Suche
Suche

Infineon unter Strom

Warum Infineon Dresden einen neuen Chef und in den nächsten Jahren 550 zusätzliche Mitarbeiter einstellt.

Lesedauer: 2 Minuten

Das war eine Überraschung für Dresdens Vorzeige-Branche Mikroelektronik: Zum Jahresanfang wurde Rutger Wijburg als Chef der größten Fabrik Globalfoundries abgelöst. Ein halbes Jahr später tauchte der Niederländer ebenso überraschend beim Nachbarn Infineon wieder auf. Der 56-jährige Elektrotechniker mit Doktortitel muss sich dort allerdings den Chefposten mit dem kaufmännischen Geschäftsführer Raik Brettschneider teilen.

Im Gespräch mit der SZ sagt Wijburg, dass er auch Stellenangebote von anderen Firmen hatte, innerhalb wie außerhalb Europas. Doch seine Frau und er wollten gerne in Sachsen bleiben. Beide lieben das Erzgebirge und die Sächsische Schweiz. Infineon habe ihn wegen seiner Erfahrung aus mehreren Elektronikfirmen, wohl auch wegen des Blicks von außen eingestellt. Bei seinem bisherigen Betrieb Globalfoundries, wo Kurzarbeit und Stellenabbau angekündigt sind, werde es auch wieder besser werden. Wijburg hat dort in den vergangenen Jahren mehr als 500 Stellen gestrichen und den Umbau der Produktion auf eine neue Technologie begonnen.

Bei Infineon Dresden dagegen beginnt der neue Geschäftsführer in einer Wachstumsphase. Wijburgs Treffen mit der SZ findet im Rahmen eines länger geplanten Gesprächs mit einem anderen Infineon-Manager statt: Peter Wawer, in der Münchner Konzernzentrale Präsident einer der vier Geschäftssparten, will die Wachstumschancen von Infineon erklären. Wawer hat in Dresden das Auf und Ab der Halbleiterbranche erlebt. Er war bei der Infineon-Tochter Qimonda, die Computerspeicher als Massenware herstellte und am Preisverfall vor fast zehn Jahren pleite ging. Der Elektrotechniker wechselte wie viele Kollegen in die Solarbranche, ist aber seit 2016 bei Infineon Präsident der Division „Industrial Power Control“ mit Milliardenumsatz.

Fünf Fragen an den Infineon-Chef, der von Globalfoundries kommt

Wawer und Wijburg berichten, die ehemalige Qimonda-Halle sei jetzt zu 30 Prozent mit Produktionsanlagen gefüllt. Nach der Pleite hatte Infineon den Reinraum aus der Insolvenzmasse seiner Tochterfirma gekauft, ein Teil der Anlagen war noch vorhanden. Die Besonderheit: Dort können Siliziumscheiben mit 300 Millimeter Durchmesser verarbeitet werden. Darauf passen mehr als doppelt so viele Mikrochips wie bei den 200-Millimeter-Anlagen der benachbarten Infineon-Hallen, die voll ausgelastet sind. In den Jahren 2020 bis 2022 soll auch die ehemalige Qimonda-Halle voll ausgelastet sein, kündigt Wijburg an.

Nachschubmangel bei Energiechips

Allerdings werden dort nicht bis zu 4 000 Menschen arbeiten wie früher bei Qimonda. Die Produktion läuft fast vollautomatisch, Roboter bestücken die Anlagen. Infineon Dresden hat rund 2 100 Beschäftigte, dazu sind gut 100 Leiharbeiter im Werk. Nun hat die Suche nach 300 zusätzlichen Beschäftigten für Instandhaltung und Wartung der neuen Anlagen begonnen. 250 zusätzliche Stellen für Forscher und Entwickler hat Infineon auch angekündigt. Der Platz in den vorhandenen Büros reiche aus, sagt Wijburg. Zugleich wird auch das Werk Villach in Österreich ausgebaut. Beide stellen auf 300-Millimeter-Scheiben Leistungshalbleiter her. Das sind Chips, die hohe elektrische Ströme schalten, die größten in Windanlagen und Zügen. Aus der 200-Millimeter-Produktion in Dresden kommen vor allem Chips für die Auto-Industrie, für Chipkarten und Maschinen.

Wawer bestätigt, dass Infineon „Lieferschwierigkeiten“ hat – aber die Konkurrenz auch. Weltweit wachse der Bedarf an Elektronik für Autos, Solar- und Windanlagen. Infineon will laut Wawer mehr investieren als die Konkurrenten und überproportional wachsen. Der Manager freut sich über den wachsenden Energiebedarf weltweit, betont aber, die Halbleiter würden sparsamer. Netzteile würden kleiner und nicht mehr richtig warm. Der Aufstieg der Erneuerbaren Energien sei nicht mehr zu stoppen, „zum Wohl der Menschheit“. Elektroautos statt Verbrennungsmotoren brächten mehr Aufträge für Infineon.

 

Von Georg Moeritz

Bildquelle: Jürgen-M. Schulter

Das könnte Sie auch interessieren: