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Bautzen will bis 2027 nur noch 30 leerstehende Innenstadt-Geschäfte haben

Eine neue City-Managerin soll den Laden-Leerstand in Bautzen bekämpfen. Sie hat dafür etliche Ideen - auch unkonventionelle.
Lesedauer: 3 Minuten
Frau steht in Einkaufspassage und trägt helle Kleidung.
Diese Frau will den Leerstand in der Bautzener Innenstadt bekämpfen: Annett Scholz-Michalowski ist Bautzens neue City-Managerin.

Von Tim Ruben Weimer

Bautzen. Man brauche nur mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen, um das Problem zu erkennen, sagt Bautzens Oberbürgermeister Karsten Vogt (CDU): Karl-Marx-Straße, Innere Lauenstraße, Reichenstraße, selbst das Kornmarkt-Center – überall greife der Ladenleerstand um sich. „Das bedroht auch Geschäfte, die derzeit noch wirtschaftlich stabil dastehen“, Vogt spricht von einem Domino-Effekt. „Da gilt es nun entsprechend dagegen zu setzen.“

Das tut die Stadt, indem sie eine Stelle wiederbelebt, die es bis 2020 gegeben hatte, die dann aber aufgrund eines Haushalts-Beschlusses des Stadtrats aufgegeben wurde: die der City-Managerin. Annett Scholz-Michalowski soll künftig die Fäden zwischen Handel und Tourismus in der Stadt zusammenhalten. Mit ihrem Fotogeschäft auf der Inneren Lauenstraße, das sie seit 31 Jahren führt, kenne sie die Händler und Akteure in der Stadt gut, sagt sie über sich selbst. „Ich fange damit nicht bei Null an.“

Bautzener Innenstadt soll digitaler werden

Neben dem Betrieb ihres Fotostudios habe sie große Hochzeitsmessen in der Region veranstaltet, unter anderem in der Stadthalle Krone, der Villa Weigang, der Körse-Halle in Kirschau oder in der Löbauer Messehalle. Dadurch habe sich ein Netzwerk von über 400 Händlern geknüpft, erzählt sie.

Für die Bautzener Innenstadt setzt Scholz-Michalowski auf Digitalisierung. Es dürfe nicht nur die klassischen Ladengeschäfte geben, es müsse ein Umdenken stattfinden. Das Internet sei einerseits ein „großer Feind der Geschäfte“, biete andererseits aber auch gute Möglichkeiten. So wolle sie etwa eine Online-Plattform auf den Weg bringen, auf der Kunden von zu Hause aus stöbern, die Produkte dann aber vor Ort begutachten und kaufen können.

Zwei Drittel des Leerstands soll bis 2027 verschwunden sein

Wichtig sei ihr, dass alle Händler dabei sind – genauso wie bei gemeinsamen Öffnungszeiten in der Innenstadt. „Es bringt nichts, wenn nur vier oder fünf Händler mitmachen.“ Bei einem Treffen hatten sich zuletzt zahlreiche Händler auf eine gemeinsame Öffnungszeit am Ostersonnabend von mindestens 10 bis 16 Uhr geeinigt. Künftig könnte es sogar gemeinsame Öffnungszeiten für alle Wochenenden geben. „Die Frage ist, wie offen die Bautzener für Pilot-Projekte sein werden“, sagt Scholz-Michalowski. Ihr Ziel sei es, die Stadt Bautzen in bestimmten Punkten zum Vorreiter werden zu lassen.

Dafür will sie vor allem den Leerstand auf der Karl-Marx-Straße, der Wendischen Straße und der Inneren Lauenstraße angehen. Die drei Straßen hätten erst einmal Priorität. Oberbürgermeister Vogt hat klare Erwartungen an die neue City-Managerin: Bis März 2027 – dann endet die Laufzeit der 400.000 Euro umfassenden Förderung des Bundes, die für das City-Management verwendet wird – sollen nach seinem Wunsch zwei Drittel des Leerstands in der Bautzener Innenstadt behoben sein. Derzeit stehen 92 Geschäfte leer, demnach müsste binnen vier Jahren für 60 Objekte eine Nachnutzung gefunden werden.

Leere Geschäfte sollen nicht zu Wohnungen werden

Das müssten nicht zwangsweise nur neue Geschäfte sein, so Vogt. „Es geht darum, zeitgemäße Konzepte zwischen Wohnungen und anderweitigen Nutzungen zu finden. Wir können keine Entwicklungen zurückdrehen.“ Scholz-Michalowski könne sich beispielsweise vorstellen, zumindest in Einzelfällen Wohnungen in Schaufenstern anzubieten, zum Beispiel für Touristen. Dieses Konzept sei ihr in Stuttgart positiv aufgefallen.

Unterstützt wird Annett Scholz-Michalowski (rechts) von der Verkehrswissenschaftlerin Daniela Retzmann vom Radeberger Planungsbüro Schubert.

Mit im Boot ist auch das Radeberger Planungsbüro Schubert. Die dort angestellte Verkehrswissenschaftlerin Daniela Retzmann soll die City-Managerin unterstützen, wenn es um Veranstaltungen geht, und im Krankheitsfall vertreten. In Radeberg habe man gesehen, dass aus leerstehenden Läden schnell Wohnungen gemacht würden, berichtet Büroleiter Mario Schubert. „Das birgt die Gefahr, dass die Innenstadt immer mehr ausstirbt.“

Stadt brauchte zwei Anläufe für das City-Management

In Bautzen will Scholz-Michalowski ein „besseres, schöneres Miteinander hinbekommen“. Dafür will sie mit den Vermietern auch über Mietpreise sprechen. „Für einen unsanierten Laden wie auf der Karl-Marx-Straße kann man keine 1.200 bis 1.400 Euro Kaltmiete fordern“, sagt sie.

Bereits im September 2022 sollte die neue Innenstadt-Managerin eigentlich ihre Arbeit aufnehmen. Doch auf die europaweite Ausschreibung hatte sich kein geeigneter Kandidat beworben. Es habe bei den Bewerbern an der nötigen Erfahrung gemangelt, erklärt Wirtschaftsförderin Doreen-Charlotte Hantschke. Die Stadt hatte die Stelle darauf erneut ausgeschrieben.

City-Management ist zunächst nur bis 2027 gesichert

Bis Mai 2020 war Yvonne Tatzel Bautzens Innenstadt-Managerin. Der Innenstadt-Verein hatte ihr damals gekündigt, weil der Stadtrat das Geld im Haushalt neu verteilt hatte und die Stelle damit nicht mehr finanzierbar war. Nun ist die Finanzierung gesichert: Bis März 2027 bekommt die Stadt 400.000 Euro Fördergeld aus dem Bundes-Förderprogramm „Stark“, das Geld für die vom Strukturwandel betroffenen Kohleregionen bereitstellt. Auch danach solle das City-Management weitergeführt werden, sagt OB Vogt, „sonst kommen wir wieder in die gleiche Situation, in der wir jetzt waren.“

In ihrem Fotoladen auf der Inneren Lauenstraße wird Annett Scholz-Michalowski künftig nur noch selten anzutreffen sein. Doch eine Mitarbeiterin soll das Geschäft weiter am Leben halten. „Denn würde ich jetzt zumachen, wäre das eher kontraproduktiv.“

In einer früheren Version des Artikels stand, Scholz-Michalowski führe ihr Foto-Studio seit 1995. Tatsächlich führt sie es bereits seit 31 Jahren. Seit 1995 ist sie dagegen als selbständige Unternehmerin in der Region unterwegs. Der Artikel wurde am 21. März um 22.40 Uhr aktualisiert.

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