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Landwirte in der Lommatzscher Pflege suchen das Getreide von Morgen

Auf einem Feld in Salbitz stehen die Getreidesorten der Zukunft. Sie sollen nicht nur mit Trockenheit besser klarkommen.

Lesedauer: 3 Minuten

Das Bild zeigt eine Maschiene beim Ernten.
Ernte auf einem Feld bei Kreinitz im Landkreis Meißen. In der Region rechts der Elbe sind fehlende Niederschläge schon jetzt ein großes Thema. © Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Salbitz. Sie heißen Julia, Esprit oder Tributo. Dicht an dicht reihen sich die Ähren von Gerste und Weizen. Doch statt einer durchgängigen Fläche steht das Getreide hier sauber parzelliert. Kurz hinter der Grenze zwischen den Landkreisen Meißen und Mittelsachsen stehen die Versuchsfelder des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. In Viererreihen wechseln hier die Sorten durch, die auf ihre Eignung getestet werden.

Es ist Feldtag, die Mitarbeiter präsentieren heute erste Ergebnisse der Feldversuche. Gesucht wird, salopp gesprochen, das Saatgut der Zukunft. Keine leichte Aufgabe, denn die Anforderungen an das Getreide steigen. Gefragt seien robuste Sorten, erklärt Martin Sacher, beim Landesamt zuständig für Sortenwesen und Saatenanerkennung. Es fallen Begriffe wie Ähren- und Halmknicken, es ist die Rede vom Gelbverzwergungsvirus, von Proteingehalten und Mycotoxin.

Große Betriebe im Vorteil

Ehe das Getreide überhaupt auf den Acker bei Salbitz kam, hat es einen jahrelangen Prozess durchlaufen. Die Landessortenversuche sind ein letzter Schritt. Hier wird geprüft, was sich regional für den Anbau eignet. Die Sorten haben dann zumindest schon die Zulassung durch das Bundessortenamt bekommen. 15 Jahre könnten insgesamt vergehen, bis eine Neuzüchtung auf den Markt kommt, sagt Martin Sacher. Entsprechend schwierig ist die Sache für die Züchter, die nahende Probleme für den Landwirt erkennen müssen.

Davon gibt es reichlich, und der Klimawandel ist nur eines. Nachdem im März noch überdurchschnittlich viel Regen gefallen war, lagen die Niederschlagsmengen im Mai wieder deutlich unter dem langjährigen Mittel. Drei statt knapp 57 Millimeter Regen, von „homöopathischen Dosen“ ist da die Rede. In Salbitz kommen die Sorten ganz gut damit klar, der gute Lößboden kann das Wasser gut halten. In sandigeren Anbaugebieten sieht das anders aus. Profitieren könnten von den sich ändernden Bedingungen die Landwirte im Gebirge. Dort regnet es nun öfter, es könnten ertragreichere Maissorten angebaut werden.

Die teils sehr milden Wintertemperaturen können dem Getreide aber ebenfalls zu schaffen machen. „Die Pflanzen können dann keine Winterhärte entwickeln“, erklärt Referatsleiterin Beatrix Trapp. Kommt dann plötzlich doch noch ein Frosttag, verkraften sie das nicht – und sterben ab.

Auch die Saatzeiten verschieben sich. Auf dem Versuchsfeld hatte im vergangenen Jahr eine verspätet ausgesäte Fläche den gleichen Ertrag gebracht, wie die zeitigere. Die milden Temperaturen und gleichzeitig günstigeren Niederschläge machten es möglich. Wird das Wetter unberechenbarer, dann muss der Landwirt die Sorten und damit das Risiko streuen. Die großen Betriebe sind da im Vorteil, sagt Landwirt Wolfgang Grübler. Wer kleine Flächen bewirtschafte, der werde das eher nicht mit drei Sorten tun.

Schädlingsbekämpfung ohne Gift

Robust müssen die neuen Sorten nicht nur wegen des Wetters, sondern auch in Bezug auf Schädlinge sein. Die Wühlmaus ist es in diesem Jahr voraussichtlich nicht, die Population sei niedrig. Aber es kommen neue Krankheiten und Schädlinge in die Lommatzscher Pflege. Käfer wie der Maiswurzelbohrer beispielsweise. Oder der Ackerfuchsschwanz, eine sich rasch ausbreitende Grassorte. Die fachkundigen Besucher gehen ein paar Schritte ins Versuchsfeld hinein, schieben dann die Ähren beiseite – und schauen dann, ob sich an Blättern oder Stängeln Krankheitssymptome zeigen.

Die Landwirtschaft müsse nach jeder Stellschraube suchen, sagt Klaus Wallrabe, im Landesamt Bereichsleiter für Fragen der Landwirtschaft. Wallrabe weiß auch, dass die Umweltbedingungen nur eine Seite der Medaille sind. Denn neben den Rahmenbedingungen, die die Natur vorgibt, sind da eben noch die menschengemachten: Marktpreise, Ernährungsgewohnheiten – und nicht zuletzt Gesetze. Auf dem Testfeld in Salbitz werden die mittleren beiden der vier Blöcke deshalb unbehandelt gelassen. Man wolle zeigen, wie gesund die Sorten ohne den Einsatz von Fungiziden sein können. Es lasse sich da einiges erreichen, erklärt Beatrix Trapp. Andernorts werde bereits erprobt, wie sich Schlupfwespen zur Schädlingsbekämpfung einsetzen lassen.

Wolfgang Grübler lobt den Feldtag als eine gute Möglichkeit, sich auszutauschen – auch über die Möglichkeiten, beispielsweise bei Herbiziden zu sparen. „Ich bin froh, dass wir euch haben“, sagt er zu Klaus Wallrabe und seinen Kollegen. Aber so richtig glücklich ist er eben nicht mit diesen Rahmenbedingungen. „Wir werden manchmal hingestellt wie Verbrecher“, sagt Grübler. Dabei sei es ja auch in seinem Interesse, bei Dünger und Giftstoff zu sparen. Aber teils passten eben die gesetzlichen Vorgaben und die Realität nicht zueinander.

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