Suche
Suche

14 Millionen Euro investiert: Unternehmen in Radeburg profitiert von der Energiewende

Die Firma Megger investiert 14 Millionen Euro an ihrem Standort in Sachsen. Die Prüf- und Messgeräte sind weltweit gefragt. Was das mit erneuerbaren Energien zu tun hat.

Lesedauer: 4 Minuten

Sven Geisler

Radeburg. Es ist das längste Unterseekabel der Welt: Über 740 Kilometer leitet der „Viking Link“ dänischen Windstrom nach Großbritannien. Und an beiden Enden dieses Hochspannungskabels kommt Mess- und Prüftechnik aus Radeburg zum Einsatz. Die Energiewende zahlt sich aus für den sächsischen Standort von Megger.

Das Unternehmen mit Hauptsitz im britischen Dover entwickelt und produziert Mess- und Prüftechnik für Anlagen zur Elektroerzeugung und Energieverteilung – vom Kraftwerk bis zur Steckdose. „Die Energie aus Windparks, egal ob zu Land oder Offshore, sowie von Solarparks muss in die Netze eingespeist werden“, sagt Marino Radtke, seit fast neun Jahren Betriebsleiter in Radeburg.

Ursprung war VEB Messelektronik

Da werden Geräte zur Fehlerortung und Diagnose in Mittelspannungsnetzen für Energieversorger, vorwiegend Stadtwerke, entwickelt und produziert. Doch mit der steigenden Auftragslage durch den Ausbau der Netze stieß der Betrieb in der Zille-Stadt an seine Grenzen – oder wie es der 40-Jährige ausdrückt: „Wir sind etwas aus unserer Haut herausgewachsen.“

Das Areal nahe der Röder wurde 1979 als Außenstelle des VEB Robotron Messelektronik Dresden für die Montage und Kontrolle elektronischer Geräte betrieben, die Arbeit dort aber mit der Wende eingestellt. Gleichzeitig kabelte sich die Sparte, die sich mit Messtechnik und Fehlerortung für Kabel beschäftigte, vom VEB ab und zog von Dresden in die nun freien Gebäude nach Radeburg.

Prüfer Stefan Bartz arbeitet an einem der Prüf- und Messgeräte, die in Radeburg sowohl entwickelt als auch gebaut werden.
Prüfer Stefan Bartz arbeitet an einem der Prüf- und Messgeräte, die in Radeburg sowohl entwickelt als auch gebaut werden.
Quelle: Arvid Müller

„Indem der Bereich separiert wurde, konnte verhindert werden, dass er in den Wendewirren mit unter die Räder kommt“, meint Radtke. Über verschiedene Eigentümer kam die Firma schließlich 2012 zum Megger-Konzern, der weltweit acht Fertigungsstandorte betreibt, darunter mit Radeburg und Braunach in Oberfranken zwei in Deutschland.

In Radeburg wurde jetzt eine neue und moderne Logistikhalle eingeweiht. Vier Wärmepumpen sorgen in dem Hochregallager für eine energieeffiziente und nachhaltige Lagerung. Zudem wurde die 3400 Quadratmeter große Halle mit Lüftungssystemen, klimatisierten Räumen, einem Gründach sowie einer Photovoltaikanlage ausgestattet.

Von außen relativ schlicht, innen mit hochmoderner Technik ausgestattet: Die neue Logistikhalle der Megger Germany GmbH am Standort in Radeburg.
Von außen relativ schlicht, innen mit hochmoderner Technik ausgestattet: Die neue Logistikhalle der Megger Germany GmbH am Standort in Radeburg.
Quelle: Arvid Müller

Damit ist die vorletzte Ausbaustufe in einem umfangreichen Neu- und Ausbauprojekt erreicht. Seit 2022 hat Megger in Radeburg in Zusammenarbeit mit einem Logistikplaner und Freyler Industriebau aus Riesa parallel zum Logistikzentrum eine komplette Büroetage umgebaut und modernisiert. Wie das Unternehmen mitteilt, wurden insgesamt rund 14 Millionen Euro investiert.

Derzeit wird der Umbau einer bestehenden Halle abgeschlossen. Dort wird im Herbst die Service-Abteilung einziehen, die aus Kapazitätsgründen seit Herbst 2019 an den Flughafen Dresden-Klotzsche ausgelagert ist. Mit der Rückkehr des Bereiches für Wartung, Instandhaltung und Reparatur der Geräte wird das Unternehmen wieder unter einem Dach vereint sein.

Elektromechaniker Marcus Bäßler kontrolliert noch einmal, ob die Bauteile in dem Mess- und Prüfgerät korrekt sitzen.
Elektromechaniker Marcus Bäßler kontrolliert noch einmal, ob die Bauteile in dem Mess- und Prüfgerät korrekt sitzen.
Quelle: Arvid Müller

„Wir hatten versucht, die Prozesse wie den Materialfluss in der bestehenden Hülle zu optimieren“, erklärt Radtke, „aber wir merkten dabei, dass wir mehr Platz brauchen.“ Dafür wurde ab 2019 in Kooperation mit der Stadt ein Bebauungsplan für das bisher genutzte Areal sowie eine angrenzende Brachfläche erstellt.

Megger hat in Radeburg derzeit 172 Mitarbeiter, davon rund 100 in der Produktion sowie 30 in der Entwicklung – und einige offene Stellen. Deshalb setzt das Unternehmen auf Ausbildung. „Wir wollen jedes Jahr zwei Lehrlinge einstellen, um unseren eigenen Nachwuchs heranzuführen“, sagt der Manager. Marino Radtke stammt aus Wernigerode im Harz und kam für die Lehre nach Dresden. Anschließend hat er an der Hochschule Zittau/Görlitz berufsbegleitend Elektrotechnik studiert.

Das ist nicht nur ein deutsches Phänomen, sondern ein internationaler Trend. – Marino Radtke, Betriebsleiter Megger Radeburg

Die Perspektive in der Branche und für Radeburg ist auch dank des Umdenkens in der Energiepolitik gut. „Das ist nicht nur ein deutsches Phänomen, weil wir gerade auf erneuerbare Energien setzen, sondern ein internationaler Trend“, meint Radtke. Sie sind bereits mit ähnlichen Projekten für Unterseekabel wie den „Viking Link“ beschäftigt.

Der Schwerpunkt für die Radeburger ist jedoch die Ausstattung von Kabelmesswagen. Das ist keine Massenproduktion, sondern eher Manufakturarbeit. „Wir fertigen nicht in Serie, sondern nach spezifischen Wünschen unserer Kunden“, erklärt Radtke. Von den Messwagen sind es etwa 150 Stück im Jahr, von den meisten anderen Geräten zwischen 100 und 300.

Die meisten Bauteile kommen von Lieferanten aus Deutschland, ein guter Teil aus Sachsen. In Radeburg werden sie zu Mess- und Prüfgeräten für Kabel zusammengesetzt und kommen „auf den Baustellen dieser Welt zum Einsatz“, wie Radtke sagt.

Oder eben für das weltweit längste Unterseekabel zwischen dem dänischen Revsing und dem englischen Bicker Fen. Auf beiden Seiten steht je eine Prüfanlage von Megger aus Radeburg, mit der ein Fehler schnell diagnostiziert werden kann.

SZ

Das könnte Sie auch interessieren: