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Jeder kann Roboter programmieren

Diese Gründer aus Sachsen machen es möglich. Dafür wurde das junge Unternehmen Wandelbots zum Start-up des Jahres gekürt.

Lesedauer: 3 Minuten

Wer von Ihnen kann Industrieroboter programmieren?“ Auf die Frage von Christian Piechnick hoben sich zwei Hände. Nach drei Minuten schließt der Gründer seine Präsentation mit den Worten: „Wenn wir uns hier in zehn Jahren wiedersehen, können Sie alle Industrieroboter steuern.“ 

Wie er und seine sechs Mitgründer von Wandelbots das schaffen wollen, das hat das Publikum der Gala „Sachsens Unternehmer des Jahres“ überzeugt. Wandelbots gewann den Pitch und wurde an dem Abend zum Start-up des Jahres gekürt.

Was hat die Gala-Gäste so begeistert? Das Dresdner Start-up hat eine Technologie entwickelt, die es jedem Menschen ermöglicht, mithilfe intelligenter Kleidung Roboter zu programmieren. In Jacken und Handschuhe werden Sensoren eingenäht, die menschliche Bewegungen in Echtzeit erfassen und diese auf die Roboterbewegung übertragen. Auf diese Weise sind technische Laien in der Lage, Roboter mehrmals durch eine Aufgabe zu führen. Die dabei entstehenden Daten werden gesammelt und analysiert.

Die Wandelbots-Software nutzt verschiedene Techniken des maschinellen Lernens, um Automatisierungsskripte zu erstellen. So kann die Automatisierung von Roboteranwendungen bis zu 20-mal schneller und 10-mal kostengünstiger erfolgen. Als die Gründer das erstmalig auf der Hannover-Messe 2016 präsentierten, fuhren sie mit einem ganzen Stapel von Visitenkarten nach Hause. Sie hatten den Nerv vieler Unternehmer getroffen, hilft ihre Software doch dabei, die Herausforderungen der Industrie 4.0-Ära zu bewältigen. Bisher muss jede einzelne Anwendung eines Roboters von erfahrenen Programmierern manuell in seine Steuerungssoftware einprogrammiert werden. Jedes Mal, wenn sich eine Aufgabe ändert, muss die Software angepasst werden. Das ist extrem zeitaufwendig und teuer. Bisher können sich daher nur Konzerne und große Mittelständler den Einsatz von Robotern leisten. Mit der Technologie von Wandelbots ist das nun auch für kleinere Firmen möglich. Die Dresdner treiben also die Demokratisierung der Robotik voran.

Dabei hatten Christian Piechnick, Georg Püschel, Maria Piechnick, Sebastian Werner und Jan Falkenberg – alles Doktoranden an der Informatikfakultät der TU Dresden – ursprünglich gar nicht vor, eine Firma zu gründen. Sie suchten vielmehr nach einem Weg, zu erklären, was sie eigentlich machen. „Wir beschäftigten uns mit Softwarearchitektur. Doch das versteht kaum jemand in der Öffentlichkeit. Deshalb begannen wir, mit Robotern zu experimentieren“, erzählt Georg Püschel, Technik-Chef und Geschäftsführer. Für einen Innovationswettbewerb des Roboterherstellers Kuka überlegten sie, was sie zeigen könnten. Und da sich Maria Piechnick schon länger mit intelligenter Kleidung beschäftigte, entstand die Idee zu zeigen, wie man mit einer Sensor-Jacke Roboter intuitiv steuern kann.

Das schlug ein, auch bei den Investoren. Sechs Millionen Euro Risikokapital sammelte Wandelbots in der ersten Finanzierungsrunde ein. Wie schafft man das als Start-up aus Sachsen? „Mit einem breiten Netzwerk und Demonstratoren“, sagt Püschel und lacht. Der 34-jährige ist wie seine Gründerkollegen stets unterwegs auf Messen und Konferenzen, um mit Demonstratoren Sichtbarkeit zu erzeugen. So wurde auch Volkswagen aufmerksam. Die Wandelbots-Technologie ist jetzt auch in der Gläsernen Manufaktur im Einsatz und bald im Zwickauer Werk. Kürzlich schlüpfte sogar Vorstandschef Herbert Diess in eine Sensorjacke.

„In Sachsen gibt es zwar wenig Investoren, aber ein sehr gutes Netzwerk. Deshalb wollen wir unbedingt hier bleiben“, beteuert Püschel. Und viele der Netzwerkmitglieder kamen am Freitag zur großen Einweihungsparty für den neuen Firmensitz. Wandelbots ist mit seiner derzeit 40-köpfigen Mannschaft in eine mondäne Gründerzeitvilla am Großen Garten gezogen. „So eine Villa können sich Gründer in Frankfurt am Main und München nicht leisten. Aber ihr sollt das tun und wir unterstützen euch, wo wir es können“, versprach Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer in einer Grußrede. Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert nickte zustimmend. Wandelbots ist in der sächsischen Gründerszene die größte Erfolgsstory der letzten zehn Jahre. Forbes hat eine Liste von 30 vielversprechenden Start-ups aus dem Bereich Künstliche Intelligenz aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengestellt. Wandelbots steht auf Platz 4.

„Doch es geht uns nicht darum, viele Wettbewerbe zu gewinnen oder auf Rankings weit oben zu landen, sondern wir wollen ein stabiles Geschäft aufbauen“, stellt Püschel zum Schluss klar.

 

Von Nora Miethke

Foto: © Robert Michael

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