Eigentümer Philipp Metz hat die Info bisher nur aus der Zeitung: Das frühere Kaufhaus Totschek auf der Steinstraße soll vom Sofortprogramm für den Strukturwandel profitieren, auf das sich Bund und Land verständigt haben. Doch wie viel Geld soll er erhalten, wofür genau und wann? Metz hat versucht, das zu recherchieren. „Leider ohne Erfolg“, sagt der Bremer. Er ist der Vater von Pablo Metz, der im Oktober 2017 mit den Plänen für das frühere Kaufhaus Totschek an die Öffentlichkeit getreten war: Hier soll ein Ort für die aufstrebende Digitalwirtschaft entstehen, viele kleine Start-ups können sich einmieten, manche vielleicht nur für Stunden, andere für länger.
Dort haben Vater und Sohn Metz ein Problem: Es geht längst nicht so schnell voran wie gedacht. Deswegen hat sich Pablo Metz auch wieder nach Berlin zurückgezogen, sein Vater aber hält an den Plänen fest – trotz aller Unwägbarkeiten. Allerdings betrifft das nicht nur ihn. Auch sein direkter Nachbar aus dem Eckhaus Obermarkt 6/Steinstraße 1, die „Haus Kafka Betriebsgesellschaft mbH“, wollte mit der Sanierung längst begonnen haben. Und noch ein Haus weiter, im Gebäude Obermarkt 5, plant der Görlitzer Jürgen Braun elf klassische Mietwohnungen im gehobenen Standard. Im März oder April wollte Braun fertig sein. Das hat nicht ganz geklappt, aber zumindest kommt seine Baustelle gut voran: Die Außensanierung ist abgeschlossen, die neuen Balkone wurden kürzlich montiert, derzeit läuft der Innenausbau..
Bei den anderen beiden Häusern aber tut sich bisher noch nichts Sichtbares. „Seit Herbst haben wir die Baugenehmigung vorliegen“, sagt der namentlich noch nicht genannt werden wollende Eigentümer des Eckhauses, ein junger Görlitzer. Sein ursprünglicher Plan: Im Parterre eine Kaffeerösterei und ein Café an der Straßenecke und in Richtung Obermarkt, dazu der bisher schon bestehende Lebensmittelladen künftig in Richtung Steinstraße. Im ersten Stock sollten ein Restaurant zum Obermarkt sowie flexibel nutzbare Büroräume zur Steinstraße entstehen. In den oberen Etagen waren 20 Ferienapartments mit Holzdielenböden, individueller Einrichtung und unterschiedlicher Größe geplant.
„An den Ferienapartments hat sich nichts geändert“, sagt der Eigentümer. Unten aber seien Kaffeerösterei, Café und Restaurant abgesprungen, weil sich die Genehmigungsphase so lange hingezogen hat. Für den Lebensmittelladen könnte das einen Vorteil haben: Nach jetzigem Stand kann er vielleicht an der Ecke bleiben, müsste nicht in die Steinstraße umziehen. Von den rund 1 000 Quadratmetern Gewerbefläche auf den unteren zwei Etagen nimmt er aber nur ein Drittel ein. Die restlichen 600 bis 700 Quadratmeter sind derzeit unverplant. „Die Sanierung des Eckhauses kostet vier Millionen Euro, wir haben ja insgesamt 3 300 Quadratmeter Nutzfläche“, sagt der Eigentümer. Da wolle er vorher alle Eventualitäten abwägen und nicht ins Blaue hinein loslegen.
Eine dieser Eventualitäten: Eine engere Zusammenarbeit mit Philipp Metz. „Wir planen zum Beispiel beide eine Gastronomie“, sagt der Eigentümer des Eckhauses. Die Überlegung: Es könnte ein Lokal werden, das den Nutzern beider Häuser zur Verfügung steht. Auf keinen Fall wollen sie sich gegenseitig Konkurrenz machen. Auch gemeinsame Lieferwege in der Steinstraße oder gar ein gemeinsames Treppenhaus oder ein gemeinsamer Aufzug sind denkbar. „Herr Metz hat sich vor Ostern entschlossen, das näher zu betrachten“, sagt der Eigentümer des Eckhauses. Sein Wunsch: Im Herbst startet in beiden Häusern zeitgleich die Sanierung.
Für Philipp Metz ist der Weg bis zum Baubeginn aber noch etwas weiter. „Ich habe den Bauantrag fertig daliegen, aber noch nicht eingereicht“, sagt er. Das Geld wolle er erst investieren, wenn alles unter Dach und Fach ist. Aktuell wartet er nicht nur auf Infos zum Sofortprogramm für den Strukturwandel, sondern ihm fehlen nach eigener Aussage auch noch ein paar andere Eckpfeiler, zum Beispiel Mietverträge für sein Projekt „Görli.Works“. Ein Gründungs- und Co-Working-Center soll es werden, also ein Ort mit Büros und Besprechungsräumen, wo verschiedene Firmen und Gründer zusammenarbeiten. Ursprünglich war die Eröffnung Ende 2019 geplant.
Doch trotz alledem ist Vater Metz nach wie vor sehr optimistisch: „Ich werde immer wieder angesprochen von Leuten, die gute Ideen haben, sich Gedanken machen.“ Sowohl junge Leute, die in Görlitz studiert haben und sich jetzt hier selbstständig machen wollen als auch Ex-Görlitzer, die zurückkehren wollen, interessieren sich für „Görli.Works“. Aber als Investor müsse er genau kalkulieren, sagt Metz: „Ich gebe mein Geld erst dann aus, wenn ich weiß, dass es funktioniert.“ Sobald er alles schwarz auf weiß habe, will er loslegen: „Das muss in den nächsten Wochen passieren.“ Also: Erst Mietverträge abschließen, dann Baugenehmigung einholen und dann Baustart – und möglichst alles noch 2019.
Von Ingo Kramer
Foto: © Nikolai Schmidt