Von Nora Miethke
Die ostdeutsche Wirtschaft wird nach einer Prognose der Dresdner Niederlassung des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung dieses Jahr leicht schrumpfen. Die Wirtschaftsleistung dürfte im Gesamtjahr um 0,4 Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen, erwarten die Dresdner Konjunkturexperten. In Sachsen wird der Rückgang mit minus 0,2 Prozent etwas schwächer ausfallen.
Der Grund sei der höhere Anteil der Industrie an der Wirtschaftskraft und diese profitiere von der Energie- und Wärmewende, etwa durch die Produktion von Elektroautos oder Batterien erläuterte Professor Joachim Ragnitz am Mittwoch bei der Vorstellung der Prognose in Dresden. Für das kommende Jahr geht das Institut dann wieder von einem positiven Wachstum von 1,3 Prozent für Ostdeutschland und 1,2 Prozent für Sachsen aus.
Sorgenkind der sächsischen Konjunktur ist das Baugewerbe. Aufgrund der hohen Baupreise und der steigenden Zinsen sei eine starke Zurückhaltung potentieller Bauherren zu beobachten. Die Zahl der Baugenehmigungen ist erheblich gesunken, viele Aufträge werden storniert. Nach der Prognose wird die Leistung im Baugewerbe in diesem Jahr um 2,3 Prozent schrumpfen im Vergleich zum Vorjahr und 2024 nochmals um 3,9 Prozent zurückgehen. Auch im Handel und bei den Dienstleistern mache sich die Inflation dämpfend bemerkbar. Ragnitz spricht von einer „gespaltene Konjunkturentwicklung“.
Zuwanderungen in ländliche Regionen? Schwierig!
Der Ifo-Experte geht davon aus, dass sich das Preisniveau kommendes Jahr stabilisieren wird, für 2024 wird eine Inflationsrate von 2,5 Prozent erwartet. „Dann wird es auch wieder einen Zuwachs bei den Realeinkommen geben“, so Ragnitz, denn er rechnet mit „deutlich steigenden Löhnen.“
Der Arbeitsmarkt dürfte nach Ifo-Angaben aufgrund der steigenden Erwerbsbeteiligung von ukrainischen Flüchtlingen in diesem Jahr noch einmal leicht um 0,5 Prozent zulegen in Sachsen. Aber nach Ansicht von Ragnitz hat die Erwerbstätigkeit ihren Höhepunkt erreicht. „Künftig werden wir sinkende Beschäftigungsraten sehen“, so der Ökonom, weil viele Unternehmen ihre offenen Stellen nicht mehr besetzen können und deshalb mehr automatisieren und digitalisieren müssen. Auch der zunehmende Arbeitskräftemangel dämpfe die Entwicklung des Wirtschaftskraft in Sachsen und Ostdeutschland, heißt es beim Ifo Dresden.
Ragnitz zeigte sich pessimistisch, dass es gelingen wird, eine Zuwanderung ausländischer Fachkräfte in großem Ausmaß nach Sachsen zu generieren. „Wenn welche kommen werden, wollen sie vermutlich in die Großstädte und nicht in ländlichen Randregionen ziehen“, so der Ökonom. Er hält es für sinnvoller, die Unternehmen dabei zu unterstützen, „mit weniger Arbeitskräften auszukommen“.