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Präzision aus der Turnhalle

Frank Wilhelm hat vor 25 Jahren einen Gravierbetrieb gegründet. Als der Platz eng wurde, bot sich eine ungewöhnliche Lösung an.

Lesedauer: 2 Minuten

Döbeln. Der glänzende gravierte Messing-Zylinder ist ein Prunkstück. Frank Wilhelm fasst ihn mit Handschuhen an, damit der Hautschweiß die empfindliche Oberfläche nicht matt werden lässt. „Den haben wir als Schaustück graviert“, sagte Wilhelm. Das Original hatte der Betrieb kürzlich als Prägewalze für einen Kunden gefertigt, der damit Tontöpfe mit einem Bruchsteinmuster versehen wollte. Das Schaustück ist ein Ausdruck für die Leistungsfähigkeit der Firma. Denn es ist nicht einfach, so ein kompliziertes Teil zu bearbeiten.

Den Gravierbetrieb Wilhelm verbinden die meisten Döbelner mit gravierten Pokalen und Präsenten. Und tatsächlich erinnert der Verkaufsraum an die Trophäensammlung eines sehr erfolgreichen Sportvereins. Hunderte Pokale aller Größen stehen in den Regalen. Aber das macht nur einen kleinen Teil des tatsächlichen Leistungsspektrums aus. „Vor allem fertigen wir Frästeile für die Industrie. Wir bearbeiten viel Aluminium“, sagte Wilhelm.

Die Firma hatte sich dafür kürzlich erweitert und zusätzliche Räume in der ehemaligen Sporthalle in Döbeln Ost ausgebaut, die seit 2006 der Firmensitz ist. Bis dahin hatte der Gravierbetrieb an der Zwingerstraße in Döbeln gefertigt. „Wir hatten damals so viele Industrieaufträge, das hätten wir dort nicht mehr abwickeln können“, sagte Wilhelm. Die Stadt verkaufte damals die nicht mehr benötigte Sporthalle an die expandierende Firma – der Kauf sei eine sehr gute Entscheidung gewesen, sagte Wilhelm im Rückblick.

In den Produktionsräumen des Handwerksbetriebs stehen computergesteuerte Gravier- und Fräsmaschinen verschiedener Bauarten und zwei Lasergraviermaschinen. Wilhelm und seine acht Mitarbeiter bearbeiten alles, was sich gravieren lässt. Stahl und Kunststoff, Leichtmetalle und Glas, Kupfer und Graphit. Sie fertigen Schilder, Prägestempel für Medaillen, Prägetypen für Beschriftungen in der Industrie, Elektroden für Funkenerodiermaschinen, wie sie etwa im Werkzeugbau eingesetzt werden. Dazu kommen Pokale für Sportvereine und Präsente für Firmen. „Der Bereich hat sich gut entwickelt. Der Laden ist ein Zubrot für die Werkstatt“, sagte Frank Wilhelm.

Am 1. September 1993 hatte der 58-Jährige seinen Betrieb aufgemacht. Nachdem er im VEB Döbelner Beschläge und Metallwerk (DBM) als Graveur im Werkzeugbau gearbeitet hatte, ging er zur Firma Gruner an die Staupitzstraße. „1993 habe ich den Meisterabschluss gemacht und meine Firma ausgegründet“, sagte er. Zunächst arbeitete er allein, ein Jahr später zusammen mit seiner Frau Brigitte. Damals sei auch das Ladengeschäft an der Zwingerstraße entstanden.

2002 dann der Bruch bei der Flut. „Wir hatten 2,20 Meter hoch das Wasser in den Räumen stehen. Das vergisst man nie. Aber auch nicht die Hilfe der Menschen“, sagt er. „Wir haben dann zu Hause in der Garage weitergemacht und Anfang 2003 wieder eröffnet. Da war der Putz an den Wänden noch abgehackt.“ Beim Hochwasser 2013 war der Betrieb schon im neuen, sicheren Quartier. „Wir haben den Betrieb aber einen Tag zugemacht und sind mit Besen und Schippe in die Stadt gegangen“, sagte Wilhelm.

Ohne eine gute Mannschaft sei vieles gar nicht möglich. „Wir haben die 25 Jahre nur geschafft, weil die Mitarbeiter mitgezogen haben“, sagte Wilhelm. Neben dem Meister arbeiten acht Mitarbeiter in der Firma. Wilhelms Tochter ist auch dabei. Jetzt hat der Handwerksbetrieb auch einen Azubi eingestellt. Einen künftigen Graveur – ein seltener Beruf. „Die theoretische Ausbildung ist in Arnstadt, die praktische bei uns“, sagte Wilhelm.

 

von Jens Hoyer

Bildquelle: Dietmar Thomas

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