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Ist Sachsens Stahl-Industrie noch zu retten?

Das Ergebnis des vierten sächsischen Stahlgipfels ist eindeutig: Die hiesige Stahlindustrie ist kaum noch wettbewerbsfähig. Welche Gründe es dafür gibt und wie Lösungen aussehen könnten.

Lesedauer: 2 Minuten

Gianluca Siska

Freital. Die Vertreter der sächsischen Stahlindustrie, der Landespolitik und der IG Metall sind sich einig: Es besteht akuter Handlungsbedarf. Die Gründe: explodierende Energiekosten, hoher Konkurrenzdruck aus dem Ausland und eine rückläufige Auftragslage. So zeichnet sich das Bild auf der Pressekonferenz nach dem vierten sächsischen Stahlgipfel in Freital.

Auf dem Gelände der BGH Edelstahl GmbH tagten für mehrere Stunden Industrie und Politik. Das Ergebnis: ein Positionspapier mit der Forderung eines gedeckelten Industriestrompreises, Verlängerung der Strompreiskompensation und neue Handelsschutzmaßnahmen durch die Europäische Union.

Wirtschaftsminister Panter spielt den Ball nach Berlin und Brüssel

„Die Situation, die wir jetzt haben, ist in Teilen ein Handeln in Notwehr, um irgendwie die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie zu erhalten“, lauten die Worte des sächsischen Wirtschaftsministers Dirk Panter (SPD) gegenüber den Pressevertretern nach dem Stahlgipfel. Mit den Forderungen des in Freital beschlossenen Positionspapiers an Bund und EU ist der Ton des SPD-Ministers ähnlich dem des Beschlusses der Sozialdemokraten im Bundestag von voriger Woche.

Die SPD-Fraktion im Bund plant, die deutsche Stahlindustrie notfalls auch durch Staatsbeteiligung zu schützen. Eine mögliche „Verstaatlichung“ einzelner großer Unternehmen sei zwar Ultima Ration, so der Wortlaut im Beschluss, jedoch möglich, wenn alle Maßnahmen ausgeschöpft seien.

Die Situation, die wir jetzt haben, ist in Teilen ein Handeln in Notwehr, um irgendwie die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie zu erhalten. – Dirk Panter (SPD), sächsischer Wirtschaftsminister

Die sächsische Stahlindustrie kämpfe, genau wie der Rest der Branche in Deutschland, mit ähnlichen Problemen. So sei der Hauptadressat momentan der Bund, damit aus langen Gesprächen wie diesen endlich Ergebnisse entstehen, so Panter weiter.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte bereits vor einigen Wochen einen Bundes-Stahlgipfel für Mitte November angekündigt.

Das Hauptproblem ist der Industriestrompreis

Was die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie hauptsächlich einschränkt, sind die aufgrund der Energiekrise stetig steigenden Industriestrompreise. So benötigt das Unternehmen BGH Edelstahl Freital allein für seine Schmelzprozesse täglich rund 300.000 kWh Strom. Das entspricht dem Jahresverbrauch von knapp 120 vierköpfigen deutschen Familienhaushalten.

Der Industriestrompreis für energieintensive Unternehmen wie das Freitaler Edelstahlwerk lag laut Bundesnetzagentur im September dieses Jahres bei rund zehn Cent die Kilowattstunde – eine faktische Verdopplung der Preise im Vergleich zum Zeitraum vor der Energiekrise. Die Abschaffung der EEG-Umlage aus dem Jahr 2021 und ein stetiger Anstieg der Beschaffungskosten am Strommarkt verschärfen die aktuelle Situation für die sächsischen Stahlunternehmen zudem.

Der Druck steigt, auch in Sachsen

Neben den hohen Energiekosten stehen an diesem Nachmittag jedoch auch noch andere Forderungen im Raum. Die mehrheitlich rückläufige Auftragslage der sächsischen Stahlindustrie lässt sich nicht nur auf die Energiekrise zurückführen. Eine schwierige Wettbewerbslage ergibt sich auch durch die Überkapazität zu Dumpingpreisen aus dem Nicht-EU-Ausland, so ein Auszug der Pressemitteilung. Wirtschaftsminister Panter möchte daher das von der EU-Kommission vorgeschlagene Zollkontingentsystem zeitnah umgesetzt sehen.

Für Unternehmen wie BGH Edelstahl in Freital müssen zeitnah Verbesserungen einsetzen, so Geschäftsführer Dr. Alexander Grosse auf Rückfrage der Sächsischen Zeitung. „Wenn sich die Situation nicht ändert, kommt es auch in Freital zu Kosteneinschneidungen, und schlussendlich wird sich das am Ende der Folgekette auch auf unsere Personalbesetzung auswirken“, erklärt Geschäftsführer Grosse. Allein in Freital sind 700 Arbeitnehmer beschäftigt, was es zum größten Unternehmen der osterzgebirgischen Stadt macht.

SZ

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