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Kohle-Ausstieg: „Zehn Unternehmen mit je 500 Stellen sind nötig“

Rietschens Bürgermeister sieht im Zwischenbericht der Kohlekommission eine gute Analyse , die Regionalpolitiker wünschen sich aber Konkretes zu neuen Jobs.

Lesedauer: 2 Minuten

Rietschens Bürgermeister Ralf Brehmer sieht im Zwischenbericht der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ eine gute Analyse der Situation in der Lausitz. „Die Probleme, die wir durch den Ausstieg aus der Kohle bekommen, sind gut dargestellt“, sagt der Kommunalpolitiker. Für ihn interessant war die Erkenntnis, dass der Osten derzeit nur 73,2 Prozent der Wirtschaftskraft des Westens erreicht. „Hier überlagern sich zwei Probleme“, so Ralf Brehmer.

Er gehört zur Lausitzrunde, ein Zusammenschluss von Städten, Gemeinden und Landkreisen, die gemeinsam den Strukturwandel im Braunkohlerevier mitgestalten und sich bei Bund und Ländern Gehör verschaffen wollen. Einer der beiden Sprecher, Sprembergs Bürgermeisterin Christine Herntier, ist Mitglied der sogenannten Kohlekommission. Die soll im Auftrag des Bundes Vorschläge für die Gestaltung des Ausstiegs aus der Kohleverstromung erarbeiten. Die Kommission hatte kürzlich ein erstes Papier vorgelegt.

Lösung biete das aber nur teilweise, meint Bürgermeister Brehmer. So werde zwar der sechsspurige Ausbau der Autobahn 13 zwischen Cottbus und Berlin vorgeschlagen, die stark befahrene A 4 werde aber nicht erwähnt. Die Vergrößerung der Strecke sei sehr teuer, aber wichtig. Außerdem werde der Neubau der Bundesstraße 178 von der A 4 bis zu A 15 nicht genannt. Ralf Brehmer begrüßt, dass die Kommission im Bereich Schiene den Ausbau und die Elektrifizierung als sehr wichtig einstuft. Die Lausitzrunde fordere aber einen Sonderverkehrswegeplan für die Braunkohlereviere. Durch den sollten alle Projekte in den Regionen, die im Bundesplan stehen, umgesetzt werden. Egal, ob sie in den potenziellen oder in den vordringlichen Bedarf eingeordnet sind. Am Dienstag hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer einen aktualisierten Plan vorgestellt. Die Strecken Görlitz – Cottbus, Dresden – Görlitz– polnische Grenze und Cottbus – Forst – polnische Grenze erfüllen demnach „derzeit nicht die Kriterien“ für den Ausbau. Verwiesen wird auf ein neues Elektrifizierungsprogramm des Bundes.

Ralf Brehmer fehlt im Kommissionspapier die Benennung von Boxberg als industriellem Standort in Sachsen. Auch zur Ansiedlung von Bundesbehörden in der Region wünscht er sich konkretere Aussagen. Die wird im Papier lediglich vorgeschlagen. Bei der Auswahl für Niederlassungsregionen sollten Braunkohlegebiete Zusatzpunkte bekommen, es sollte eine Vorrangprüfung geben. Die Ansiedlung von Unternehmen müsse eine klare Zielstellung von Bund und Ländern sein. Man brauche mindestens zehn Betriebe mit je 500 Stellen. Dafür sei es nötig, proaktiv zu werben und tätig zu werden, zum Beispiel durch den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur.

Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) hat als Reaktion auf den Kommissionsbericht „Zehn Thesen zum Strukturwandel in der Lausitz“ veröffentlicht. Darin fordert die Gewerkschaft unter anderem die Gründung einer Zukunftsstiftung Lausitz. Es sollte für die Region eine „inspirierende Investment-Story“ geben, um Investoren anzulocken. Zudem könne das Gebiet zu einer „Sonderwirtschaftszone neuen Typs ausgestaltet werden“ und es sollte zur „Schlüsselregion für Leuchtturmprojekte der deutsch-polnisch-tschechischen Wirtschaftskooperation“ werden. Von Brandenburgs Bündnisgrünen kommt grundsätzlich ein Lob dafür, dass die Kommission sich überhaupt auf einen Zwischenbericht einigen konnte. Der Lackmustest stehe aber noch bevor, glaubt die Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion Heide Schinowsky. In den kommenden zwei Monaten müsse sie einen Ausstiegspfad für die Kohle beschreiben – das sei die weitaus schwierigere Aufgabe, an der ihr Erfolg gemessen werde. „Zudem müssen die Ergebnisse im Bereich Strukturwandel noch konkretisiert werden. Dazu zählen ein Verteilerschlüssel für die Gelder und die Klärung von Zuständigkeiten“, so Heide Schinowsky.

Deutliche Kritik kommt von den Freien Demokraten (FDP) in der Region. In einem gemeinsamen Statement der vier Vorsitzenden der FDP-Kreisverbände Lausitz, Oberspreewald-Lausitz, Bautzen und Görlitz, Felix Sicker, Torsten Lauterbach, Mike Hauschild und Christine Schlagehan, heißt es, das Papier sei zu unkonkret. Sie fordern, jetzt noch kein Datum für das Kohle-Aus festzulegen. Zunächst sollten wirtschaftliche Perspektiven geschaffen werden.

 

Von Irmela Hennig

Foto: © A. Schulze

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