Florian Reinke
Leipzig. Alexander Vlaskamp blickt am Dienstag durchaus mit Stolz nach Leipzig – denn hier, im Norden der Messestadt, soll nicht allein für sein Unternehmen eine neue Ära beginnen. Davon ist Vlaskamp jedenfalls fest überzeugt: Seit 2021 ist er Vorstandsvorsitzender (CEO) von MAN Truck & Bus, einem der führenden internationalen Nutzfahrzeughersteller. 100 Jahre, nachdem das Unternehmen den ersten Diesel-Lkw präsentiert hatte, wird am Dienstag der erste vollelektrische MAN-Truck in Leipzig übergeben.
Die Bedeutung der Auslieferung fasst der CEO im Gespräch mit der LVZ so zusammen: „Wir sind Teil des Problems, was den CO₂-Ausstoß anbelangt, aber wir sind damit jetzt auch ein großer Teil der Lösung.“
Batteriemodule werden mit E-Truck zum Porsche-Werk transportiert
Im Norden der Messestadt will die Firma Dräxlmaier den E-Truck in Empfang nehmen. Der Automobilzulieferer hatte im Ortsteil Lützschena-Stahmeln im August 2023 sein neues Werk eröffnet, produziert werden hier 800-Volt-Batteriesysteme. Ein prominenter Kunde ist Porsche, dessen Leipziger Werk eine zentrale Rolle beim Einsatz des neuen E-Trucks spielen wird.
Wie zu erfahren ist, soll der Lkw fortan die Belieferung der Batterien für den Porsche eMacan ins Werk des Autobauers übernehmen. „Wir fahren im Drei-Schicht-Betrieb kontinuierlich. Wir bringen das Batteriemodul mit hoher Frequenz zum Werk unseres Kunden“, sagt Felix Klimas, Head of Supply Chain Management bei Dräxlmaier.
Dräxlmaier erwartet in Leipzig drei E-Trucks
Gut möglich also, dass Pendler und Anwohner den neuen E-Truck künftig häufiger im Wirtschaftsverkehr wahrnehmen. Diesen empfinden gerade jene, die dort wohnen, als Belastung, die E-Mobilität könnte da für Besserung sorgen. „Wir tragen als Unternehmen auch Verantwortung für die Umwelt und die Menschen in Leipzig“, sagt Felix Klimas von Dräxlmaier. „Daher freuen wir uns sehr, dass wir auf Initiative unseres Kunden dessen Belieferung von unserem Leipziger Standort aus künftig mit stark reduzierten CO₂-Emissionen durchführen können.“
Zum Beladen des E-Trucks soll Klimas zufolge Grünstrom verwendet werden. „Das heißt, die einzige Emission ist der Abrieb der Reifen und der Bremsen. Dennoch haben wir eine CO₂-Reduktion von 95 Prozent.“ Bei einem vollelektrischen Truck soll es indes nicht bleiben: Bis Mitte Dezember soll die Auslieferung von zwei weiteren Modellen erfolgen.
Bis zu 800 Kilometer Tagesreichweite
Wie die Beteiligten betonen, eigne sich die rund sieben Kilometer lange Strecke im Leipziger Norden hervorragend für den Betrieb des elektrischen Trucks. MAN gibt die Tagesreichweite mit 600 bis 800 Kilometer mit einmal Zwischenladen an.
Die größte Herausforderung für die E-Mobilität im Transportsektor bleibt jedoch einmal mehr die Ladeinfrastruktur, gerade im öffentlichen Raum gibt es hier große Lücken.
„Ladeinfrastruktur muss in Deutschland ausgebaut werden“
Felix Klimas sagt, Dräxlmaier würde gern mehr E-Trucks nutzen. „Doch gehen uns die Förderprogramme aktuell noch nicht weit genug. Die Ladeinfrastruktur muss in Deutschland weiter ausgebaut werden, aber auch international und in den europäischen Nachbarländern.“
Die Herausforderung ist groß – dass sie angegangen werden muss, darüber herrscht aber Einigkeit. Wie MAN-Chef Vlaskamp sagt, kommen etwa 14 Prozent der weltweiten CO₂-Ausstöße aus dem Transportbereich, Trucks machten davon acht Prozent aus. „Der E-Truck reduziert den CO₂-Ausstoß signifikant, wenn er mit nachhaltigem Strom geladen wird. Das ist in Deutschland zum Großteil der Fall“, sagt er.
Und nicht nur MAN setzt auf E-Mobilität: Auch andere große Akteure wie Volvo, Daimler, Renault und Iveco forcieren den Umstieg in der Nutzfahrzeugbranche.
Wie es bei MAN heißt, sollen nach Dräxlmaier außerdem noch viele weitere Kunden für den E-Truck folgen. „Schon jetzt haben wir rund 2500 Bestellungen und Bestellanfragen vorliegen für die nächsten rund 1,5 Jahre“, sagt der CEO. Die Fertigung im MAN-Werk München soll in den kommenden Jahren weiter anlaufen. „Unsere mittelfristige Planung ist, dass die Absätze von elektrischen Neufahrzeugen in Europa 2030 schon bei etwa 50 Prozent liegen und 2040 nahezu bei 90 Prozent.“