Hartha/Rheinmünster. Die Mitarbeiter der Firma MBW Metallveredelung Hartha GmbH & Co. KG sind verunsichert. Die Lohnzahlung für Dezember blieb bisher aus. Einige Mitarbeiter sprechen von einem Skandal. „Das Unternehmen zahlte seit dem Jahresende seinen Angestellten keine Löhne. Von der Firmenleitung gab es bisher keinerlei Rückmeldung an die Mitarbeiter. Dass ein vorläufiger Insolvenzantrag gestellt wurde, haben wir nur durch Zufall erfahren“, so die Information von Harthaer Mitarbeitern. Das hat sich am 3. Januar geändert, die Betroffen wurden informiert. Laut dem Pressereferenten Matthias Braun von der Kanzlei Schultze & Braun GmbH & Co. KG sind in Hartha 20 Mitarbeiter betroffen.
Er teilte auf Nachfrage mit, dass für die operativen und nicht-operativen Gesellschaften der MBW-Gruppe Insolvenzanträge gestellt worden sind. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte das Amtsgericht Baden-Baden Rechtsanwalt Dr. Dirk Pehl von Schultze & Braun.
MBW ist eine auf die Oberflächenveredelung von Metallen spezialisierte Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Rheinmünster (Baden-Württemberg) sowie Werken in Lichtenau (Baden-Württemberg), Einbeck (Niedersachsen), Mühlhausen und Sömmerda (jeweils Thüringen) sowie Hartha (Sachsen). Die Gruppe hat laut Verwalter insgesamt 320 Mitarbeitende.
Geschäftsbetrieb läuft weiter
Der Geschäftsbetrieb läuft ohne Einschränkungen weiter, so Matthias Braun. Die Mitarbeitenden seien über das Insolvenzgeld bis einschließlich Februar 2025 abgesichert. Ziel der Insolvenzanträge sei es, die Liquidität der Gruppe zu sichern, sie neu aufzustellen und ihr einen Neustart zu ermöglichen. Der vorläufige Insolvenzverwalter prüft entsprechende Sanierungsoptionen.
„In den kommenden Tagen werden wir eine Suche nach potenziellen Investoren starten. Dabei kommen sowohl Finanzinvestoren als auch strategische Investoren infrage, etwa Wettbewerber oder Unternehmen, die mit einer Übernahme ihr Angebot erweitern möchten. Ein Investment könnte sich deshalb lohnen, weil die Unternehmensgruppe strategisch mehrere zukunftsorientierte Veredelungsverfahren sowie Marktsegmente entwickelt hat“, sagt der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Dirk Pehl. Er verschafft sich aktuell am Stammsitz im baden-württembergischen Rheinmünster einen Überblick über die wirtschaftliche Lage der Unternehmensgruppe.
Aufträge würden wie vereinbart produziert und ausgeliefert. Die gesamte MBW-Gruppe hält den Geschäftsbetrieb aufrecht. Dass produziert wird, war auch am Standort Hartha zu sehen.
„Unsere Kunden können sich sicher sein, dass ihre Aufträge wie vereinbart produziert und ausgeliefert werden. Es gibt keine Einschränkungen in der Produktion aufgrund der Insolvenzanträge“, sagt Geschäftsführerin Vanessa Schmidt.
Die rund 320 Mitarbeitenden an den verschiedenen Unternehmensstandorten seien schriftlich über die Verfahren informiert worden. Aufgrund der Weihnachtspause in den Werken seien Mitarbeiterversammlungen nicht sinnvoll zu organisieren gewesen.
Löhne und Gehälter werden bis Februar 2025 gesichert
Löhne und Gehälter sollen bis einschließlich Februar 2025 über das Insolvenzgeld abgesichert werden. „Die Vorbereitungen für die Auszahlung des Insolvenzgeldes laufen auf Hochtouren. Aufgrund der Feiertage kann sich die Auszahlung jedoch um einige Tage verschieben. Auch darüber wurden unsere Mitarbeitenden in Kenntnis gesetzt“, sagt Schmidt.
Ursache der wirtschaftlichen Schieflage sei hauptsächlich die aktuelle Konjunkturentwicklung im Bereich der Automobilindustrie, die zu den Hauptabnehmern von Produkten aus der MBW-Gruppe zählt. Aufgrund von Planungsunsicherheiten hatten sich zuletzt mehrere Serienanläufe zeitlich verzögert oder waren nicht im geplanten Umfang erfolgt.
Hinzu kämen finanzielle Belastungen aus Kostensteigerungen für Material, Energie und Personal. Als energieintensives Unternehmen träfen die MBW-Gruppe die hohen Energiepreise ganz besonders, ebenso wie die Anforderungen zur Erreichung von Klimaneutralität.
„Insgesamt ließen sich diese verschiedenen Kostensteigerungen nur zu einem Teil an unsere Kunden weitergeben oder durch Neugeschäft ausgleichen. Die Unterauslastung und die verbliebenen Belastungen für unser Unternehmen führen nun dazu, dass unsere Liquiditätslage stark angespannt ist und wir unseren Tilgungsverpflichtungen absehbar nicht mehr nachkommen können. Damit waren wir gezwungen, Insolvenzantrag zu stellen, um uns mit den Instrumenten des Insolvenzrechts neu aufstellen zu können und zugleich über eine gezielte Investorensuche Partner zu finden, die uns mit frischem Geld unterstützen“, sagt Geschäftsführerin Vanessa Schmidt.
Ende Februar werde sich der Weg abzeichnen, den die MBW-Gruppe dann gehen wird. „Ziel ist es, die einzelnen Unternehmen an den verschiedenen Standorten und die Arbeitsplätze zu sichern“, betonte Pressereferent Matthias Braun.
Über die MBW-Gruppe
Die 1987 gegründete MBW-Gruppe zählt nach eigenen Angaben zu den führenden Anbietern im Bereich der Oberflächenveredelung von Metallen und ist als Lohnveredler spezialisiert auf die galvanische und chemische Oberflächenbehandlung.
Die Gruppe decke vor allem Beschichtungen in den zukunftsträchtigen Bereichen Eloxal und Chrom III sowie verschiedene Zinkverfahren ab. Entsprechend habe die Gruppe in den vergangenen Jahren in Anlagen und Verfahrenstechnik investiert.
Die Beschichtungssysteme der MBW-Gruppe kommen bei renommierten Unternehmen der Automobilbranche, der Bau- und Beschlagindustrie sowie der Elektroindustrie zum Einsatz. Hauptsitz der Unternehmensgruppe ist Rheinmünster. An insgesamt sechs Produktionsstandorten beschäftigt die Gruppe rund 320 Mitarbeitende.
Im Jahr 1997 hatte die MBW-Gruppe die Betriebsgalvanik der Spindelfabrik Hartha übernommen.
SZ