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Das sind die neuen Leuchttürme für die Lausitz

Der Ausstieg aus der Braunkohle im Jahr 2038 ist eine gigantische Herausforderung. Jetzt werden die Pläne konkreter.

Lesedauer: 3 Minuten

Wie die Lausitz für die Zeit nach dem endgültigen Braunkohleausstieg 2038 zukunftsfähig gemacht werden soll, hat Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) am Montag in Weißwasser erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Mit einigen Großprojekten – Leuchtturmprojekte, wie Kretschmer sie nennt – und zahlreichen kleineren Maßnahmen soll der Strukturwandel erfolgreich bewältigt werden. Und so soll es gehen:

ICE-Verbindung kommt

Um von Dresden aus nach Weißwasser mit der Bahn zu kommen, benötigt man reichliche zweieinhalb Stunden. Von Berlin aus dauert es momentan zwei Stunden. Die Verbindung zu den Ballungsräumen soll künftig deutlich besser und schneller werden: Eine ICE-Verbindung von Berlin über Cottbus, Görlitz und später auch Zittau soll das möglich machen. Die Bahnstrecke Dresden – Görlitz – Breslau soll ausgebaut werden. Unerlässlich dafür ist die Elektrifizierung der Strecke mit einem eigenen Stromnetz, das derzeit noch nicht durchgehend anliegt. Die Regional- bzw. S-Bahnlinie soll von Dresden erst einmal bis Kamenz, später bis Hoyerswerda mit zusätzlichem Halt in Bernsdorf erweitert werden.

A4 wird breiter

Aber auch mit dem Auto kommt man künftig deutlich schneller in die Lausitz. Die A4 soll sechsspurig von Dresden Nord bis zur polnischen Grenze ausgebaut werden. Die B178, die nach Süden bereits drei- bzw. vierspurig ausgebaut ist, soll künftig die A4 mit der A15 verbinden. Eine entsprechende Machbarkeitsstudie ist bereits beauftragt. An die Region Leipzig/Halle soll die Lausitz mit der MiLau, einer Straßenverbindung Mitteldeutschland-Lausitz, besser angebunden werden, 220 Kilometer lang ist die Gesamtstrecke, eine Potenzialanalyse wird gerade erstellt.

Superschnelles Internet wird getestet

Bundesländerübergreifend soll in Hoyerswerda (Sachsen) und Welzow (Brandenburg) das 5G-Forschungsfeld Lausitz errichtet werden. Die gemeinsam zu schaffende 5G-Infrastrukturbasis steht dann Forschung und Industrie zur Verfügung, um neue Anwendungen zu testen. So können autonom fahrende Baufahrzeuge oder autonom fliegende Drohnen in einer realen Umgebung getestet werden. Wichtige Partner dafür sind das 5G Lab Germany der Technischen Universität Dresden und das Barkhausen Institut. Der Smart Systems Hub Dresden vernetzt alle beteiligten Akteure. Bisher ist der Netzausbau von den Mobilfunkprovidern abhängig. Um diese Abhängigkeit zu umgehen, soll die 5G-Infrastruktur mit transportablen 5G-Containern in den ländlichen Raum gebracht werden. Damit stehen die 5G-Funkfrequenzen providerunabhängig für Handwerker, Produktionshallen oder Gewerbegebiete zur Verfügung.

Görlitz als Forscher-Treffpunkt

CASUS steht für Center for Advanced Systems Understanding. Das Institut für datenintensive interdisziplinäre Systemforschung soll in Görlitz angesiedelt und als Begegnungsort für polnische und deutsche Wissenschaftler dienen. Die Etablierung des Instituts gehört zum Sofortprogramm des Bundesfinanzministeriums, die Anlauffinanzierung steht.

Mitmachfonds für Kreative

Bis die Leuchtturmprojekte sichtbar werden und Wirkung zeigen, wird es mehrere Jahre dauern. Damit die Menschen in den sächsischen Kohleregionen schon jetzt Vorhaben angehen können, hat der Freistaat einen Mitmachfonds von 6,4 Millionen Euro aufgelegt. Mehr als 1 500 Projektideen wurden dafür eingereicht – ein Beweis dafür, dass die Menschen kreative Ideen haben, und dass sie sie in ihrer Heimatregion umsetzen wollen. Schon jetzt ist klar, dass das Geld nicht für alle Projekte reichen wird.

Investorenkonferenz geplant

Auch wenn die Autobahnen und Bahnstrecken noch nicht ausgebaut sind, will der Freistaat jetzt schon Unternehmen überzeugen, sich in der Lausitz anzusiedeln. Am 9. Mai hat Kretschmer zu einer Investorenkonferenz eingeladen. Unternehmen, die – zum Beispiel – in Baden-Württemberg nicht mehr genügend Fläche und nicht mehr genügend Arbeitskräfte finden, sollen sich ein Bild von der Gegend hier und ihren Menschen machen, die, so Kretschmer, „kein Problem mit einer 40-Stunden-Woche haben“.

Brüssel muss noch überzeugt werden

Damit die Fördermillionen dann wirklich so eingesetzt werden können, wie man sich das derzeit in der interministeriellen Arbeitsgruppe beim Erarbeiten der Leuchtturmprojekte erhofft, muss Kretschmer noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten. Brüssel und Berlin will er davon überzeugen, dass für die Lausitz ein anderes Beihilferegime gelten soll, bei dem nicht zwingend Kofinanzierungen nötig werden. Sachsen und Brandenburg fordern passgenauere Lösungen, die Verhandlungen laufen noch.

Mittelstand nicht vergessen

Heike Zettwitz, Wirtschaftsdezernentin des Landkreises Görlitz, gab nach Vorstellung der Projekte zu bedenken, dass man nicht nur neue Investoren im Blick haben dürfe. Unbedingt müssten die ortsansässigen klein- und mittelständigen Unternehmen weiter unterstützt werden, um sich weniger von Entscheidungen, die in fernen Konzernzentralen getroffen werden, abhängig zu machen, sagt sie.

Und der gesellschaftliche Zusammenhalt müsse gestärkt werden, Kultur und Bildung brauchen Unterstützung. „Sie sind wichtige Voraussetzungen, wenn wir ein anderes, ein freundliches, offenes Bild von der Lausitz vermitteln wollen, wenn wir hier andere Menschen wirklich willkommen heißen wollen.“

 

Von Katja Solbrig

Foto: © Rainer Weisflog/dpa
 

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