Das muss eine Automarke auch erst mal schaffen, dass sie ein halbes Jahrhundert immer wieder in Musiktiteln auftaucht. 1970 sang Janis Joplin über den Mercedes-Benz, später fand das Auto mit dem Stern Eingang in Lieder von Klaus Lage, City und den Prinzen, und jetzt beschäftigt sich der Rapper Eno mit dem Statussymbol auf vier Rädern.
Der Ortsname Kamenz taucht bisher in keinem Mercedes-Song auf, aber das kann ja noch werden. Denn in der Oberlausitzer Stadt baut der Autokonzern an seiner elektrischen Zukunft.
Im Jahr 2012 begann hier die Deutsche Accumotive, eine 2009 gegründete Tochtergesellschaft der Daimler AG, mit der Serienfertigung von Elektrobatterien. Und weil ein Werk dafür mittlerweile nicht mehr ausreicht, entsteht gleich daneben ein zweites. Dafür wurde im Mai 2017 mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der Grundstein gelegt. In diesem Jahr soll auch hier die Produktion starten, kündigt Daimler-Sprecher Tobias Brandstetter an. Dann entstehen hier die Batterien für den vollelektrischen Mercedes-Benz EQC.
Insgesamt investiert Daimler mehr als eine halbe Milliarde Euro in einen globalen Batterie-Produktionsverbund mit acht Fabriken an sechs Standorten auf drei Kontinenten. Zwei dieser Fabriken stehen in Kamenz. Dem Daimler-Sprecher zufolge entsteht hier "eine der größten und modernsten Batterieproduktionen in der weltweiten Automobilindustrie". Durch die Erweiterung vervierfacht sich die Produktions- und Logistikfläche in Kamenz auf insgesamt etwa 80 000 Quadratmeter. Oder anders gesagt: etwa 100 Handballfelder.
Mit der Fläche wächst auch die Mitarbeiterzahl. Zum jüngsten Jahreswechsel beschäftigte die Deutsche Accumotive in Kamenz mehr als 1000 Mitarbeiter. Dabei soll es nicht bleiben, sagt Tobias Brandstetter. "Wir haben in 2019 weiterhin einen hohen Bedarf an Fachkräften wie Instandhalter, Techniker und Werker im Produktionsbereich. Die Accumotive sucht Mitarbeiter in der Produktion, Instandhaltung sowie Meister und Betriebsingenieure." Dem Sprecher zufolge sind Bewerbungen mit und auch ohne Berufserfahrung willkommen, vorzugsweise aus dem elektrotechnischen Bereich.
Für Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche ist die Batteriefabrik in Kamenz ein "wichtiger Bestandteil in der Umsetzung unserer Elektrooffensive. Bis 2022 werden wir bereits mehr als zehn reine Elektroautos in Serie haben. Die Automobilindustrie steht vor einer fundamentalen Transformation und wir begreifen uns als treibende Kraft des Wandels." Die Investition in Kamenz stärke die Region als wichtigen Innovationshub der deutschen Automobilindustrie und biete den Beschäftigten gute Perspektiven in einem zukunftsträchtigen Technologiefeld.
Die zweite Daimler-Batteriefabrik in Kamenz ist als kohlendioxid-neutraler Betrieb konzipiert: Ein Blockheizkraftwerk und eine Photovoltaik-Anlage sollen in Verbindung mit stationären Batteriespeichern die Produktionsanlagen mit Wärme und Energie versorgen.
Von Tilo Berger
Foto: Ronald Bonss