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Meilenstein beim Kraftwerksbau in Schwarze Pumpe: „Dorothea“ besteht die Druckprobe

Die Papiermaschinen von Hamburger Containerboard und Dunapack im Industriepark Schwarze Pumpe sollen in Zukunft energieautark laufen. Dafür werden 180 Millionen Euro investiert.

Lesedauer: 3 Minuten

Ralf Grunert

Schwarze Pumpe. Was für den Schiffsbauer die Bootstaufe und den Zimmerer das Richtfest ist, das ist für den Kesselbauer die Druckprobe. Am Kessel der im Bau befindlichen zweiten Linie des Ersatzbrennstoffkraftwerkes der Hamburger Containerboard auf dem Gelände des Industrieparks Schwarze Pumpe fand diese Druckprobe am 20. September statt. Und alles lief perfekt.

Das wurde am 1. Oktober in knapp 37 Metern Höhe im Kesselhaus gebührend gefeiert. Dazu gehörte die Stempelung des Kesselschildes und das Verkosten eines Gläschens hochprozentigen Kesselwassers. „Um zu schauen, ob der Kessel gelungen ist und das Wasser entsprechend schmeckt“, wie es Frank Reinmöller, der Chef des Kesselbauers Standardkessel Baumgarte GmbH, mit einem Augenzwinkern formulierte.

Wie es Vorschrift ist: Die Plakette mit den Daten zur Anlage wird anlässlich der Feier zur bestandenen Druckprobe mit vier Nieten per Hammerschlag an den geprüften Kessel gestempelt.
Wie es Vorschrift ist: Die Plakette mit den Daten zur Anlage wird anlässlich der Feier zur bestandenen Druckprobe mit vier Nieten per Hammerschlag an den geprüften Kessel gestempelt.
Quelle: Ralf Grunert

Gewinne trotz Überkapazitäten in der Papierindustrie

Zuvor hatte Gerald Prinzhorn, CEO der Prinzhorn-Gruppe, zu der auch Hamburger Containerboard und Dunapack gehören, einen Blick in die Vergangenheit gerichtet. „Als wir 2003 zum ersten Mal den Spaten hier geschwungen haben, haben wir im Traum nicht daran gedacht, dass wir 22 Jahre später als großer Kraftwerksbetreiber in Schwarze Pumpe stehen würden.“

Seinerzeit war der Standort gewählt worden, weil für die Papiererzeugung eine sichere Energieversorgung benötigt wurde. Schon fünf Jahre später habe sich gezeigt, dass diese nicht ausreichen würde, um die Papiermaschine weiter am Laufen zu halten. „Somit war klar, dass wir hier in ein Kraftwerk investieren müssen.“ Mit einem Abstand von 20 Jahren erklärt Gerald Prinzhorn, dass es die beste Entscheidung gewesen sei. Es ist der Bereich, der in der Zeit der Überkapazitäten in der Papierindustrie Gewinne abwirft.

Ziel ist eine autarke Versorgung

Überhaupt habe sich der Standort gut entwickelt. Daher wurde entschieden, eine zweite Papiermaschine zu errichten. Und mit dieser Entscheidung ergab sich der Bedarf für eine Kraftwerkserweiterung. Ziel ist es, beide Papiermaschinen einmal energieautark zu betreiben. Aktuell wird ein Teil des Prozessdampfes für den Betrieb der Papiermaschinen noch vom benachbarten Leag-Kraftwerk bezogen. „Die Kesseldruckprobe der zweiten Verbrennungslinie in Schwarze Pumpe ist ein wichtiger Schritt für die nachhaltige Energieversorgung unserer Papierproduktion in der Lausitz“, erklärte Prinzhorn.

Die Kesseldruckprobe der zweiten Verbrennungslinie in Schwarze Pumpe ist ein wichtiger Schritt für die nachhaltige Energieversorgung unserer Papierproduktion in der Lausitz. – Gerald Prinzhorn, CEO der Prinzhorn-Gruppe

Vergangenes Jahr begannen die Arbeiten am neuen Ersatzbrennstoffkraftwerk, für das 180 Millionen Euro veranschlagt sind. Inzwischen ist es zu 65 Prozent fertiggestellt. Insgesamt wurden in 250 Arbeitstagen etwa 1350 Tonnen Stahl und 1163 Tonnen Kesselmaterial verbaut. Die verarbeitete Rohrlänge beläuft sich auf rund 132 Kilometer. Die Länge der Schweißnähte summiert sich auf 95 Kilometer.

Im Juli 2026 erstmals unter Feuer

Der ambitionierte Zeitplan sieht vor, dass der neue Kessel im Juli kommenden Jahres erstmals angefeuert werden soll. Der Dampfdruck im Kessel wird im Regelbetrieb 40 Bar betragen. Die Druckprobe erfolgte bei 105 Bar. Das ist der Druck, wie er in einer Wassertiefe von knapp 1100 Metern herrscht.

Ein Blick auf das Kraftwerksgebäude von Hamburger Containerboard im Industriepark Schwarze Pumpe: Rechts der Brennstoff-Bunker, in der Mitte die Verwaltung, im Hintergrund der Kessel- und Turbinen-Bereich.
Ein Blick auf das Kraftwerksgebäude von Hamburger Containerboard im Industriepark Schwarze Pumpe: Rechts der Brennstoff-Bunker, in der Mitte die Verwaltung, im Hintergrund der Kessel- und Turbinen-Bereich.
Quelle: Ralf Grunert

Die Anlage wird pro Stunde zwischen 60,4 und 30,2 Tonnen Ersatzbrennstoffe thermisch verwerten und in dieser Zeit bis zu 101,5 Tonnen Dampf erzeugen. Aufs Jahr gesehen erhöht sich der Brennstoffbedarf für das Kraftwerk, wenn beide Kessel in Betrieb sind, um etwa 220.000 Tonnen auf rund 570.000 Tonnen. Diese Zahlen nennt Kraftwerks- und Projektleiter Thomas Pfeiffer.

Von ihm ist auch zu erfahren, dass die Brennstoffe aus Deutschland, Italien, Österreich und Polen angeliefert werden. Es handelt sich um nicht mehr recyclebaren und nicht gefährlichen Abfall aus dem Haus- und Gewerbebereich. Künftig werden das etwa 28.000 Lkw-Ladungen pro Jahr sein, wobei es Pläne für eine Bahnanlieferung gibt.

Um dem Brauchtum der Kesselbauer vollends gerecht zu werden, wurde übrigens eine Kesselwand in großen Buchstaben mit dem Namen „Dorothea“ versehen. Normalerweise hat die Ehefrau des Projektleiters das Vorrecht, ihren Namen für den Kessel herzugeben. Diese verzichtete allerdings zugunsten von Dorothea Höhne-Diering, die 2004 in der Papierfabrik angefangen hat und jetzt Team-Assistentin des Kraftwerksleiters ist.

SZ

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