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Frisch gezapft: Diese beiden Männer brauen jetzt in Freital Craftbier

Markus Morawietz und Falk Beuchel haben die ehemalige Bahnhofs-Kneipe in Deuben gepachtet, um hier ihrem Hobby zu frönen: der Braukunst. Kosten darf jeder.

Lesedauer: 5 Minuten

Man sieht Markus Morawietz und Falk Beuchel am Fenster beim Bier trinken
Markus Morawietz (li.) und Falk Beuchel schenken ihr Craftbier jeden Freitag am Deubener Bahnhof aus. © Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Es ist heiß geworden. Die Nachmittagssonne brennt auf das kleine Ausgabefenster an der Stirnseite des Deubener Bahnhofs. Wohl dem, der jetzt etwas Kühles hat. Markus Morawietz und Falk Beuchel können da etwas bieten: frisch gezapftes Bier, gut gekühlt. Die Schaumkronen wippen auf dem Getränk, die Kohlensäurebläschen perlen im Glas empor, das sofort beschlägt.

„Sudfrei“ nennt sich die kleine Craftbier-Brauerei, die Morawietz und Beuchel im alten Bahnhofsgebäude eingerichtet haben. Seit Anfang Juni schenken sie jeden Freitag direkt vor Ort aus. Vier wechselnde Sorten haben sie ständig im Angebot. Heute unter anderem ein Helles, ein Pale Ale und Lilly. „So nennt sich die Hopfensorte. Die wurde in Deutschland gezüchtet und hat einen kräftigen, zitrusartigen Geschmack“, erklärt Morawietz.

Die beiden Runen des Labels „Sudfrei“ stehen für „S“ und „F“ – eine Anlehnung an die Germanen, die bekanntlich auch schon Bier brauten. Die lateinischen Buchstaben darunter sind dem Mitropa-Schriftzug entlehnt.
© Karl-Ludwig Oberthür

Er und sein Kompagnon leben in Dresden, sein Geld verdient Markus Morawietz als Elektroingenieur, Beuchel ist Physik- und Informatiklehrer. Das mit dem Bierbrauen sei Hobby, sagen beide. Und Leidenschaft.

Erste Brauversuche in der eigenen Küche

Begonnen hat alles 2016. „Wir haben gemeinsam ein Brauseminar besucht“, berichtet Falk Beuchel. Sie waren begeistert und richteten sich in der eigenen Küche eine Minibrauerei ein. Dazu bedarf es erst einmal nicht viel: Man braucht drei Kessel – große Töpfe reichen für den Anfang – und einen Gärtank, zudem noch Fässer zum Abfüllen und Lagern.

Beide fuchsten sich in die Braukunst ein. Sie kauften über das Internet die Zutaten – Gerstenmalz, Hopfen, Hefe – und probierten. „Rezepte gibt es im Internet und in Datenbanken“, sagt Morawietz, der sich 2021 zum Biersommelier ausbilden ließ.

Man braucht keine große Anlage, um Bier zu brauen. Die Kessel im Sudfrei fassen rund 50 Liter.
© Karl-Ludwig Oberthür

Das Selbstgebraute schenkten sie zunächst im Freundes- und Bekanntenkreis aus, später besuchten sie Veranstaltungen und Wettbewerbe. Im vergangenen Jahr gewannen sie sogar einen Preis. Irgendwann wurde es in der heimischen Küche zu eng fürs Hobby, das immer ambitionierter wurde. In Freital fanden sie schließlich ein Domizil, welches einen gewissen Ruf hat – ob gut oder schlecht, liegt im Auge des Betrachters.

Im Deubener Bahnhof gab es einst die berühmteste Kneipe Freitals. „De Vier“ hatte täglich und fast rund um die Uhr geöffnet. Es war die Kneipe, wo sich die durstigen Edelstahlwerker nach der Schicht noch trafen. Manche, so wird berichtet, hätten einen Großteil ihres Monatslohns in der Bahnhofskneipe ausgegeben. Angeblich hatte „De Vier“ den größten Bierumsatz aller Kneipen in der DDR.

