt. Saller-Mitarbeiter Andreas Barth hatte zuletzt gesagt: „Das Ausbildungszentrum wäre ein Riesengewinn für die Stadt. Deshalb unterstützen wir das Projekt auch gern.“ Die Saller GmbH hat bereits dem Landkreis einen Teil der Fläche verkauft, der hier noch in diesem Jahr mit den Bauarbeiten für die neue Außenstelle des Humboldt-Gymnasiums starten will.
Beide Unternehmen sind in Gesprächen mit der Stadt Radeberg, die beim Projekt als Vermittlerin auftritt. Betreiben soll das Ausbildungszentrum die Dresden Chip Academy (dca), die bereits jetzt Fachkräfte für die Mikrochipbranche qualifiziert.
Doch woher soll das Geld kommen, um einerseits die Flächen für den Ausbildungscampus zu kaufen und andererseits den Bau selbst zu finanzieren? Dass der wiederum nicht ganz günstig sein wird, das ist klar. In Radeberg soll unter anderem ein Reinraum entstehen.
Bisher ist für das ganze Vorhaben die Summe von 75 Millionen Euro genannt worden. Involviert sind mehrere Ministerien: Wirtschafts-, Landesentwicklungs- und Kultusministerium.
Wird das „SAM“ mit Kohlegeld finanziert?
„Für die Gesamtfinanzierung der einzelnen SAM-Bausteine finden gegenwärtig Verhandlungen sowohl auf Landesebene als auch mit dem Bund und der EU-Kommission statt“, sagt ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums.
Gleichzeitig bestätigt das Ministerium auf Nachfrage, dass das Projekt womöglich mit Kohlegeldern finanziert wird. „Eine Förderung dieses Vorhabens auf der Grundlage des Investitionsgesetzes Kohleregionen wird gegenwärtig geprüft“. Diese sei jedoch noch nicht abgeschlossen.
Mit insgesamt 40 Milliarden Euro, verteilt über 20 Jahre, will der Bund drei Braunkohlereviere in vier Bundesländern fördern, die vom Kohleausstieg wirtschaftlich besonders betroffen sind. In Sachsen gehören das Lausitzer und das Mitteldeutsche Revier dazu. Sie sollen sich von Energieregionen zu Innovationsregionen mit neuen Perspektiven entwickeln. Projekte in Radeberg sind in diesem Zusammenhang förderfähig, da die Stadt zum Landkreis Bautzen gehört.
Wie werden die Projekte ausgewählt?
Projekte, die von den Kohlegeldern profitieren, sind entweder sogenannte kommunale Projekte oder Landesprojekte. Die kommunalen Projekte werden von regionalen Begleitausschüssen in einem komplexen Verfahren ausgewählt. Die Radeberger Hüttermühle ist ein solches Projekt. Aus der ehemaligen Ausflugsgaststätte im Hüttertal soll eine touristische Attraktion werden. Die Kosten von über 10 Millionen Euro sollen zu 90 Prozent aus dem Topf des Investitionsgesetzes Kohleregionen kommen.
Landesmaßnahmen werden nach Ministeriumsangaben von der „Interministeriellen Arbeitsgruppe Strukturentwicklung“ ausgewählt, der Regionale Begleitausschuss gibt dazu im Vorfeld eine Stellungnahme ab.
Die Bezeichnungen „kommunales Projekt“ und „Landesprojekt“ ergeben sich aus dem jeweiligen Träger der Maßnahme. Wenn ein Ressort der Staatsregierung einen Projektvorschlag als Landesmaßnahme anmeldet, prüft zunächst das Ministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung dessen Förderfähig- und Förderwürdigkeit sowie den Beitrag zum Strukturwandel. „Liegen die Voraussetzungen vor, führt ein Beschluss der Interministeriellen Arbeitsgruppe Strukturentwicklung zur Förderung des Projektvorschlages als Landesmaßnahme“, heißt es vom Wirtschaftsministerium.
Welche Projekte wurden bereits unterstützt?
Das Radeberger Ausbildungszentrum würde sich als Landesprojekt in eine Reihe anderer, großer Projekte einreihen, die bereits mit Kohlegeldern finanziert wurden oder werden. Im Landkreis Bautzen beispielsweise ist das Sächsische Kompetenzzentrum für nachhaltige Landwirtschaft, Fischerei und Klima darunter.
Im Landkreis Görlitz wird in Zittau die Errichtung des Neubaus des Büro- und Laborgebäudes des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt für CO₂-arme Industrieprozesse finanziert. In Leipzig wiederum entsteht ein Künstliche-Intelligenz-Rechenzentrum.
SZ