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Leipziger Messe zieht ihr Doppel-M auseinander – und sich warm an

Der Wettbewerb in der Branche wird immer schärfer. Die Sachsen begegnen dem mit Investitionen in Portfolio, Digitalisierung und Infrastruktur.

Lesedauer: 3 Minuten

Leipzigs Messemacher waren nie verlegen, wenn es um Geschäftszahlen ging. Spätestens Anfang Dezember stand fest, was voraussichtlich in der Jahresbilanz stehen wird: ein dickes Plus zum Vorjahr oder – wegen meist zweijähriger Veranstaltungsrhythmen – zum Vorvorjahr. Auch der Rekord von 2016, als der Konzern an der 100-Millionen-Euro-Marke kratzte, war bereits am Nikolaustag verkündet worden.

In diesem Jahr tun sich die Chefs schwerer. "Wir liegen über Plan", sagen sie, mehr nicht. Der Jahresumsatz lasse sich nicht abschätzen, da es noch einige Großveranstaltungen gebe, heißt es. Dabei sind die Termine bis Jahresende überschaubar: Fachausstellung New Energy World, Kongress der Notfallmediziner, CDU-Landesparteitag, Musicalabend, Rassegeflügelausstellung, Tanzschulenball, Silvesterkonzert. Am Ende wird wohl der Vorjahresumsatz von gut 87 Millionen Euro getoppt, doch von den 97,3 Millionen des vergleichbaren Messejahres 2016 ist das Schaufenster Ostdeutschlands weit entfernt, heißt es aus Unternehmenskreisen.

Die Zeiten für Messeveranstalter werden rauer. Das musste selbst die Deutsche Messe in Hannover erfahren. Der Flächenprimus der Messeplätze im Land hat am Mittwoch die "Cebit", einst weltgrößte Computerschau, beerdigt. Das kennen auch die Leipziger. Sie hatten im Frühjahr ihre Abfallschau "Terratec" entsorgt und Jahre zuvor schon ihre Automesse.

"Angesichts rückläufiger Flächenbuchungen" sei das Veranstaltungsportfolio "bereinigt" worden, hieß es aus Hannover. Die Digitalthemen würden auf Hannover Messe und Fachveranstaltungen verlagert. Andere Standorte stecken Geld in Bausubstanz und Technik, Frankfurt/Main im Rahmen eines Masterplans eine Milliarde Euro.

Auch die Leipziger planen in den nächsten fünf Jahren strategische Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe in Portfolio, Digitalisierung, Infrastruktur – und zuerst in ein Erscheinungsbild, das die neue Dachmarkenstrategie sichtbar machen soll. "Wir ziehen unser Logo etwas auseinander und befreien das Doppel-M von Enge", beschreibt Geschäftsführer Martin Buhl-Wagner den Marken-Relaunch. Der Schriftzug erinnert an die Mustermessen, die in Leipzig entwickelt wurden.

Heute dominieren Spezial- und Publikumsveranstaltungen sowie Kongresse den Standort. Seine Organisatoren scheuen sich nicht, auch anderswo aufzutreten – etwa auf 42 Gemeinschaftsbeteiligungen in 16 Ländern – und Netzwerke zu stricken.

Für den Ausbau des Portfolios stünden kürzlich die Premiere der "BGMpro", einer Fachmesse mit Kongress für betriebliches Gesundheitsmanagement, sowie die Musikinstrumentenmesse "musicpark" im November 2019, sagt Geschäftsführer Markus Geisenberger. Leipziger Konzepte würden für andere Standorte adaptiert und realisiert – so die nationale Leitmesse "Therapie" in Bochum und bald in Hamburg, die BGMpro in Köln sowie international die "CosmeticBusiness" in Warschau und die "Denkmal"-Familie in Moskau und Schanghai. 60 Prozent der Eigenveranstaltungen seien in den vergangenen zehn Jahren entstanden, so der Messechef. Im Gegenzug organisierten andere Veranstaltungen in Leipzig, so die Stuttgarter Messe die Touristik & Caravaning, eine Art ITB des Ostens.

Für Leipzigs Messemacher ist Digitalisierung ein zentrales Thema. "Da wird immer viel problematisiert, aber wir wollen die Chancen nutzen und haben dazu eine Abteilung gebildet", sagt Markus Geisenberger. Die Leipziger verfügen nach seinen Angaben über den modernsten Ticketshop der Branche, ihr Messegelände ist seit Kurzem in 3-D-Perspektive virtuell begehbar und das Parkleitsystem demnächst digitalisiert. "Wir haben die festen PCs abgeschafft und unsere rund 390 Mitarbeiter mit Tablets als Wissenspeicher ausgestattet", sagt Martin Buhl-Wagner. Das befördere das mobile Arbeiten, aber "ausdrücklich nicht das Home Office daheim", betont er. Nur zum Jahresende regiert – zum zweiten Mal und zur Freude des Führungsduos – Chaos. Der gleichnamige Computerclub veranstaltet im CCL einen Kongress.

Ungeachtet des härteren Wettbewerbs gehen die Leipziger optimistisch ins neue Jahr – ein ungerades mit mehr Industrie- und Fachveranstaltungen wie dem Doppel "Intec" und "Z" im Februar. Weitere Highlights im laut Buhl-Wagner "knackigen ersten Halbjahr" sind die Buchmesse im März und zuvor die Mitteldeutsche Handwerksmesse mit Vietnam als Partnerland sowie der Gamer-Treff "Dreamhack", dessen Altersgrenze auf zwölf Jahre gesenkt wurde.

Bei aller Veränderung: Das legendäre Doppel-M an der Alten Messe und das gut acht Meter hohe Logo auf einem Hochhaus am Hauptbahnhof müssen nichts befürchten. Sie stehen unter Denkmalschutz.

 

Von Michael Rothe

Foto: Leipziger Messe

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