Nora Miethke
Die Krise bei Volkswagen befeuert die Neiddebatte. Die Beschäftigten in der Gläsernen Manufaktur in Dresden oder im Zwickauer Werk bekommen für ihre Warnstreiks nicht nur Solidarität zu spüren. „32 Stunden-Woche bei voller Lohnzahlung“, „in Wolfsburg sind die Gehälter doppelt so hoch als in den neuen Bundesländern, das gefährdet den Standort Deutschland“. Solche Kommentare und ähnliche erreichen die Zeitungsredaktionen oder tauchen in den sozialen Medien auf. Das wirft die Frage auf, was die Beschäftigten bei Volkswagen eigentlich verdienen. Und gibt es Unterschiede zwischen Wolfsburg, Emden und Zwickau oder Dresden?
Wie viel verdient man bei VW Sachsen?
Der Vergleich ist nicht ganz einfach. Für die westdeutschen Werke in Wolfsburg, Emden oder Braunschweig (außer Osnabrück) gibt es einen VW-Haustarifvertrag. Er gilt insgesamt für mehr als 120.000 Beschäftigte. Für die drei Standorte von VW Sachsen in Zwickau, Chemnitz und Dresden hat der Autobauer mit der Gewerkschaft IG Metall einen eigenen Tarifvertrag ausgehandelt. Der Haustarifvertrag der VW AG soll für die sächsischen Standorte erst ab 2027 gelten. Noch sind die Entgelttabellen unterschiedlich aufgebaut. Bei VW Sachsen gibt es 16 Gehaltsstufen. In der niedrigsten Stufe A verdient man 3.172 Euro, in der höchsten M sind es 8.408 Euro. Das verdienen beispielsweise Meister in der Produktion mit Führungsverantwortung für ein großes Team. In Wolfsburg oder Emden würden sie vermutlich zum mittleren Management zählen. Nach eigenen Aussagen verdienen die meisten Beschäftigten in der Produktion in Sachsen zwischen 3.400 und 4.200 Euro. Sie arbeiten 36 Stunden in der Woche.
Ist der Lohn in der Produktion in Wolfsburg oder Emden höher?
Ja, laut der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ verdienen die meisten Produktionsarbeiter in den westdeutschen Werken der Marke VW zwischen 3.914 Euro und 4.304 Euro für eine 35-Stunden-Woche. Der Haustarifvertrag zählt sogar 22 Entgeltstufen, beginnend bei 2.400 Euro brutto im Monat bis 8.361 Euro in der 22. Stufe. Allerdings werden die Stufen 21 und 22 nicht mehr vergeben, haben aber Bestandsschutz. Sie wurden durch den „Tarif Plus“ ersetzt, der für Führungskräfte wie Werksärzte oder Unterabteilungsleiter gilt. Hier bewegen sich die Gehälter von 8.528 Euro bis 9.454 Euro.
Gibt es Unterschiede für die Auszubildenden?
Ja. Für Auszubildende sind in beiden Tarifmodellen pro Lehrjahr ein Gehaltssprung vorgesehen. Bei der Volkswagen AG verdienen Lehrlinge mehr als bei VW Sachsen. Im ersten Jahr sind es 67 Euro brutto mehr. Im vierten Ausbildungsjahr beträgt der Unterschied 127 Euro.

Stehen VW-Beschäftigte in Sachsen besser da als in anderen Branchen?
Das kommt auf die Branche an. Der Medianlohn in Sachsen lag nach der aktuellen Statistik der Landesarbeitsagentur im Jahr 2023 bei 3.182 Euro im Monat für Vollzeitbeschäftigte. Das heißt, die Hälfte der Vollzeitbeschäftigten bekommt mehr Gehalt, die anderen Hälfte weniger Gehalt. Die Stammbelegschaft von VW Sachsen ist also besser gestellt als etwa die Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe in Sachsen insgesamt. Da lag das mittlere Einkommen 2023 bei 3.165 Euro.

Tarifgebundene Unternehmen in der sächsischen Metall- und Elektroindustrie zahlen ihren Mitarbeitern seit Mai laut dem aktuellen Tarifvertrag 3.626 Euro im Monat. Sie verdienen demnach ähnlich viel wie in der Produktion bei VW Sachsen. Im Übrigen: Die Bestverdiener im Freistaat stehen nicht in Zwickau am Band, sondern sind die Beschäftigten in Banken und Versicherungen mit einem monatlichen Medianlohn von 4.790 Euro brutto oder Lehrer und Lehrerinnen mit 4533 Euro.