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Kampf um Vorherrschaft: Aldi expandiert in Leipzig – und mischt den Lebensmittelhandel auf

Leipzig wird zum Zentrum eines knallharten Wettbewerbs im Lebensmitteleinzelhandel. Aldi expandiert in der Messestadt offensiv – und greift nach der Vorherrschaft. Der Druck auf die Konkurrenz wächst. Was bedeutet das für Kunden?

Lesedauer: 5 Minuten

Florian Reinke

Leipzig. Wer wissen will, wie ein Aldi-Markt der Zukunft aussieht, sollte ein Gebäude betreten, das vielen in Leipzig noch als Steinbruch bekannt ist. So hieß die einstige Modeboutique in der Grimmaischen Straße, doch inzwischen erinnert nichts mehr daran, dass hier mal Jeans und T-Shirts verkauft wurden: Der Handelsriese Aldi Nord hat die Ladenfläche übernommen und in einen neuen Markt verwandelt.

Braune Holzverkleidungen an den Wänden, ein helles Lichtkonzept und großflächige Bilder im Eingangsbereich: Der neue Aldi präsentiert sich modern und aufgeräumt. „Der Markt ist mittlerweile über ein Jahr alt, und er sieht immer noch aus, als wäre er gerade erst eröffnet worden“, schwärmt Marco Krahl, Leiter Immobilien und Expansion für den Raum Leipzig.

Aldi-Markt in der Leipziger City: „Vor zehn Jahren hätten wir diese zentrale Lage gar nicht in Betracht gezogen“
Aldi-Markt in der Leipziger City: „Vor zehn Jahren hätten wir diese zentrale Lage gar nicht in Betracht gezogen“
Quelle: Dirk Knofe

Aldi expandiert in Leipzig

Die Filiale in der Grimmaischen Straße steht sinnbildlich für die ehrgeizigen Pläne des Handelsgiganten. In Leipzig und Umgebung verfolgt Aldi Nord eine umfassende Expansionsstrategie: Bis Ende 2025 soll die Verkaufsfläche um mehr als 65 Prozent im Vergleich zu 2022 anwachsen. Von bereits 13 erfolgreichen Neueröffnungen zwischen Frühjahr 2023 und Ende 2024 ist die Rede – und es sollen weitere folgen.

Diese Entwicklung hat spürbare Auswirkungen: Für Kundinnen und Kunden, die in Leipzigs Supermärkten Lebensmittel kaufen. Und für die Branche, die härter denn je um Kunden kämpft.

Sechs Erweiterungen in diesem Jahr geplant

Allein in diesem Jahr, kündigt Krahl an, will Aldi in Leipzig sechs Märkte erweitern und zwei neue Standorte realisieren. Darunter sei die Wiedereröffnung im März an der Eisenbahnstraße und ein neuer Standort am Ostplatz. Im vergangenen Jahr eröffneten bereits Märkte in der Holzhäuser Straße und im Jupiter-Center in Grünau neu, der Markt in der Delitzscher Straße wurde erweitert.

Auch das Umland hat Aldi auf dem Radar: In Markkleeberg etwa wird ein alter Markt durch einen neuen ersetzt. „Unser Ziel ist es, bestehende Standorte zu revitalisieren sowie alte Standorte abzureißen und neu zu bauen“, sagt Marco Krahl.

Filiale von Aldi in der Grimmaischen Straße: Der Discounter-Riese will in Leipzig weitere Standorte neu eröffnen.
Filiale von Aldi in der Grimmaischen Straße: Der Discounter-Riese will in Leipzig weitere Standorte neu eröffnen.
Quelle: Dirk Knofe

Warum das Unternehmen auch die City auf dem Schirm hat

Dass Aldi nun auch zentrale Innenstadtlagen ins Visier nimmt, zeigt den Wandel in der Branche. Noch vor einem Jahrzehnt wäre eine Filiale in solch einer Top-Lage undenkbar gewesen. „Vor zehn Jahren hätten wir diese zentrale Lage gar nicht in Betracht gezogen“, gibt auch Marco Krahl zu.

Seit der Hochinflationsphase seit Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine schauen viele Verbraucher noch stärker auf die Kosten beim Lebensmittelkauf. – Erik Maier

Inhaber des Lehrstuhls für Marketing und Handel an der HHL Leipzig Graduate School of Management

Doch das veränderte Konsumverhalten macht solche Standorte attraktiv: Discount-Einkäufe sind längst gesellschaftlich akzeptiert, und viele Menschen möchten ihre Einkäufe möglichst nah an ihrem Wohn- oder Arbeitsort erledigen.

In diesem Umfeld wittert Aldi Nord seine Chance. Einen vergleichbaren Expansionskurs gibt es laut Krahl in keiner anderen deutschen Großstadt. Im Stadtgebiet zählt Aldi bisher 31 Filialen.

Bedeutung der Discounter wächst

Mit seinem Wachstumskurs verschärft Aldi den Konkurrenzkampf im Lebensmittelhandel in Leipzig weiter. „Der Marktanteil der Discounter nimmt seit Jahren leicht, aber stetig zu. Wir liegen derzeit bei knapp 40 Prozent des Lebensmittelmarktes“, sagt Erik Maier, Lehrstuhlinhaber für Marketing und Handel an der Leipziger HHL.

Das Segment präge den deutschen Lebensmittelhandel schon lange – Maier spricht von der „Aldi-Mentalität“. „Seit der Hochinflationsphase seit Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine schauen viele Verbraucher aber noch stärker auf die Kosten beim Lebensmittelkauf. Das hilft Discountern, die als günstig wahrgenommen werden.“

Konsum Leipzig sieht sich gewappnet

Den Kurs von Aldi beobachtet die Konkurrenz im Lebensmittelhandel genau. Bei Konsum Leipzig sieht man sich aber gut gerüstet. „Ich sage immer: In jedem Konsum steckt auch ein Discounter“, erklärt Konsum-Vorstand Michael Faupel. Was er damit meint: Konsum decke den Preiseinstiegsbereich mit Gut&Günstig stark ab.

Das kommt Konsum in diesen Zeiten gelegen. Denn Eigenmarken sind immer populärer geworden. Auch in regulären Supermärkten würden Verbraucher immer mehr zu Eigenmarken greifen, sagt Experte Maier.

Die Leipziger Konsum-Vorstände Dirk Thärichen und Michael Faupel (r.).
Die Leipziger Konsum-Vorstände Dirk Thärichen und Michael Faupel (r.).
Quelle: André Kempner

Genossenschaft will 20 Filialen sanieren

Statt auf eine große Expansion setzt die Genossenschaft auf Modernisierung. „Konsum Leipzig muss in den kommenden fünf Jahren gut 20 Filialen komplett sanieren“, sagt Faupel. Neue Kühlanlagen müssten verbaut werden, zugleich wird energetisch aufgerüstet.

„Wir können davon ausgehen, dass wir in den kommenden Jahren 15 Millionen Euro investieren müssen – für uns ist das viel Geld.“ In den vergangenen zehn Jahren ist das Konsum-Netz aber ordentlich gewachsen – laut Faupel eröffneten in der Zeit etwa 25 neue Filialen.

Discounter Lidl und Netto äußern sich nicht zu Plänen

Und was tut die restliche Konkurrenz? Fest steht: Leipzig bietet für die Handelsriesen ein vielversprechendes Terrain: Die Bevölkerung in der Messestadt nimmt weiter zu – und will freilich versorgt werden.

Die zweite große Discounter-Kette Lidl hält sich auf Nachfrage allerdings bedeckt. Man könne zum „jetzigen Zeitpunkt keine Angaben zu konkreten Baumaßnahmen machen“, heißt es. Nach einer LVZ-Auswertung kommt Lidl in Leipzig derzeit auf gut 15 Filialen. Auch Netto Marken-Discount äußert sich nicht.

Für den Neubau des Rewe in Markranstädt wünscht sich das Unternehmen ein energieeffizientes „Green Building“.
Für den Neubau des Rewe in Markranstädt wünscht sich das Unternehmen ein energieeffizientes „Green Building“.
Quelle: REWE Group

Rewe in Leipzig und Umland auf Wachstumskurs

Unter den klassischen Supermärkten ist Rewe besonders aktiv. In Leipzig investiert das Unternehmen derzeit in einen größeren und moderneren Supermarkt in der Mockauer Straße, und auch im Umland gibt es Pläne: In Markranstädt (Leipziger Straße), Delitzsch (Eisenbahnstraße) und Bad Düben (Dommitzscher Straße) sollen im Laufe des Jahres Bagger anrollen, verlautet aus der Zweigniederlassung Ost im brandenburgischen Teltow.

Ein modernisierter Rewe-Markt soll zudem im dritten Quartal in Schkeuditz eröffnen. In Taucha entsteht ein Neubau, der im kommenden Jahr fertig sein soll.

Aldi will in Messestadt „auf Platz eins“

Edeka plant hingegen keine Neueröffnungen oder größeren Umbauten in und um Leipzig. Investitionen selbstständiger Kaufleute seien aber möglich, heißt es von Edeka.

Die Aktivitäten von Aldi dürften die Unternehmen derweil weiterhin beobachten. Was Expansionsmanager Krahl als Ziel ausgibt, ist eine Kampfansage: „So wie Fußballclubs Meister werden wollen, wollen wir auch in Leipzig auf Platz eins sein. Die Expansion ist dabei ein zentraler Baustein.“

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