Der Wiesenteich in Brauna wird seinem Namen gerade auf ziemlich paradoxe Weise gerecht: mehr Wiese als Teich! Markus Stecher hat sich ins Gras gehockt und zieht die buschigen Augenbrauen zusammen. „Normalerweise müsste mir das Wasser jetzt hier bis zum Hals stehen“, sagt der Fischwirt und zeigt mit ausladender Geste, wie viel Wasser hier jetzt eigentlich sein müsste. Drei Meter tief ist der Wiesenteich normalerweise in der Mitte. Jetzt steht das Wasser dort höchstens noch einen halben Meter hoch. Der Teich ist zum Tümpel geschrumpft. Dürre und Hitze haben ihn immer weiter austrocknen lassen. Aber Stecher ist keiner, der jammert. „Wenn es jetzt vier Wochen lang durchregnen würde . . .“, murmelt der Chef der Teichwirtschaft Weißig bei Oßling. Doch diese Hoffnung wird sich wohl nicht erfüllen.
Extremes Niederschlagsdefizit
Die beiden verregneten Tage in der vergangenen Woche waren nicht mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein, sagt Dr. Sebastian Zelder, der Chef der gleichnamigen Teichwirtschaft in Neudorf-Klösterlich. „Es müsste wirklich sehr lange regnen, um das Niederschlagsdefizit der letzten Wochen und Monate auszugleichen“, bestätigt Anja Asmawi vom Deutschen Wetterdienst in Leipzig. Außer im Januar hat es in diesem Jahr bisher nicht annähernd so viel geschneit und geregnet wie normalerweise üblich. Seit Jahresbeginn fehlen in der Oberlausitz mehr als 100 Liter Niederschlag pro Quadratmeter, mancherorts sogar mehr als 150 Liter.
Da bleibt nicht mehr genügend Wasser für die Teiche. Fischwirtschaften wie die von Markus Stecher trifft die Trockenheit besonders hart. Bis auf einen sind die 40 Teiche, die der Familienbetrieb im Heide- und Teichland bewirtschaftet, sogenannte „Himmelsteiche“. Sie haben keinen natürlichen Zulauf, sondern werden ausschließlich von Schneeschmelze und Regenwasser gefüllt und vom Wasser, das von den umliegenden Feldern abfließt. Aber die umliegenden Felder sind staubtrocken. Noternten bis zu vier Wochen verfrüht sind bereits die Folge.
Und auch die Fischwirte sorgen sich schon um ihre Ernten. „Wenn das so weitergeht, wird es ein richtiger Zittersommer“, ahnt Matthias Pfeifer von der Fischereibehörde in Königswartha. Einige Teiche mussten schon notabgefischt oder die Fische umgesetzt werden, weil es den Tieren zunehmend an Sauerstoff fehlt. Bloß gut, dass Markus Stecher den Wiesenteich, der jetzt mehr Wiese als Teich ist, nur sehr dünn mit Fischbrut besetzt hat. Die Brut hat noch halbwegs Platz in dem kleinen Tümpel. Und wenn sich die Situation verschlechtert, muss er eben aufhören zu füttern, sagt der Fischwirtschaftsmeister. Wenn die Fische nicht fressen, brauchen sie weniger Sauerstoff und können diese Situation noch etwas länger aushalten.
Prekär ist auch die Situation an der aus acht Teichen bestehenden Teichgruppe Schönau, die Dr. Zelder bewirtschaftet. Es handelt sich ebenfalls um Himmelsteiche. Dort fehlen 70 Prozent des Wassers. Zwar wurden schon gezielt die Teiche mit Fischbesatz mit Wasser aus Teichen ohne Besatz gefüllt. Wenn die Trockenheit aber noch zwei, drei Wochen anhält, schließt Dr. Zelder eine Notabfischung nicht aus.
Jeden Tag fahren er und Markus Stecher inzwischen alle Teiche ab und kontrollieren, wie es den Fischen geht. Wenn man nicht aufpasst, sagt Markus Stecher, dann kann es auch ganz schnell passieren, dass ein ganzer Besatz am Sauerstoffmangel zugrunde geht. Ohne Futter fehlt es am Ende zwar an Zuwachs. Gerade die Monate Juli, August und der halbe September sind die Wachstumsmonate, so der Hinweis von Sebastian Zelder. „Aber lieber kleine Fische, als tote Fische“, sagt Markus Stecher.
Durch das große Niederschlagsdefizit sind auch die Pegel in den Flüssen und Bächen stark gefallen. Fast die Hälfte aller Pegel in Sachsen sind inzwischen unter den mittleren Niedrigwasserstand gesunken, teilweise sehr deutlich unter die Niedrigststände der vergangenen Jahrzehnte. „Da vom Deutschen Wetterdienst auch keine ergiebigen Niederschläge vorhergesagt werden, wird sich die Niedrigwassersituation in den Fließgewässern weiter verschärfen“, sagt Karin Bernhardt vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.
Ein riesengroßer Mehraufwand
Teichwirt Markus Stecher fragt sich, wie das weitergehen soll. Normalerweise produziert er 100 Tonnen Speisefisch und 50 Tonnen Satzfische pro Jahr. Ob er die auch nach dem Sommer 2018 erntet? Der stämmige Mann lässt die Arme hängen und zuckt die Schultern. Was will er machen? Wenn man Himmelsteiche bewirtschaftet, muss man mit so etwas rechnen. Er schaut auf die Wiese vom Wiesenteich. Im nächsten Jahr wird er damit viel Arbeit haben. Neben dem Wasser- und Sauerstoffmangel für die Fische bringt ihm die Trockenheit nun auch noch den riesengroßen Mehraufwand, die verlandeten Uferbereiche irgendwann wieder vom Bewuchs freizubekommen. Markus Stecher schlägt die Hände auf die Oberschenkel. Auf geht’s. Er muss weiter auf seiner Kontrollrunde von Teich zu Teich. Hauptsache, er muss keinen Bestand umsetzen, sagt er. Das wäre bei der Hitze sehr riskant.
Wasserreserven geschaffen
In der heimischen Teichwirtschaft in Neudorf-Klösterlich hat Sebastian Zelder diese Sorge noch nicht. „Wir haben das Glück, dass wir artesische Quellen im Dubringer Moor und die Erlaubnis haben, Wasser aus der Schwarzen Elster zu ziehen.“ Das Wasser aus dem Moor allein würde nicht ausreichen, um die Teiche zu befüllen und den Wasserstand zu halten. „Wir nutzen alle Möglichkeiten, um Wasserreserven zu schaffen.“ Dazu trägt auch ein funktionierendes Wassermanagement bei. Hier arbeiten die Stadt Wittichenau und die Teichwirtschaft Hand in Hand. Das Wasser aus dem Moor, so erläutert Dr. Zelder, geht zuerst ins Wald- und Strandbad und von dort in die städtischen Teiche. Deren Wasser wiederum wird genutzt, um die Fischteiche der Teichwirtschaft zu befüllen.
Deren Reserven schwinden aber angesichts der anhaltenden Trockenheit. „Das Wasser wird immer knapper. Noch haben wir hier aber keine akute Notsituation“, sagt Sebastian Zelder und übt sich in Optimismus, was einen Wechsel der Großwetterlage angeht. „Wir warten auf den Sommermonsun. Der“, so seine Erfahrung, „geht gewöhnlich Anfang August los.“
von Jana Ulbrich & Ralf Grunert
Bildquelle: M. Schumann