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Mit neuartiger Cyber-Medizin will Dresden an die Weltspitze

Noch einmal gibt es Stiftungsgeld: 20 Millionen Euro für die digitale Gesundheit. Im Else Kröner Fresenius Zentrum an der TU Dresden geht es um Daten und Technik. Das reicht von der KI bei der OP bis zur Miniatur- Medizintechnik.

Lesedauer: 3 Minuten

Die Elektronik in der Medizintechnik ist verglichen mit der Technik in einem Handy steinalt.
Die Elektronik in der Medizintechnik ist verglichen mit der Technik in einem Handy steinalt. Dresdner Forscher wollen das jetzt ändern. © 123rf

Von Stephan Schön

Dresden. Dresden wird zum Top-Zentrum für digitale Gesundheit ausgebaut. Das Else Kröner Fresenius Zentrums (EKFZ) am TU-Uniklinikum erhält weitere 20 Millionen Euro von der gleichnamigen Stiftung.

Von 26 Bewerbern konnte sich bundesweit damals nur Dresden durchsetzen und bekam 2019 dieses Zentrum und die ersten Millionen. 200 bis 250 Digital-Mediziner sollen hier in dem geplanten Neubau einmal forschen: Ärzte, Informatiker, Physiker, Techniker und Ingenieure. Der damalige Rektor Hans Müller Steinhagen nannte das visionäre Ziel: „Wir wollen uns weltweit an die Spitze setzen bei der Entwicklung von Cyber-Medizin.“

Nach fünf Jahren und der Begutachtung scheint dies machbar. Die Millionenförderung der Stiftung wird nun fünf weitere Jahre fortgesetzt. Danach ist das EKFZ ein fester Bestandteil der TU Dresden. „Wir wollen das Potenzial der Digitalisierung in der Medizin voll ausschöpfen, um die Gesundheitsversorgung, die medizinische Forschung und die klinische Praxis deutlich und nachhaltig zu verbessern“, kündigt Medizinprofessor Jochen Hampe, Sprecher des EKFZ, für die nächsten Jahre an.

Testlauf für die KI im OP – ohne Patienten. Auf dem Bildschirm eingeblendete Hilfestellungen sollen die Chirurgen unterstützen. Fiona Kolbinger und Sebastian Bodenstedt von der TU Dresden haben diese Entwicklung geleitet.© Uniklinikum Dresden/Kirsten Lassig

Schon jetzt werden im EKFZ Methoden der Künstlichen Intelligenz entwickelt, die in wenigen Jahren Chirurgen bei der OP assistieren. Ein digitales Assistenzsystem könnte künftig helfen, OP-Fehler zu vermeiden. Dresdner Mediziner und Informatiker haben eine Künstliche Intelligenz befähigt, dem Chirurgen während einer minimalinvasiven OP wichtige Informationen zu Geweben und Organen in Verbindung mit den Videobildern zu geben. „Unsere Studie ist eine der ersten, die im direkten Vergleich zwischen Mensch und Maschine zeigt, dass intelligente Assistenzsysteme anatomische Gegebenheiten auf klinisch relevantem Niveau erkennen können“, sagte dazu Projektleiterin Fiona Kolbinger Ende August der SZ.

In Dresden werden Chips und Sensoren für eine neuartige Medizintechnik entworfen. Solche, die Sicherheitsstandards und Datenschutz haben, wie er heute nirgends existiert. Medizingeräte, die heute nur in Spezialkliniken zu finden sind, sollen klein, mobil, individuell nutzbar und preiswert werden. Der Freistaat und auch der Bund geben dutzende Millionen Euro für solche Forschungen zusätzlich zu den Stiftungsgeldern dazu.

Uralte Elektronik in der Medizintechnik wird zum Problem

Das größte Problem in der Medizintechnik ist die veraltete Elektronik. Verglichen mit den neuesten Handys beispielsweise liegt die Medizin-Elektronik vom technologischen Niveau her um zehn bis zwanzig Jahre zurück. „Was wir dort vorfinden, ist im Prinzip immer Uralttechnik“, sagte Gerhard Fettweis der SZ beim Projektstart von Semeco im Mai. Fettweis ist nicht Arzt oder Mediziner, er ist Elektrotechnik-Professor und entwickelt sonst eigentlich die Mobilfunktechnik der Zukunft. Weil jeder neue Chip eine jahrelange Zulassung und jeder neue Sensor mehrere medizinische Studien braucht. „Ehe die Zulassung da ist, gibt’s die Chips gar nicht mehr.“ Dann sind die übernächsten Generationen schon in der Fertigung. Viele technisch-sinnvollen Neuerungen kommen daher sehr spät oder auch gar nicht in der Medizintechnik an.

Medizinprofessor Jochen Hampe von der TU Dresden leitet das Forschungszentrum für digitale Gesundheit.© SMWA/Bonss

„Statt Bausätze in der Größe eines Schuhkartons, soll alles auf einen Chip geschrumpft werden“, kündigte Jochen Hampe vor einem halben Jahr an. Damals stand die Begutachtung und die weitere Förderung vom EKFZ noch aus. Hampe war sich sicher, das die aber kommen würde. Und nun ist sie da. Semeco, eines der großen Projekte am EKFZ, wird Medizingeräte viel mobiler, präziser und preiswerter machen. Konkret denkbar wären völlig neue, miniaturisierte Implantate, Sensoren für die Analyse und Auswertung, Steuerung und Kommunikation mit anderen Geräten – „alles in einem Stück Silizium vereint“, schwärmt Medizinprofessor Hampe. Die ersten Projekte dazu haben begonnen.

Viel mehr kommt in den nächsten Jahren noch dazu. Drei Professoren wurden bereits neu berufen und bauen neue Forschungsgruppen auf. Zwei weitere kommen 2024 dazu.

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