Daran werden Sie zukünftig denken, wenn Sie eine Bierflasche von Radeberger oder Feldschlösschen öffnen oder eine Packung von Sachsenmilch. Diese Produkte sind über Fließbänder gelaufen, deren Einzelmodule in einem Unternehmen im Dohnaer Gewerbegebiet gefertigt wurden – bei der System Plast GmbH.
Die Firma hat im vergangenen Jahr so viele neue Leute wie lange nicht eingestellt. "Wir hatten 33 Neueinstellungen und stellen immer noch ein", sagt Geschäftsführer Mario Edel. In Zeiten des oft zitierten Fachkräftemangels ist das eine erstaunliche Leistung.
Beim Werben um neues Personal fährt das Unternehmen mehrere Strategien. Wenig überraschend wurden auch Personaldienstleister eingeschaltet und hat System Plast Anzeigen auf einschlägigen Portalen geschaltet. Das größte Erfolgsrezept sei nach eigenen Angaben aber die vorhandene Belegschaft und deren Mundpropaganda. Dass die positive Wirkung zeigt, kommt dabei nicht von ungefähr.
Das Unternehmen hat zahlreiche Maßnahmen eingeführt und entwickelt, die das Arbeitsklima verbessern sollen. Dabei geht es nicht vordergründig um Wohlfühltemperaturen in den Betriebsräumen, sondern um ein Paket von Dingen, die das Arbeiten angenehmer machen. In vielen Unternehmen weise der Chef an und die Untergebenen führen aus. "Diese Pyramide stellen wir auf den Kopf", sagt Edel. Von seinen Mitarbeitern erwarte der Geschäftsführer, dass sie Vorschläge machen, wie die Produktion verbessert werden kann. "Jeder wird ernst genommen." Damit das so konstruktiv wie möglich erfolgt, bekommen die Mitarbeiter etwa 40 Stunden Training im Jahr. Am Anfang sei das für manche merkwürdig gewesen. "Inzwischen ist das anders, seit sie gemerkt haben, dass tatsächlich etwas umgesetzt wird", sagt Edel.
Mitarbeiter sind zufrieden Jetzt steht der Chef neben Maschinenbediener René Sickert, der seit mehr als zehn Jahren zur Belegschaft gehört, die am Standort in Dohna 285 Mitarbeiter umfasst. Er ist sehr zufrieden mit den Arbeitsbedingungen. "Das sage ich auch, wenn der Chef nicht neben mir steht", versichert Sickert. Dass das kein Sonderfall ist, kann der Geschäftsführer inzwischen mit Zahlen unterlegen. Bei der anonym durchgeführten Mitarbeiterbefragung haben zuletzt 60 Prozent geäußert, stolz darauf zu sein, für die aktienorientierte Regal-Group zu arbeiten, zu der die System Plast GmbH gehört. Zuvor waren es nur 40 Prozent. "Das nächste Ziel ist, 80 Prozent Zufriedenheit zu erreichen", erklärt Edel.
Selbstverständlich sei das nicht, denn stressfrei ist die Arbeit keineswegs. Ein Mitarbeiter hat beispielsweise bis zu elf Maschinen gleichzeitig zu betreuen. Trotz der Industrieproduktion ist alles sehr sauber und geordnet, ähnlich wie in der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen in Dresden. Trotz industrieller Fertigung sei die Arbeit aber auch vielseitig, erklärt Sickert. System Plast stellt etwa 20 000 verschiedene Endprodukte her.
Solche Umfragestatistiken schlagen sich auch ganz konkret nieder. Das will der Chef an einem Beispiel verdeutlichen. Vor Kurzem ist ein Mitarbeiter zu einem anderen Unternehmen gewechselt, weil ihm der Fahrtweg von daheim nach Dohna zu weit war. "Der ist jetzt wieder bei uns, weil er woanders ein nicht so passendes Arbeitsklima vorgefunden hatte", sagt Edel.
Das Unternehmen macht einen Jahresumsatz von mehr als 41 Millionen Euro. Mehr als eine Million wird jedes Jahr investiert. "Davon 300 000 bis 500 000 Euro in die Sicherheit", erklärt Edel. Damit ist nicht die Aufrüstung des Wachschutzes gemeint, sondern der Arbeitsschutz. Größere Arbeitsunfälle habe es lange nicht mehr in der Produktion gegeben. Gearbeitet wird in drei Schichten. Die Maschinen stehen nur still, wenn auf ein anderes Produkt umgerüstet oder instandgehalten wird.
Überraschend ist, dass die Produktion dieser Fließbandteile aus Plastik, Gummi oder Metall starken saisonalen Schwankungen unterliegt. "Im Sommer müssen alle Anlagen bei Getränkeherstellern auf Hochtouren laufen. Da ist keine Zeit für Instandhaltung oder Neubau", erklärt Edel. Umso mehr Aufträge gibt es dann wieder ab Herbst. Die müssen auch gleich in zwei bis drei Wochen abgearbeitet sein. "Das schaffen wir inzwischen. Früher war das nicht immer so", sagt Edel. Mit Mitarbeitern, die mitziehen, funktioniere das.
Auf kritische Nachfragen, ob es nicht zu viel Plastik auf der Welt gibt, hat der Geschäftsführer eine stumme Antwort. Dann zeigt er gern den Firmen-Award für Nachhaltigkeit. Während andere Bänder Schmierstoffe brauchen, laufen die aus Dohna trocken. Das ist wiederum positiv für die Umwelt.
Wichtiges Patent Nun ist die Mitarbeiterzahl also um mehr als zehn Prozent gewachsen. Dass die Auftragslage einen solchen Sprung ermöglicht, liegt aber nicht an steigendem Bierkonsum. Die Innovationskraft aller Mitarbeiter sei dafür entscheidend. Die Ingenieure am Dohnaer Standort arbeiten eng mit der konzerneigenen Entwicklungsabteilung bei Bergamo in Italien zusammen. Schließlich wurde eine patentierte Technik namens "Modsort" für Fließbänder entwickelt, bei dem Kunststoffkugeln eine entscheidende Rolle spielen. Setzt sich das am Markt immer mehr durch, dürften Fließbänder im Gewerbegebiet in Dohna weiter für massenhaft Jobs sorgen.
Von Gunnar Klehm
Foto: Norbert Millauer