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„Gefälschte Produkte“: US-Musiker Pharrell verklagt Spreadshirt aus Leipzig

Auf der Bestellplattform Spreadshirt kommt es offenbar immer wieder zu Verstößen gegen das Markenrecht. Bisher hat sich das Leipziger Unternehmen aus der Verantwortung gezogen. Jetzt könnten mehrere Klagen etwas daran ändern.

Lesedauer: 3 Minuten

Antonie Rietzschel und Josa Mania-Schlegel

Leipzig. „Happy“ war 2014 ein großer Hit des US-amerikanischen Musikers Pharrell Williams. Gar nicht happy ist der 52-Jährige mit der Leipziger Bestell-Plattform Spreadshirt, die in Leipzig-Plagwitz ihren Sitz hat: Pharrell verklagt Spreadshirt gerade auf umgerechnet 12 Millionen Euro Schadensersatz.

Konkret geht es um Williams’ Firma „BBC Ice Cream LLC“, die unter dem Label „Billionaire Boys Club“ (BBC) teure Kleidung verkauft, die beispielsweise US-Rapper Snoop Dogg trägt. In der Klage, die LVZ vorliegt, heißt es: Spreadshirt habe es seinen Nutzern erlaubt, gefälschte BBC-Produkte zu designen. Spreadshirt habe die unautorisierte Mode dann bedruckt, verpackt und verschickt.

Die Idee, auf der das Leipziger Unternehmen mittlerweile ein weltweit agierendes Firmen-Netz namens Spread Group aufgebaut hat, ist einfach: Nutzer können virtuelle Shops eröffnen, über diese T-Shirts mit eigenen Designs bedrucken und verkaufen. Immer wieder kommt es dabei zu Verstößen: Es werden Designs mit verfassungswidrigen Symbolen hochgeladen oder Fälschungen teurer Marken für ein paar Euros verkauft.

Spreadshirt will sich nicht äußern

Und Spreadshirt weiß, dass das passiert. Man betreibe daher „einen hohen Aufwand, um Zuwiderhandlungen aller Art schnellstmöglich aufzudecken und zu unterbinden“, heißt es auf der Unternehmenswebsite. „Sollten wir bei unseren Recherchen verdächtige Inhalte entdecken, werden diese – unter Umständen ohne Vorwarnung – von uns entfernt.“

Wie genau das passiert, dazu will sich Spreadshirt auf Anfrage nicht äußern – auch nicht zu der Klage des Grammy-prämierten Pharrell Williams: „Ich bitte um Ihr Verständnis, dass wir uns zu laufenden Verfahren aus rechtlichen Gründen leider nicht äußern dürfen“, schreibt eine Sprecherin.

US-Journalist Greg Watkins berichtete auf AllHipHop.com zuerst über den Fall, der nun in den USA verhandelt werden soll. Pharrell Williams‘ Anwalt sagte dem Portal: Spreadshirt mache „einfach unbeirrt weiter – sie produzieren, veröffentlichen, bewerben und verkaufen nach wie vor gefälschte und rechtswidrige Produkte. BBC klagt jetzt, um dem endlich einen Riegel vorzuschieben und sie für ihr Verhalten zur Rechenschaft zu ziehen“.

Der Anwalt moniert auch die „White-Label“-Verpackungen von Spreadshirt. Das bedeutet: Die gefälschten T-Shirts, die in Pharrells Original-Shop 135 Euro kosten, verfügen über kein Etikett, aus dem hervorgeht, woher sie ursprünglich stammen. Dadurch entfalle auch die Möglichkeit, markenrechtliche Verstöße zu melden.

Unternehmerin klagt erfolgreich gegen Spreadshirt

Doch selbst wenn das passiert, scheint sich das Unternehmen nicht in der Verantwortung zu sehen. Viktoria Theoharova kann davon berichten. Sie betreibt in Bremen eine Boutique, verkauft auch über einen eigenen Online-Shop Pullover, Shirts, Accessoires, die sie selbst designt. „Huddy“, den Namen ihres Labels, hat sie 2018 markenrechtlich schützen lassen.

Da bereichert sich jemand an meiner Idee, und verwässert meine Marke. – Viktoria Theoharova, Unternehmerin

Doch vor anderthalb Jahren gab eine Freundin bei Google den Namen ein, und landete bei einem Shop, den ein Nutzer mithilfe von Spreadshirt aufgesetzt hatte. Der verkaufte dort unter dem Label „Huddy” Kapuzenpullover. Für Viktoria Theoharova ein Schock: „Da bereichert sich jemand an meiner Idee, und verwässert meine Marke“, sagt die 40-Jährige. Was sie meint: Ihre Kunden sind hochwertige, nachhaltig produzierte Ware gewohnt – wenn sie aus Versehen über einen anderen Shop bestellen, die Qualität nicht stimmt, schadet ihr das.

Viktoria Theoharova, Chefin von „Huddy“, klagt gegen Spreadshirt.
Viktoria Theoharova, Chefin von „Huddy“, klagt gegen Spreadshirt.
Quelle: Rahel Pasztor

Im April 2024 mahnte Viktoria Theoharova die Spread Group ab, verlangte eine Unterlassung – ohne Erfolg. Es kam zum Prozess. Vor dem Landgericht Frankfurt argumentierte Spreadshirt, es sei nicht „passivlegitimiert“, also nicht haftbar zu machen. Auf seiner Internetseite erklärt Spreadshirt, Rechtsverletzungen an den „Verursacher“ weiterzugeben. Aus Sicht des Unternehmens sind das die Nutzer, die Designs hochladen und Shops betreiben.

Spreadshirt beantragt offenbar Löschung von Marke

Doch das Gericht folgte der Argumentation nicht. Das Unternehmen nehme „alle wesentlichen Funktionen eines Produktanbieters selbst wahr“: Verkauf, Produktion, Vertragsabwicklung. Lediglich das Design sei ausgelagert worden. So heißt es in dem Urteil, das der LVZ vorliegt. Mit der Entscheidung wird Spreadshirt untersagt, das Zeichen „Huddy“ als Marke zu benutzen.

Der Shop ist mittlerweile offline. Doch Spreadshirt geht in Berufung, gegen eine Entscheidung, die das Unternehmen in die Verantwortung nimmt und Klagen weiterer Betroffener nach sich ziehen könnte. Aktuell läuft das Verfahren vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt. Ein Ende ist noch nicht in Sicht.

Die Spread Group hat außerdem offenbar beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke „Huddy“ beantragt. So erzählt es Viktoria Theoharova. Mit welcher Begründung, dazu will sich das Unternehmen nicht äußern. Für Theoharova ist jedoch klar: „Es geht um eine Machtdemonstration, den Versuch, mich zum Schweigen zu bringen.“

Es ist ja so: Viktoria Theoharova ist nicht Pharrell Williams, sondern Chefin eines kleinen Unternehmens mit vier Angestellten, die Spread Group ist ein millionenschweres Firmengeflecht, mit Standorten in Berlin und den USA. Dagegen vorzugehen, braucht Kraft und Geld. Viktoria Theoharova hat deswegen eine Spenden-Aktion gestartet, mittlerweile sind mehr als 8000 Euro zusammen gekommen.

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