Bautzen. Im kleinen Bäckerladen an der Straßenecke kostet das Zwei-Pfund-Mischbrot 2,90 Euro. Im Westen Deutschlands verlangen die Kollegen mancherorts schon das Doppelte, weiß Bäckermeister Lutz Neumann. „So weit wird es bei uns in Ostsachsen nicht kommen“, sagt der 55-jährige Obermeister der Bäckerinnung im Landkreis. Aber ob er das Zwei-Pfund-Mischbrot in seinem kleinen Familienbetrieb auch nächstes Jahr noch für 2,90 Euro verkaufen kann, das wagt er zu bezweifeln. Warum die Bäckereien in der Region zu Preisanpassungen gezwungen sein werden, erklärt Lutz Neumann im Gespräch mit der SZ.
Herr Neumann, stimmt es? Brot und Brötchen werden teurer?
Ja, das wird so werden. Diesmal betrifft es auch nicht nur uns Handwerksbetriebe. Die Ankündigung zu Preiserhöhungen in der Branche kam aus der Backwarenindustrie. Ob wir wollen oder nicht: Wir werden uns anschließen müssen.
Warum?
Weil alles, was wir brauchen für ein gutes Brot, teurer geworden ist: die Zutaten, die Mitarbeiter, die Herstellung. Bei den kleinen Innungsbetrieben, die oft nicht in 1A-Lagen zu finden sind, kommt hinzu, dass sie um jeden Kunden kämpfen müssen, bei den größeren mit Filialnetz schlagen die Mieten zu Buche. Das muss alles bezahlt werden. Vor allem – das ist mir sehr wichtig – wollen wir auch unsere Mitarbeiter für ihre gute Arbeit gut und fair bezahlen. Sonst kriegen wir nämlich keine mehr.
Zutaten werden auch teurer?
Ja, und das wirklich in Größenordnungen: Egal, ob wir Milch und Butter nehmen, Mandeln, Sultaninen oder Gewürze. Und vor allem auch das Mehl. Auf welche Preissteigerungen wir uns da einstellen müssen, können wir noch gar nicht voll abschätzen. Wir wissen bisher noch nicht, wie sich die schlechte Getreideernte auswirken wird.
Die Landwirte sagen, die Getreidepreise werden nicht wesentlich steigen, weil auf dem Weltmarkt noch im Überschuss produziert wird.
Für uns ist aber nicht der Weltmarkt entscheidend, sondern die Produktion vor Ort. Wir sind immer bemüht, so regional wie möglich einzukaufen. Auch das macht den Unterschied zwischen einem Innungsbetrieb vor Ort und der Backwarenindustrie aus. Wir beziehen unser Mehl aus den Mühlen der Region. Die Mühlen wiederum beziehen das Getreide von den umliegenden Landwirtschaftsbetrieben. In diesem Jahr wird es nicht nur um den Preis, sondern vor allem auch um die Qualität des Getreides gehen. Nur aus qualitativ hochwertigem Getreide wird ein gutes Mehl, und nur aus gutem Mehl ein gutes Brot.
Sie erwarten, dass Mehl teurer wird?
Ja. Die kleineren Mühlen, von denen wir kaufen, haben auch noch ein anderes Problem: Sie müssen Stromsteuer bezahlen, während große Unternehmen befreit sind. Trotzdem wollen und werden wir weiterhin von den einheimischen Mühlen kaufen. Ich bin überzeugt, dass das unsere Kunden auch so erwarten.
Und wie reagieren Ihre Kunden auf die angekündigten Preiserhöhungen?
Ich denke, die meisten werden Verständnis haben. Wir machen das ja nicht, um uns eine goldene Nase zu verdienen. Das wissen die Kunden. Es gibt aber auch diejenigen, die noch Preise aus DDR-Zeiten im Kopf haben, als Grundnahrungsmittel derart staatlich gestützt waren, dass niemand darüber nachgedacht hat, wie wertvoll so ein Brot ist und wie viel Arbeit da drinsteckt.
Wirkt sich auch die neue Lkw-Mautpflicht auf Bundesstraßen aus?
Ja, sehr sogar: Die Zulieferer, die mit großen Fahrzeugen unterwegs sind, wie Mehl-Lieferanten und Großhändler, schlagen natürlich die Mehrkosten auf die Preise auf. Das zeigt sich bei fast allen Zutaten.
Ab wann müssen die Kunden mit höheren Preisen rechnen?
Ob, wann und wie die Innungsbetriebe die Preise erhöhen, ist jedem selbst überlassen. Ich gehe aber davon aus, dass keiner drumherum kommt. Aber noch warten alle ab.
Und was wird Ihr Zwei-Pfund-Brot künftig kosten?
Das muss ich noch kalkulieren. Ein Preis unter drei Euro wie bisher wird aber nicht zu halten sein. Insgesamt rechnen wir in der Branche mit einem Anstieg um zehn bis 15 Prozent.
Gespräch: Jana Ulbrich
Bildquelle: Uwe Soeder