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Die Braumanufaktur Radebeul startet nach einem Rückschlag neu durch

Mit seiner Bierproduktion ist Jens Bellmann an einen neuen und größeren Standort gezogen. Nach dem ihm eine Krankheit K.o. gesetzt hatte, fängt er bei null an – und das in herausfordernden Zeiten.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht Jens Bellmann mit seinen Getränken und Bieren
Eine Auswahl seiner Biere und Getränke hat Jens Bellmann auf einem Fass vor seiner Abfüllanlage aufgestellt. Mit seiner Brauerei ist er von Radebeul nach Coswig umgezogen und hat bsich vergrößert. Quelle: Arvid Müller

Silvio Kuhnert

Radebeul/Coswig. „Helle Freude“, „Red Diamond“, „No.1″ und „Schwarze Perle“ – das sind keine neuen Weine, sondern die Namen von Bieren aus dem Elbland. „Lo chaotic“ ist in diesem Sommer neu hinzugekommen. „Es handelt sich um ein Smooth Pale Ale“, klärt Brau- und Mälzermeister Jens Bellmann auf. Seit 2013 betreibt er die Braumanufaktur Radebeul.

Jedes Jahr nimmt er eine neue Kreation in sein Programm auf. „Die Entstehung der jüngsten war leicht chaotisch“, sagt er über die Namensgebung. Und diese beschreibt auch etwas die Entwicklung seiner Brauerei in der jüngeren Zeit. Sein bisheriger Standort in der Straße des Friedens 30 in Radebeul war zu klein geworden. Auf 60 Quadratmeter hat er bis dahin gebraut. In Coswig in der Töpferstraße 19 fand Bellmann größere Räume. „Hier ist mehr als das Doppelte an Platz“, berichtet er. Anfang 2022 hat er bereits die Hausbrauerei von Hagen Schiller übernommen. Doch eine Erkrankung setzte Bellmann einen heftigen K.-o.-Schlag, und er fiel für längere Zeit aus. Erst seit vergangenem August kann er wieder so richtig durchstarten.

Hopfen aus der Hellertau

„Ich fange quasi bei null an“, sagt Bellmann. Trotz des neuen Standorts behält seine Brauerei den Namen. „Mit Braumanufaktur Radebeul bin ich über zehn Jahre bekannt geworden. Das wirft man nicht weg“, sagt der 48-Jährige. Weil er sich vergrößern musste und Hagen Schiller aus Altersgründen aufhörte, hat er dessen Räume in Neusörnewitz an der Töpferstraße übernommen. Dort macht Bellmann alles selbst, vom Brauen, Lagern über das Reinigen von Flaschen und Fässern bis hin zum Abfüllen und Etikettieren. Eine 60-Stunden-Woche kommt so schnell zusammen, wenn das Geschäft läuft. Ein Helfer erledigt die Lieferung der Getränke und macht kleinere Reinigungsarbeiten, was den Braumeister zeitlich etwas entlastet und daher sehr unterstützt. Bellmann setzt auf nachhaltige und recycelbare Rohstoffe und Materialien. Seinen Hopfen bezieht er von einem Familienbetrieb aus der Hellertau. Das Malz kommt von der Rhön Malz GmbH.

Das Brauen geschieht in Handarbeit. Viereinhalb Hektoliter produziert Bellmann mit einem Sud pro Woche. Er selbst trinkt gern ein Bier. Ein Dreivierteljahr hat er in einer Brauerei gearbeitet. Zu Hause setzte er selbst Maische an. „Das kam bei Freunden gut an“, erinnert sich Bellmann und ihn hat die Thematik fasziniert, weshalb er sich entschloss, eine eigene Brauerei zu gründen. „Es ist ein Liebhaberprodukt, das ich herstelle“, berichtet Bellmann.

Es geht um das wirtschaftliche Überleben

Der Neuanfang geschieht in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. Die Leichtigkeit, wie sie bis 2019 noch in der Gesellschaft und bei den Menschen zu beobachten war, sei verloren gegangen. Erst kam Corona, dann der Krieg in der Ukraine und andere Krisen, wie steigende Energiepreise, Inflation und Lieferengpässe. Das Geld sitze bei den Menschen nicht mehr so locker, was Gastronomen, Veranstalter von Festen und der Handel zu spüren bekommen. „Die Konsumenten sind verunsichert und zurückhaltend“, hat Bellmann bemerkt. Er sagt der Branche einen harten Winter voraus: „Die wirtschaftliche Lage ist allgemein nicht die beste.“

Für die jetzige Situation findet Bellmann harte und klare Worte: „Es geht ums wirtschaftliche Überleben.“ In Getränkemärkten haben es kleine Privatmanufakturen sehr schwer, einen Fuß in die Tür zu bekommen und ins Sortiment aufgenommen zu werden. „Händlerinteresse ist gern gesehen“, sagt Bellmann. Derzeit werden seine Biere unter anderem im Alten Wettbüro in der Dresdner Neustadt und in der Kümmelschänke in Dresden-Omsewitz ausgeschenkt sowie in Flaschen im Blasewitzer Getränkemarkt sowie im Cap-Markt beim St.-Benno-Gymnasium verkauft. Diese vier seien als Abnehmer stabil dabei, so der Bierbrauer.

Fusion aus Bierwürze und Traubenmost

Einfach aufgeben kommt für Bellmann nicht infrage. Er stellt sich den Herausforderungen der Zeit. In Radebeul hat er Biere direkt vor Ort aus seiner Brauerei heraus verkauft. Dieses Angebot möchte er auch am neuen Standort in Coswig wieder aufnehmen. Im November startet freitags sein Brauereiverkauf. Auch der Aufbau eines Online-Vertriebes ist mehr als eine Überlegung wert. „Ich habe da ein paar Kontakte in Europa“, berichtet Bellmann.

In der kalten Jahreszeit wird das Stout, die „schwarze Perle“, sein Portfolio erweitern. Bereits seit 2019 arbeitet er mit Winzer Frédéric Fourré zusammen und gemeinsam fusionieren sie Bierwürze und Traubenmost zum Getränk „Céleste“. Zudem hat Bellmann mit „Yuza“ ein koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk als Alternative zu Mate entwickelt. Ideen für neue Kreationen gehen nicht aus. Selbst wenn sich der Anfang etwas chaotisch anfühlt, kommt am Ende eine Spezialität heraus.

Zu den Projekten, die Bellmann ins Leben gerufen hat, zählen auch die Biernomaden. Hierfür lädt er sich Gastbrauer aus nah und fern in seine Biermanufaktur ein, um gemeinsam ein gutes Bier zu brauen, eine schöne Zeit mit Fachsimpeln, Verkosten und „ProBieren“ zu verbringen. Das Resultat gibt es in Flaschen zu erwerben. Jeder Sud ist so ein Unikat.

www.braumanufaktur-radebeul.de

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