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In Sachsen wurde 2024 weniger gearbeitet

Das Arbeitsvolumen geht seit Jahren steht zurück, obwohl der Zahl der Erwerbstätigen steigt. Das lässt den Traum einer verpflichtenden Vier-Tage-Woche in weite Ferne rücken, wie eine Studie zeigt.

Lesedauer: 3 Minuten

Paula Wallendorf

Dresden. Das Arbeitsvolumen in Sachsen geht zurück. Ein Erwerbstätiger im Freistaat arbeitete im vergangenen Jahr im Schnitt 1.354 Stunden – fünf Stunden weniger als im Vorjahr. Insgesamt leisteten die rund 2,07 Millionen Erwerbstätigen in Sachsen knapp 2,8 Milliarden Arbeitsstunden – ein Minus von 0,7 Prozent gegenüber 2023.

Insgesamt sank das Arbeitsvolumen in den letzten 25 Jahren sogar um 10,6 Prozent. Und das trotz steigender Erwerbstätigenzahl. Diese nahm im gleichen Zeitraum um 3,3 Prozent zu, meldet das Statistische Landesamt in Kamenz. Der Rückgang der Vollzeitstellen konnte durch den Zuwachs bei Teilzeit- und Nebentätigkeiten jedoch nicht ausgeglichen werden.

Viele Unternehmen lehnen Vier-Tage-Woche ab

Diese Zahlen rücken die Diskussion über eine Vier-Tage-Woche in ein neues Licht. Kann sich Sachsen das Arbeitsmodell mit verkürzter Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich überhaupt leisten, wenn das Arbeitsvolumen schon zurückgeht? Arbeitgeber und Wirtschaftsforscher sehen schwarz.

Bislang war die Haltung der deutschen Unternehmen zur Vier-Tage-Woche kaum erfasst. Deshalb erfragte das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln bei 823 Unternehmen eine Einschätzung zur Einführung einer verpflichtenden Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich.

Kleine Firmen machen mit

Jedes zweite Unternehmen ist sich sicher, dieses Arbeitszeitmodell nicht einführen zu wollen. Die nächstgrößere Gruppe – über ein Drittel – hat sich überhaupt nicht mit dem Thema befasst, aber ihre Einschätzung trotzdem abgegeben. Nur sieben Prozent der Unternehmen haben das Modell bereits eingeführt, testen es zurzeit oder haben konkrete Pläne zur Umsetzung.

Bei den Unternehmen, die die Vier-Tage-Woche bereits eingeführt haben, überrascht, dass es häufig kleinere Unternehmen sind, vor allem im Handwerk, oder solche, die schon sehr digitalisiert funktionieren. Das könnte ein Weg sein, die verringerte Arbeitszeit der Beschäftigten zu kompensieren.

Kürzere Arbeitszeit lässt sich nur mit mehr Personal ausgleichen

Denn ob die kürzere Arbeitszeit nur durch Produktivitätsgewinne ausgeglichen werden kann, ist umstritten. Der Großteil bezweifelt das: Rund 94 Prozent der befragten Unternehmen sehen die Einführung der Vier-Tage-Woche mit Gewinneinbußen verbunden – 60 Prozent sogar den Wohlstand in Deutschland gefährdet.

Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter der Dresdner Niederlassung des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, teilt diese Meinung: „Die Unternehmen haben höhere Kosten und verlieren damit an Wettbewerbsfähigkeit“, sagt er. Bei überregional gehandelten Gütern gäbe es dann vermehrt Importe, die heimische Produktion sinke, Beschäftigte würden ihren Job verlieren, skizziert er mögliche Folgen. Bei nur im Inland gehandelten Gütern und vor allem Dienstleistungen würden die Firmen versuchen, ihre Preise anzuheben. „Damit ist eigentlich auch nicht viel gewonnen“, so Ragnitz.

Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter des Ifo Instituts in Dresden, sieht eine Vier-Tage-Woche kritisch.
Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter des Ifo Instituts in Dresden, sieht eine Vier-Tage-Woche kritisch.
Quelle: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa

Zwei von drei Befragten befürchten, dass bei der Einführung einer Vier-Tage-Woche die Aufträge schwerer abgearbeitet werden können. 60 Prozent der Befragten erwarten deshalb eine höhere Belastung für die Angestellten und 63 Prozent, dass ein Ausgleich nur durch mehr Personal zu schaffen sei.

Vier-Tage-Woche bedeutet einen Tausch von weniger Arbeitszeit gegen weniger Wohlstandsniveau. – Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter des Ifo Instituts Dresden

Die Autoren der Studie sehen zwar auch, dass das Angebot der Vier-Tage-Woche solche Arbeitgeber attraktiver macht, und sie so mehr Fachkräfte für sich gewinnen können. In einem Land, in dem der Fachkräftemangel aber allgegenwärtig ist, bringt das aber niemanden weiter. „Wenn alle Betriebe die Arbeitszeit verkürzen, um im Wettbewerb um Fachkräfte konkurrenzfähig zu sein, bleibt gesamtwirtschaftlich eine Arbeitszeitverkürzung, die den Fachkräftemangel verschärft“, heißt es in der Studie.

So sieht es auch Joachim Ragnitz. Auch für ihn ist das Aufstocken des Personals zum Ausgleich der geringeren Arbeitszeit eine Notwendigkeit, die nicht zu realisieren ist. Deshalb würde eine Vier-Tage-Woche letztlich auf „einen Tausch von weniger Arbeitszeit gegen weniger Wohlstandsniveau“ hinauslaufen.

Damit bleibt der Traum einer Vier-Tage-Woche, vor allem bei gleichem Gehalt, in Deutschland für die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wohl noch in weiter Ferne.

SZ

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