Leutersdorf. Bruno Scholze kennt sich bestens aus im einstigen Herrenhaus von Leutersdorf, das die Einwohner Schloss nennen. In den nächsten Tagen wird der Bürgermeister viele Fremde durch das barocke Gebäude führen. Die Gemeinde bietet es zum Kauf an. Für mindestens 40 000 Euro können sie es haben. Bruno Scholze (CDU) freut sich, dass sich seit der Ausschreibung der Immobilie Mitte des Monats gleich Interessenten in der Gemeindeverwaltung gemeldet haben. Die potenziellen neuen Schlossbesitzer kommen aus den USA, Finnland, Kanada und auch bisher einer aus dem Landkreis Görlitz.
Die kanadische Familie hat sich das Schloss sogar schon mal von außen angesehen. Danach aber abgesagt. Die Frau hat Verwandte in Löbau, schildert der Bürgermeister. Sie hätten es vielleicht genommen. Aber die Lage mitten im Ort passt ihnen nicht. „Sie suchen etwas Ähnliches, möglichst abgeschieden, wie etwa an einem Waldrand“, erzählt Bruno Scholze.
Für die kommende Woche Dienstag und Donnerstag haben sich nun schon die nächsten Interessenten für das Leutersdorfer Schloss angekündigt. Darunter ist auch eine Familie aus Heidelberg, die bereits eine Villa in Görlitz besitzt, weiß der Bürgermeister. Die 40 000 Euro sind für ihn aber nicht das entscheidende Verkaufskriterium, obwohl darunter nichts geht. „Wichtig ist für uns in erster Linie das Konzept, das der Käufer für das Herrenhaus hat“, sagt Bruno Scholze. Denn das ist auch eine Verkaufsbedingung.
Aber das wissen die Interessenten, meint er. Sie hätten auch immer gleich gefragt, was denn damit möglich wäre. „Ich habe ihnen gesagt, dass wir eigentlich für alles offen sind“, berichtet er. Und damit meint Bruno Scholze Wohnungsbau, betreutes Wohnen oder auch Büros. Bedingung ist aber: „Der Käufer muss in drei bis vier Jahren sein Projekt umsetzen. Ansonsten fällt das Schloss wieder in das Eigentum der Gemeinde zurück. Zwei Jahre Anlaufzeit und zwei Jahre zum Ausbau müssten eigentlich für den Bauherren ausreichen, schildert der Bürgermeister.
Schließlich fängt der neue Schlossbesitzer nicht bei null an. Nach der Wende ist hier schon viel Geld in das barocke Gemäuer reingeflossen. Die Familie, die es damals besaß, hatte Firmen beauftragt, die fachlich gute Arbeit geleistet haben, bescheinigt ihnen der Bürgermeister. Zig Balken sind im Dachstuhl erneut und auch schon einige Decken neu eingesetzt worden. Im Gebäude ist schon überall der Putz ab. Und das gesamte Haus ist einschließlich des Kellers trocken.
Als es dann aber zur Zwangsversteigerung kam, wollte die Gemeinde auf jeden Fall verhindern, dass das Schloss zum Spekulationsobjekt wird. Im August 2015 hatte der Bürgermeister das Leutersdorfer Herrenhaus deshalb im Auftrag des Gemeinderates im Amtsgericht in Görlitz für die Gemeinde ersteigert. Als einziger Bieter hatte Leutersdorf vor fast genau drei Jahren 11 000 Euro geboten und dann auch den Zuschlag erhalten.
Die Hoffnung, einen Investor für das Schloss zu finden, hat sich aber mittlerweile zerschlagen. Anfangs hatte Bruno Scholze gehofft, mit der Diakonie einen Interessenten für das Leutersdorfer Schloss zu finden. Aber das liegt nun auch schon längere Zeit zurück.
Warum die Gemeinde jetzt 40 000 Euro als Mindestpreis für das barocke Gebäude haben will, kann der Bürgermeister schnell erklären. Denn so viel hat die Gemeinde Leutersdorf in etwa in das alte Herrenhaus reingesteckt. 11 000 Euro war der Kaufpreis gewesen, 10 000 Euro lagen als Grundschuld drauf. Zudem hat die Gemeinde mit dem Bauhof das Grundstück beräumt, jede Menge Wildwuchs beseitigt und die historische Haustür sanieren lassen. „Wir haben allein 40 Lkw-Fuhren mit Bauschutt aus dem Gelände abgefahren“, sagt er. Und auch der Wildwuchs um das Haus ist weg.
„Die Braut ist hübsch“, sagt Bruno Scholze und hofft auf einen Käufer. Auf drei Etagen hätte der hier 750 Quadratmeter Wohnfläche. 1 600 Quadratmeter ist das Grundstück groß. Und bei Bedarf könne auch noch die angrenzende Wiese mit verkauft werden, sagt er.
Von Holger Gutte
Bildquelle: Matthias Weber