Suche
Suche

Lohnt sich Arbeit im Kreis Görlitz noch?

18.900 Bürgergeld-Empfänger gibt es im Kreis Görlitz, davon 4.600 Langzeitarbeitslose. Wie das Jobcenter diese mit Anreizen und Strafen in Arbeit bringen will.

Lesedauer: 4 Minuten

Eingang zum Görlitzer Jobcenter © SZ-Archiv
Eingang zum Görlitzer Jobcenter © SZ-Archiv

Von Marc Hörcher

Die Arbeitslosigkeit im Landkreis Görlitz ist im Januar deutlich angestiegen. Sie lag zuletzt bei 9,4 Prozent und hat damit erstmals seit Januar 2019 wieder eine neun vor dem Komma. Eine hohe Arbeitslosenquote im Januar ist zwar auch saisonbedingt, dennoch treibt der Fachkräftemangel fast jede Branche von Gastronomie bis Handwerk um. Dass Anfang Januar das Bürgergeld deutlich erhöht wurde, gefällt in diesem Kontext nicht jedem. Viele Branchen beklagen den Fachkräftemangel, vom Bäcker über den Fleischer bis hin zum Steinmetz. Der Chef einer lokalen Bäckerei sprach sich kürzlich im SZ-Interview für den Grundsatz „Keine Leistung ohne Arbeit“ aus, die Geschäftsführerin einer Handwerker-Firma beklagte die zum Teil unrealistischen Anforderungen mancher Neubewerber. Aber stimmt das gerne verbreitete Klischee, dass Empfänger von Bürgergeld „zu faul zum Arbeiten“ sind?

Kevin Schlei, Pressesprecher des Landkreises Görlitz, antwortet für das Jobcenter auf diese Frage: „Eine solche Pauschalverurteilung wäre falsch und ungerecht. Die Empfänger von Bürgergeld als Gesamtheit gibt es nicht. Jeder und jede Einzelne, der vom Jobcenter Leistungen bezieht, hat seine eigenen Vorstellungen und Ziele und so unterschiedlich wie diese sind, so unterschiedlich ist auch die individuelle Motivation zur Arbeit.“ In einigen Fällen arbeite das Jobcenter mit seinen Leistungsempfängern tatsächlich an der Arbeitsmotivation, aber das seien „längst nicht die meisten“. Gesundheitliche Leistungsfähigkeit, eingeschränkte Mobilität oder mangelnde Qualifikation könnten ebenfalls Gründe sein, warum jemand auf Bürgergeld angewiesen ist. Insgesamt bezogen im Januar rund 18.900 Menschen Bürgergeld im Landkreis Görlitz. Davon gelten rund 13.600 als erwerbsfähig, könnten also täglich mehr als drei Stunden arbeiten. Darin enthalten sind diejenigen, die auch tatsächlich einer Erwerbstätigkeit nachgehen und ihr Erwerbseinkommen durch Bürgergeld aufstocken müssen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Nicht jeder Bürgergeldempfänger ist arbeitslos.

Wirklich arbeitslos, also entweder gar nicht erwerbstätig oder mit einer wöchentlichen Arbeitszeit unter 15 Stunden beschäftigt, sind von den 13.600 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Landkreis Görlitz 7.400. „Die Gründe, warum diese Menschen nicht arbeiten, sind wiederum individuell sehr unterschiedlich“, sagt Schlei.

Unter den Bürgergeld-Empfängern im Kreis Görlitz gibt es einen Kern von rund 4.600 Langzeitarbeitslosen. Diesen in den Arbeitsmarkt einzugliedern, gehört zur Kernaufgabe des Jobcenters. Aber gibt es überhaupt passende Arbeit für diese Gruppe? Die Frage stellt sich angesichts des Fachkräftemangels. Aus dem Jobcenter heißt es dazu: „Fachkräftestellen können wir aus dem Kreis der Langzeitarbeitslosen weiter nur selten bedienen. Oft sind die beruflichen Kenntnisse aufgrund der langen Arbeitslosigkeit nicht mehr aktuell oder entsprechende Abschlüsse wurden nie erworben.“ Inzwischen gebe es in der Oberlausitz aber einen aufnahmefähigen Arbeitsmarkt. „Wir haben bei uns auch im Bereich der Anlern- und Helferstellen in einigen Branchen Arbeitskräftenachfrage – diese Bereiche bilden einen Schwerpunkt unserer Vermittlungsbemühungen für den Personenkreis der langzeitarbeitslosen Menschen“, so der Pressesprecher. Die Behörde arbeite mit vielen Arbeitgebern zusammen, die bei den formalen Einstellungskriterien kompromissbereit seien und auch Unterstützungsleistungen des Jobcenters in Anspruch nehmen. So fänden sich auch für sehr lange arbeitslose Menschen Eingliederungsmöglichkeiten und am Ende für die Arbeitgeber neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Neues Gesetz setzt verstärkt auf Kooperation

