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Beiersdorf eröffnet neues Werk für Kosmetikprodukte in Leipzig

Der Kosmetikriese Beiersdorf hat offiziell seine Produktion eröffnet – mit dem Neubeginn endet zugleich eine 170-jährige Tradition in Waldheim.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht eine Produktionsstätte von Beiersdorf.
Blick auf das neue Werk von Beiersdorf in Leipzig: Der Hamburger Dax-Konzern sein neues Produktionszentrum jetzt offiziell eröffnet. © dpa/Jan Woitas

Von Sven Heitkamp

LeipzigUm kurz vor 15 Uhr rollt ein Gabelstapler eine Palette in die Lagerhalle des neuen Werks von Beiersdorf in Leipzig und stellt sie mitten zwischen den Menschen ab, die dort Eröffnung feiern. In den Kartons auf der Palette steckt eine Spezialausgabe jenes Deos, das in der neuen Fabrik als erstes vom Band lief. Darauf steht: „Grand Opening. BML Team Leipzig. Zusammen. Wachsen.“ Die Gäste dürfen sich an den Deoflaschen bedienen – als Erinnerung an den Tag.

Mit der symbolischen Anlieferung hat der Hamburger Kosmetikriese am Freitagnachmittag in Leipzig-Seehausen nördlich des Messegeländes offiziell sein neues Werk eröffnet. In Betrieb ist es allerdings schon: Die Produktion hat bereits im Februar begonnen und wurde seit Mai hochgefahren. Die Bauarbeiten für die Fabrik hatten Anfang 2021 begonnen und waren nach rund zwei Jahren abgeschlossen. Fast 300 Millionen Euro hat der Konzern nach eigenen Angaben in Leipzig in sei neues Produktionszentrum investiert. Es sei eines der größten im gesamten Konzern-Netzwerk, sagt Beiersdorf-Vorstandschef Vincent Warnery.

Eigenes Logistikdrehkreuz geplant

Auf einem Nachbargrundstück entsteht zudem bis 2027 ein eigenes Logistikdrehkreuz für weitere rund 200 Millionen Euro. Künftig sollen dort bis zu 400 weitere Beschäftigte arbeiten, kündigt Projektdirektor Tobias Rhensius an. Es solle dann von einem Logistikdienstleister betrieben werden. Beide Vorhaben zusammen bedeuteten die weltweit bislang größte Einzelinvestition des Konzerns in einen Standort. „Wir freuen uns darauf, in Leipzig eine Erfolgsgeschichte zu schreiben“, sagt Warnery. Unter der Hand ist zu hören, dass weitere Investitionen vorgesehen sind. Erweiterungsflächen gibt es bereits.

Vorerst arbeiten in dem Werk rund 200 Mitarbeiter im Drei-Schicht-Betrieb und stellen bis zu 450 Millionen Kosmetikprodukte im Jahr her. Es sind vor allem Deos, Haarsprays und Rasierschäume der Marken Nivea, 8×4 und Hidrofugal für den europäischen Markt und weiteren Export. Aktuell laufen die ersten drei Fertigungslinien, zwei weitere sollen bis Jahresende folgen. Insgesamt können es sogar bis zu sieben Fertigungsstrecken werden. „Sachsen ist ein guter Platz für Investitionen“, betonte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Mit der Ansiedlung von Beiersdorf werde der Industriestandort gestärkt.

Der Start in Leipzig markiert allerdings zugleich das Ende einer bedeutenden Kosmetik-Historie in Waldheim bei Döbeln. 1852 hatte dort der Apotheker Adolf Heinrich August Bergmann eine Parfümerie- und Toilettenseifenfabrik eröffnet – damals eine der ersten in Deutschland. 1920 entstand in Waldheim die Traditionsmarke Florena, die bis heute produziert wird. 2002 wurde die ehemalige Florena Cosmetic GmbH von Beiersdorf aufgekauft. Bis Ende September läuft die Produktion nun endgültig aus.

Beiersdorf hat die Immobilie schon an einen Investor verkauft, der dort einen regionalen Gewerbepark entwickeln will. Die Maschinen gehen zurzeit an andere Standorte im Beiersdorf-Konzern etwa in Berlin, Polen und Spanien, sagt Werkleiter Stephan Roelen. Voraussichtlich nach dem Jahreswechsel soll das Areal geräumt sein.

Leipzigs OB spricht von 1.000 Mitarbeitern

Viele der Kolleginnen und Kollegen pendeln nun von Waldheim nach Leipzig. Etwa die Hälfte der 250 Mitarbeiter sei mit gewechselt. Rund 50 gingen in Rente oder in Alterszeit, etliche erhielten eine Abfindung. Für die Stadt Leipzig ist die Ansiedlung des Kosmetikkonzerns indes eine Bereicherung.

„Wir freuen uns, eine neue Branche in Leipzig zu bekommen“, sagt Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD). Dadurch werde die Stadt widerstandsfähiger gegen Krisen. Seine Vision sei, so hatte Jung schon während der Grundsteinlegung gesagt, dass der Konzern in 20 bis 25 Jahren 1.000 Mitarbeiter und eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Leipzig habe. „Wir sind sehr froh, dass sie hier sind.“ Zugleich erinnerte er daran, dass Leipzig schon im 19. Jahrhundert eine Hochburg der Parfümindustrie gewesen sei. Die Firmen hießen damals: Karl Heine AG und Schimmel und Co. Seinerzeit, so Jung, hätten für die Parfüms rings um Leipzig Lavendel- und Rosenfelder geblüht.

Davon ist heute bei Beiersdorf nicht mehr die Rede. Doch das neue Werk wird ausschließlich mit erneuerbaren Energien und Biogas betrieben und gilt als nahezu CO2-neutral. Zudem sei geplant, die Fabrik zu einem Energie-Plus-Standort auszubauen. Durch die eigene Stromerzeugung etwa mit Fotovoltaikanlagen soll künftig mehr Energie gewonnen als verbraucht werden. Außerdem sei das Produktionszentrum in der Lage, Wärme, Abwasser und Ethanol zurückzugewinnen und wiederzuverwerten.

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