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Ab sofort kommen Großröhrsdorfer Pilze in fleischlose Lebensmittel

In der ehemaligen Brauerei „Böhmisch Brauhaus“ in Großröhrsdorf wird jetzt ein Pilz gezüchtet, genetisch unverändert, sagen die Inhaber des Start-ups „Nosh.bio“. Dieser Pilz wird in fleischlosen Nahrungsmitteln eingesetzt. Wie das funktioniert.

Lesedauer: 3 Minuten

Siri Rokosch

Großröhrsdorf. In den Edelstahltanks der ehemaligen Brauerei „Böhmisch Brauhaus“ an der Bahnhofstraße in Großröhrsdorf wachsen jetzt Pilze. Derzeit sei von den insgesamt 19 Tanks, in denen bis vor reichlich einem Jahr noch Bier gebraut wurde, nur einer in Betrieb. „Wir haben in den letzten Monaten ausgetestet, wie wir die Tanks umbauen können, um den Pilz zu züchten“, erklärt einer der beiden Gründer der „Nosh.bio“ GmbH, Tim Fronzek, gegenüber Sächsische.de. Der Pilz, welchen viele aus der japanischen Küche kennen, heißt Koji. Er verfügt über eine Faserigkeit, welche es ermöglicht, ihn als Fleischersatz einzusetzen. Das Berliner Start-up hat dazu bereits Verträge mit „Tönnies“ und „Barilla“ abgeschlossen.

Bei dem Nudelhersteller wird der Großröhrsdorfer Pilz unter anderem in Pestos eingesetzt, beim Wurstproduzenten unter anderem in fleischlosen Steaks, Schnitzeln und Geschnetzeltem, aber auch in vegetarischen Fischstäbchen kann der Koji-Pilz verarbeitet werden. Grund ist seine faserige Struktur, sagt Tim Fronzek. „Es handelt sich um einen Fadenpilz. Der wächst wie eine Faser, hat also weder Hut noch Stil, wie die Pilze, die wir aus dem Wald kennen.“

Wie wächst der Pilz in den Bier-Edelstahltanks?

Der Pilz sieht bereits aus wie Fleisch. In Lebensmitteln, in denen er zum Einsatz kommt, ist er auf der Zutatenliste als ‚natürlich fermentiertes Koji‘ gekennzeichnet. „Interessant ist der Pilz auch für Eiscreme, denn dadurch wird die physische Stabilität besser. Selbst bei Raumtemperatur hält Eiscreme länger“, erklärt Fronzek. Zum Einsatz käme der Pilz aber auch in Mayonnaisen und in Soßen sowie als Eierersatz bei Eierkuchen.

Tim Fronzek erklärt, dass an den rund sieben bis acht Meter hohen Edelstahltanks leichte Veränderungen vorgenommen werden: „Bier wird ohne Sauerstoff gebraut. Wir hingegen brauchen Sauerstoff, damit der Pilz wachsen kann. Wir machen also, vereinfacht gesagt, Löcher in die Tanks. Dann füllen wir sie mit Wasser und geben eine Kohlenstoffquelle hinzu und setzen den Pilz in die Flüssigkeit ein.“

Dieses Steak ist aus einem Pilz gemacht, und der wird nun in Großröhrsdorf produziert.

Dieses Steak ist aus einem Pilz gemacht, und der wird nun in Großröhrsdorf produziert.

Quelle: Nosh bio

40 bis 50 Stunden lang atme der Pilz den eingepumpten Sauerstoff, danach werde das Wasser abgelassen, der Fadenpilz herausgenommen, ausgewrungen und entweder frisch, getrocknet oder getrocknet und zermahlen für die Weiterverarbeitung in den Lebensmittelbetrieben verpackt.

Warum entsteht die neue Produktionsstätte in Großröhrsdorf?

Der Betriebswirt Tim Fronzek hat sich vor einigen Jahren mit dem Mikrobiologen Felipe Lino zusammengeschlossen. Gemeinsam gründeten sie im Februar 2023 die Firma „Nosh.bio“. „Besser klingen würde es sicher, wenn ich jetzt etwas Tolles erzähle, aber wir hatten uns intern schon lange damit auseinandergesetzt, dass wir stillgelegte Brauereien nutzen könnten, um den Pilz zu züchten. Ein Kollege kannte die Brauerei in Großröhrsdorf und so kamen wir dahin“, sagt er.

Wir wollen in den kommenden sechs Monaten alle Tanks umrüsten und dann mit voller Kapazität zwischen 2.000 und 4.000 Tonnen Pilze produzieren. – Tim Fronzek, Gründer der „Nosh.bio“ GmbH

Nun bekamen die beiden Start-up-Gründer vom sächsischen Wirtschaftsstaatssekretär Thomas Kralinski am 19. Dezember einen Fördermittelbescheid in Höhe von 2,75 Millionen Euro, um die neue Produktionsstätte aufzubauen. Das Geld stammt aus dem Bund-Länder-Programm Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW-RIGA). Der Berliner „Nosh-bio“-Standort mit Labor und Büroräumen bleibe aber bestehen. In Großröhrsdorf soll nur produziert werden, betont Fronzek.

An den Gebäuden der ehemaligen Brauerei soll nichts verändert werden. Der erste Tank war vor etwa einem Jahr in Betrieb genommen worden, bis zum kommenden Sommer sollen in allen weiteren Pilze wachsen. „Wir wollen in den kommenden sechs Monaten alle Tanks umrüsten und dann mit voller Kapazität zwischen 2.000 und 4.000 Tonnen Pilze produzieren.“

Ein Mitarbeiter des ehemaligen „Böhmisch Brauhaus“ arbeitet bereits bei „Nosh.bio“. Es sollen noch weitere elf Mitarbeiter hinzukommen, darunter „durchaus Menschen aus dem Brauereibereich“ – Mikrobiologen, Techniker und vor allem ein Standortleiter, so der 44-jährige Tim Fronzek. Er betont, dass in seinem Unternehmen die Pilze nicht genetisch verändert werden würden.

SZ

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