Das Bürgergeldgesetz setzt verstärkt auf Kooperation mit den Leistungsberechtigten. Konkret bedeutet das: Mitarbeiter des Jobcenters entwickeln gemeinsam mit den Bürgergeld-Empfängern einen Kooperationsplan und setzen ihn um. „Motivation soll unter anderem dadurch entstehen, dass der Bürger seine eigenen Ideen in die Kooperation einbringen kann und soll“, sagt der Leiter des Jobcenters. Nach Erfahrung der Mitarbeiter könne Motivation vor allem dann geweckt werden, wenn das Jobcenter den Menschen ganz konkrete Beschäftigungsmöglichkeiten aufzeigen kann, vor Ort und vereinbar mit ihrer persönlichen Lebenssituation und ihrem Leistungsvermögen. „Ängste müssen genommen, eigene Stärken entdeckt werden. Das ist täglich Inhalt unserer Vermittlungsarbeit.“

Wirklich arbeitslos, also entweder gar nicht erwerbstätig oder mit einer wöchentlichen Arbeitszeit unter 15 Stunden beschäftigt, sind von den 13.600 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Landkreis Görlitz 7.400. „Die Gründe, warum diese Menschen nicht arbeiten, sind wiederum individuell sehr unterschiedlich“, sagt Schlei.

Unter den Bürgergeld-Empfängern im Kreis Görlitz gibt es einen Kern von rund 4.600 Langzeitarbeitslosen. Diesen in den Arbeitsmarkt einzugliedern, gehört zur Kernaufgabe des Jobcenters. Aber gibt es überhaupt passende Arbeit für diese Gruppe? Die Frage stellt sich angesichts des Fachkräftemangels. Aus dem Jobcenter heißt es dazu: „Fachkräftestellen können wir aus dem Kreis der Langzeitarbeitslosen weiter nur selten bedienen. Oft sind die beruflichen Kenntnisse aufgrund der langen Arbeitslosigkeit nicht mehr aktuell oder entsprechende Abschlüsse wurden nie erworben.“ Inzwischen gebe es in der Oberlausitz aber einen aufnahmefähigen Arbeitsmarkt. „Wir haben bei uns auch im Bereich der Anlern- und Helferstellen in einigen Branchen Arbeitskräftenachfrage – diese Bereiche bilden einen Schwerpunkt unserer Vermittlungsbemühungen für den Personenkreis der langzeitarbeitslosen Menschen“, so der Pressesprecher. Die Behörde arbeite mit vielen Arbeitgebern zusammen, die bei den formalen Einstellungskriterien kompromissbereit seien und auch Unterstützungsleistungen des Jobcenters in Anspruch nehmen. So fänden sich auch für sehr lange arbeitslose Menschen Eingliederungsmöglichkeiten und am Ende für die Arbeitgeber neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Neues Gesetz setzt verstärkt auf Kooperation

Das Bürgergeldgesetz setzt verstärkt auf Kooperation mit den Leistungsberechtigten. Konkret bedeutet das: Mitarbeiter des Jobcenters entwickeln gemeinsam mit den Bürgergeld-Empfängern einen Kooperationsplan und setzen ihn um. „Motivation soll unter anderem dadurch entstehen, dass der Bürger seine eigenen Ideen in die Kooperation einbringen kann und soll“, sagt der Leiter des Jobcenters. Nach Erfahrung der Mitarbeiter könne Motivation vor allem dann geweckt werden, wenn das Jobcenter den Menschen ganz konkrete Beschäftigungsmöglichkeiten aufzeigen kann, vor Ort und vereinbar mit ihrer persönlichen Lebenssituation und ihrem Leistungsvermögen. „Ängste müssen genommen, eigene Stärken entdeckt werden. Das ist täglich Inhalt unserer Vermittlungsarbeit.“

Die früher im System enthaltenen hohen Sanktionen gibt es so im Bürgergeldgesetz aktuell nicht mehr. Pflichtverletzungen haben aber weiter Leistungsminderungen zur Folge, zum Beispiel wenn der Leistungsempfänger Termine unentschuldigt versäumt oder zumutbare Arbeit ablehnt. Weniger Geld gibt es auch für diejenigen, die sich weigern, Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit anzutreten.

Mit der Erhöhung des Bürgergelds 2024 bekommen Alleinstehende 563 Euro und 14- bis 17-Jährige etwa 471 Euro pro Monat. Sind diese Beträge gerechtfertigt und lohnt es sich anhand dessen noch, arbeiten zu gehen? Grundsätzlich, sagt der Jobcenter-Chef auf diese Frage, habe der Bürgergeld-Empfänger damit weniger finanzielle Mittel zur Verfügung als jemand mit Erwerbseinkommen. Zur Wahrheit gehöre aber eben auch, dass der Abstand zwischen Bürgergeld und dem erzielbaren Entgelt in der Lausitz besonders niedrig ist. Das gelte besonders im Helferbereich. „Hier wird in der Region meist der Mindestlohn gezahlt“. Im Falle eines Minijobs sind das 538 Euro pro Monat. Bei einer 40-Stunden-Woche kommen Mindestlohn-Empfänger bei 2.000 Euro monatlich raus.

Update 19. Februar, 15.05 Uhr: Bei einer 40-Stunden-Woche bekommen Mindestlohn-Empfänger 2.000 Euro monatlich. Lediglich bei Minijobs beträgt die Obergrenze 538 Euro. In einer älteren Version dieses Artikels fehlte der Hinweis.

Das könnte Sie auch interessieren: