Annett Heyse
Freital. Freitals ältester Industriebetrieb hat lange den wirtschaftlichen Schwierigkeiten getrotzt, doch nun ist es amtlich: Am 26. Februar musste das Unternehmen Insolvenz anmelden. Das teilte der eingesetzte Sanierungsberater Matthias Rönsch am Freitagvormittag mit. „Am 21. Februar sind Gespräche mit den Banken über eine Finanzierung geplatzt“, berichtete Rönsch.
Gemeinsam mit der Geschäftsführung der Glashütte Freital GmbH strebe er jetzt eine Insolvenz in Eigenverwaltung an. „Wir begleiten das Unternehmen als Sanierungsberater. Als Erstes geht es um eine Kostenreduzierung“, sagte Rönsch, Fachanwalt der Kanzlei Wolff Rapp Rechtsanwälte Dresden.
Damit verbunden sind jedoch Entlassungen. 125 Mitarbeiter hat die Glashütte aktuell, zu viele für die momentanen Kapazitäten. Denn bereits im August 2023 drosselte die Fabrik die Produktion. Damals wurde ein Glasschmelzofen außer Betrieb genommen und nur noch mit einem zweiten Ofen produziert. Die Mitarbeiter jedoch durften bleiben. „Jetzt müssen wir auf 80 bis 85 Angestellte runterkommen“, sagte Rönsch.
Derzeit läuft nur ein Ofen
Die Glashütte Freital, früher unter dem Namen Glaswerk bekannt, stellt sogenannte Hohlglaskörper her. Das sind Flaschen und Glasbehälter, überwiegend für die Lebensmittelindustrie. Weinflaschen und Marmeladengläser zählen zum Portfolio, ebenso die Gläser für den Radebeuler Schokoaufstrich-Produzenten Nudossi. Das Freitaler Werk produziert Kleinserien, war jedoch nicht vor dem wirtschaftlichen Abschwung gefeit.
Der setzte mit der Corona-Pandemie ein, als die Nachfrage nach Flaschen und Gläsern weltweit zurückging und die Marktpreise sanken. Parallel dazu stiegen die Energiekosten, zunächst noch moderat, mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges massiv.

Quelle: Karl-Ludwig Oberthür
Mit der Stilllegung des Glasschmelzofens, der auch noch ein älteres Modell ist, wurden jedoch aus technologischen Gründen umfangreiche Reparaturen erforderlich. Diese, so der Insolvenzverwalter, standen kurz vor dem Abschluss und der Ofen sollte in Kürze wieder in Betrieb gehen. „Das ist auch der Grund, weshalb trotz der wirtschaftlichen Lage niemand entlassen wurde.“ Die Geschäftsführung wollte sich nicht von ihren Fachkräften trennen, um dann mühsam neues Personal zu suchen, welches bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage nicht so leicht zu finden sei.
Produktion soll fortgesetzt werden
Nun muss ein Sanierungsplan geschmiedet werden, um das Unternehmen in den nächsten sechs Monaten wirtschaftlich zu konsolidieren. „Das bedeutet leider, dass wir Leute entlassen müssen, damit die anderen eine Chance haben und die Produktion weiterlaufen kann.“
Unter keinen Umständen wolle man auch noch den zweiten Ofen abschalten müssen. Rönsch: „Das wäre das Ende der Glashütte in Freital.“
Deshalb solle die Produktion kontinuierlich mit weniger Mitarbeitern fortgesetzt werden. Schaffe die Firma die Sanierung, sehe er zudem gute Chancen für einen Verkauf. Interessierte Investoren, so Rönsch, gebe es bereits.
Die Glashütte wurde bereits 1802 als „Königliche Friedrichhütte“ gegründet. Schon damals wurden Hohlglaskörper produziert. In den 1860er-Jahren stand die Hütte einige Zeitlang leer, bevor die Fabrikation wiederaufgenommen wurde. Kurz darauf erwarb die Industriellenfamilie Siemens die Fabrik. Zu DDR-Zeiten war das Werk ein Staatsbetrieb. Nach der Wende stieg die Preiss-Daimler-Group ein, stieß das Glaswerk aber 2013 ab. Seitdem ist es wirtschaftlich eigenständig.
SZ