So sieht der Gastraum im Deubener Bahnhof heute aus. Früher war es eine verrauchte Kneipe, in die viele Stahlwerker nach der Schicht einkehrten.
© Karl-Ludwig Oberthür

Nur vier Zutaten, aber ganz viele Rezepte und Varianten

Nun soll es deutlich gesitteter zugehen. Bier – das ist für Markus Morawietz und Falk Beuchel nicht einfach nur ein Durstlöscher und schon gar kein Gesöff. Die Bierherstellung ist Handwerk und Kunst, das Trinken Genuss. „Es kommen nur vier Zutaten rein. Aber man kann damit so viele Sorten mit feinsten Nuancen brauen. Wir haben schon viel ausprobiert und sind noch lange nicht fertig“, sagt Morawietz.

Im „Sudfrei“ werden vor allem untergärige Biere produziert, von hell bis dunkel. Farbe und Geschmack seinen abhängig von den Hopfen- und Gerstenmalzsorten, zudem auch vom Produktionsprozess.

Am Anfang wird im Maischebottich Gerstenmalz mit Wasser vermischt und stufenweise bis auf 78 Grad Celsius erhitzt. Im nächsten Schritt kommt das Gemisch in den Läuterbottich, wo sich das Malz von der Würze absetzt und getrennt wird. Im Sudkessel schließlich wird diese Flüssigkeit auf 100 Grad erhitzt, dabei kommt als weitere Zutat der Hopfen hinzu. Wann und wie viel, das hat entscheidenden Einfluss auf den Geschmack. Vier bis fünf Stunden dauert dieser dreistufige Prozess insgesamt. Die Bottiche fassen nur je 50 Liter – es sind kleine Chargen, für die die beiden Brauer in ihrem Produktionsraum stehen.

Im Anschluss wird das Bier in einen Gärtank umgefüllt, wo Zutat Nummer vier zugesetzt wird: die Hefe. Erst dann entsteht der Alkohol. Um die zwölf Tage verbringt der Sud anschließend in jenem Behälter, per App überwachen die Brauer Beuchel und Morawietz den Restextrakt und den Reifeprozess des Biers.

In den Gärtanks wird das frisch gebraute Bier mit Hefe versetzt und heruntergekühlt. Erst hier entsteht der Alkoholgehalt.
© Karl-Ludwig Oberthür

Anschließend wird es ins Fass gefüllt und sechs bis acht Wochen gelagert. Das unterscheide die kleinen Craftbier-Brauereien auch von den großen Herstellern, erklärt Morawietz: „Aufgrund anderer technischer Prozesse und Kostenoptimierung lagern die ihr Bier nicht so lange.“ Doch genau das sei ebenfalls wichtig für den Geschmack.

Minibrauerei „Sudfrei“ öffnet freitags in Freital

Biersommelier Morawietz probierte als Jugendlicher die ersten Schlucke. „Ich komme aus Dortmund, habe da Fußball gespielt. Da wurde man automatisch ans Bier herangeführt.“ Als erstes probierte er Colabier. „Würde ich heute nicht mehr trinken.“ Beuchel, der aus Dresden stammt, trank früher meistens Radeberger.

Mit den Großen wollen sie sich aber gar nicht messen. Ihnen ist es wichtig, zu experimentieren, kreativ mit den vier Bier-Zutaten umzugehen und ein kleines bisschen auch die Grenzen auszureizen. So haben sie schon ein „Grape Ale“ gebraut, eine Sorte, die aus Italien stammt – Bier wird dabei mit Traubenmost versetzt. Ihre Zutaten, vor allem Hopfen und Hefe, kaufen sie im Internet. Das Gerstenmalz beziehen sie größtenteils von Mälzereien in Deutschland.

Die Zutaten Gerstenmalz, Hopfen und Hefe beziehen die beiden Hobbybrauer übers Internet oder direkt von Produzenten.
© Karl-Ludwig Oberthür

Wer möchte, kann gerne beim „Sudfrei“ zum Probieren vorbeikommen. Der Ausschank am Bahnhof Deuben ist freitags von 17 bis 21 Uhr geöffnet. Das 0,3-Liter-Glas kostet 3,50 Euro. Auf der kleinen Wiese gegenüber dem Bahnhofsgebäude stehen dann Tische und Bänke, dort kann man gut im Schatten sitzen, probieren und genießen. Bei schlechtem Wetter öffnen die Brauer auch gerne den Innenraum – ein kleines Stück von der ehemaligen Bahnhofskneipe. Das Feedback der ersten Gäste sei durchweg positiv gewesen, berichtet Markus Morawietz.

www.sudfrei.de

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