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Geldsegen für Dörfler

Auch Häuslebauer profitieren von der EU-Förderung. Davon überzeugte sich Sachsens Umweltminister in Großharthau.

Lesedauer: 3 Minuten

Großharthau. Für Thomas Schmidt war am Montag eigentlich Bergfest. Sachsens Umwelt- und Landwirtschaftsminister tourt derzeit nämlich durch die sogenannten Leader-Regionen des Freistaates, die mit europäischen Geldern Projekte im ländlichen Raum fördern. „Die Hälfte hab ich bereits besucht“, erklärte er bei Familie Werab in Schmiedefeld. Auf deren Vierseithof startete der Minister seinen Besuch in der Leader-Region Westlausitz.

Bergfest hätte er durchaus im Gewölbekeller von Janine und Mario Werab feiern können. Der ist für Partys bestens geeignet. Gerade wurde dort der 70. Geburtstag von Mario Werabs Schwiegervater gefeiert. Obwohl „durchaus noch einiges zu tun ist“, wie die Häuslebauer erklären. Trotzdem sind der Minister und sein Begleitertross begeistert. Der Raum, mit dem unverputzten, historischen Ziegel-Gewölbe, ist schon jetzt ein echter Hingucker. Ein Teil der Decke strahlt bereits in schönstem Rostrot. Der Rest muss noch bearbeitet werden. „Das wird gebürstet. Mit der Hand. Über Kopf“, beschreibt die Bauherrin die Aufgabe. Das sei beschwerlich. Fast genauso beschwerlich wie die Beantragung der Leader-Fördermittel. Trotzdem würden Werabs es wieder so machen. Denn die 100 000 Euro, welche die EU zu ihrem Umbau dazugab „helfen schon wirtschaften“. Die aus Dresden Zugezogenen bekamen die Höchstförderung, weil sie ein leerstehendes Gebäude auf dem Land fürs Wohnen erhalten haben.

Schreck bei der ersten Besichtigung

Sieben Jahre lang war der Schmiedefelder Vierseithof unbewohnt, ehe ihn die Dresdner Familie kaufte. Entsprechend hoch waren Verfall und Investitionsbedarf. Bei der ersten Besichtigung sei er schon erschrocken, erinnert sich der 40-jährige Familienvater. Aber er habe auch gleich das Potenzial erkannt, welches in den Gebäuden steckte. Drei Jahre später ist der sanierte Hof ein Schmuckstück. Und ein Gewinn für alle Bewohner. Die Generationen rückten zusammen. Drei Familien auf einem Hof. Die Bauherren haben jetzt ihre Eltern vor Ort, können sich gegenseitig unterstützen. Da ist zum Beispiel auch jemand zu Hause, wenn die Kinder aus der Schule kommen, freuen sich Janine und Mario Werab, die zum Arbeiten täglich nach Dresden pendeln.

Der Erhalt von ländlicher Baukultur ist aber nur ein Ziel der insgesamt 30 sächsischen Leader-Gebiete. Die EU fördert unterschiedlichste Projekte, die den ländlichen Raum voranbringen. Ein paar davon schaute sich Thomas Schmidt auch in Großharthau an. Unter anderem ging es in die frühere Mittelschule. Die 2004 geschlossene Bildungseinrichtung wurde in ein behagliches Heim für 42 Senioren verwandelt. Geschäftsführer und Inhaber Andreas Richter und Heimleiter Roman Wobst führten den Besuch durch das Heim, welches „klein, aber fein“ ist, wie Andreas Richter betont.

Besonders froh ist er, dass man in Sachen Heizung gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung eine gute Lösung gefunden hat. Den Platz im Keller, in dem das Heiz-Öl gelagert wurde, brauchte der Geschäftsführer nämlich für die Hauswirtschaft. Deshalb wurde im Keller der Grundschule eine Holzpelletheizung installiert. Sie versorgt seitdem Schule, Turnhalle und Seniorenhäus’l mit Wärme. „Das ist auch viel effektiver, als wenn in jedem Haus ein Kessel steht“, lobt der Minister. Nicht umsonst bekam Großharthau den European Energy Award verliehen und darf sich mit dem Titel Energiespargemeinde schmücken.

Neue Klassenzimmer

Schließlich ging es gleich vis á vis in die Grundschule. Unterm Dach, welches früher als Abstellfläche genutzt wurde, entstanden neue Unterrichtszimmer. Eins ist inzwischen das neue Klassenzimmer der vierten Klasse, das andere nutzen alle Kinder. Es wurde als Kunst- und Werkraum eingerichtet. Dank der Dachfenster sind die Räume lichtdurchflutet. Außerdem wurde die Rettungstreppe erweitert. Insgesamt erhielt die Gemeinde dafür rund 190 000 Euro aus dem Leader-Fördertopf.

Bei seinem Rundgang hörte der Minister sehr aufmerksam zu, nickte oft bekräftigend, fragte mitunter nach – und wagte bei einer abschließenden Gesprächsrunde in der Kulturscheune einen Blick in die Zukunft. „Durch den Brexit ist absehbar, dass es nach 2020 weniger Geld für die Regionen geben wird“, sagt Thomas Schmidt. Trotz allem: Sachsen will diese Art der Förderung beibehalten und, wenn möglich, Fehler und Probleme verringern und auch weitere Förderprogramme für den ländlichen Raum auflegen.

Bürgermeister Jens Krauße gab dem Minister unter anderem mit auf den Weg, er möge sich dafür einsetzen, dass die bürokratischen Hürden bei der Beantragung der Leader-Förderung, abgebaut werden. Denn momentan können schon kleine Unachtsamkeiten das Aus für die beste Idee sein.

Damit traf er bei Thomas Schmidt auf offene Ohren. „Das ganze Verfahren ist uns auch viel zu kompliziert.“ Deshalb interveniere man bereits in Brüssel. Denn wenn das Antragsverfahren zu knifflig ist, seien Fehler nicht auszuschließen. Momentan werde ein falsch gesetztes Kreuzchen oder das Ausfüllen eines falschen Formulares genauso als Förderbetrug angesehen, wie wenn jemand in die eigene Tasche wirtschafte. Das könne nicht sein. „Wir müssen hin zu einer stärkeren Zielorientierung.“ Denn er weiß von vielen Gesprächen, die er auf seiner Leader-Tour führte, dass es anfangs schon eine Weile gedauert hat, bis dass Förderprogramm als solches Bekanntheit erlangte. Jetzt soll man es auch möglichst unkompliziert nutzen können. Thomas Schmidt hofft, dass dies in der nächsten Förderperiode möglich ist.

 

Von Manuela Paul

Bildquelle: Rocci Klein

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