Döbeln. Die kurze Unternehmensgeschichte der DAMB Döbelner Anlagen und Maschinenbau GmbH hat mit einer bizarren Szene ihr vorläufiges Ende gefunden. Am Freitag vergangener Woche wurde den Mitarbeitern kurz vor Mittag bei einer kurzfristig einberufenen Versammlung mitgeteilt, dass sie alle Maschinen ausschalten, Systeme herunterfahren und den Betrieb mit ihren persönlichen Gegenständen verlassen sollen. Kurze Zeit später rollten Mitarbeiter der Stadtwerke Döbeln auf den Hof, um den Betrieb stromlos zu legen.
Döbelns Energieversorger hatte monatelang kein Geld für den gelieferten Strom gesehen. Ähnlich lange wie die Mitarbeiter keinen Lohn erhalten hatten. „Da waren Männer von 60 Jahren, die haben geheult“, erzählte einer der Mitarbeiter. Einige seien total verzweifelt, weil sie ein Haus und ein Auto abbezahlen müssen. „Die sagen: Wir brauchen sofort neue Arbeit.“ Die Mitarbeiter fühlen sich mit ihrem Problem im Stich gelassen. Auch das Arbeitsamt könne kurzfristig nicht weiterhelfen. „Dort erzählt jeder etwas anderes.“
Streit wird auf Rücken der Mitarbeiter ausgetragen
Seit Februar haben die rund 70 Mitarbeiter kein Geld bekommen. Zuerst mit der Behauptung der Firmenleitung, dass wegen zweier Hackerangriffe das Überweisen nicht möglich ist. Dann focht Geschäftsführer Olaf Zachert den Kaufvertrag mit dem Vorbesitzer, der Bühler AG, an und zahlte mit dieser Begründung keine Löhne und Rechnungen mehr. Seit Ende Februar sei Zachert nicht mehr im Betrieb gewesen, erzählten die Mitarbeiter. Kontakt zu den Leuten hält Christina Franzen, Vertreterin der Gesellschafter, in einer WhatsApp-Gruppe.
Die Mitarbeiter sind total sauer. „Der Streit wird auf unserem Rücken ausgetragen. Das Dreiste ist, dass angeblich Geld da sein soll, es aber nicht ausgezahlt wird. Die Fehler haben die anderen gemacht, nicht die Mitarbeiter. Das ist eine Frechheit“, sagte einer der Mitarbeiter der DAMB.
Millionen Euro für Abfindungen eingespart
Bühler habe mit dem Verkauf wohl einige Millionen Euro Abfindungen für die Mitarbeiter eingespart, die bei einer Schließung des Werkes hätten gezahlt werden müssen. Einige Mitarbeiter seien seit 30 Jahren dabei. „Hauptsache loswerden, das war das einzige Ziel. Bühler hat im vergangenen Jahr 277 Millionen Euro Gewinn gemacht“, meint der Mitarbeiter lakonisch.
Die DAMB und ihre Mitarbeiter befinden sich derzeit noch in einem Schwebezustand. Der Insolvenzantrag ist zwar beim Amtsgericht Chemnitz eingegangen, wie dessen Sprecherin Birgit Feuring bestätigte. „Es wird aber noch geprüft, ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Der Antrag ist dem Kollegen heute erst vorgelegt worden. Er steht aber ganz oben auf der Liste.“ Ein vorläufiger Insolvenzverwalter war auch am Freitag noch nicht benannt.
Die Hoffnung der Mitarbeiter der DAMB richtet sich auf das Insolvenzausfallgeld, das ihnen zusteht. Es kann drei Monate rückwirkend gezahlt werden. Allerdings erst vom Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an, sagte ein Mitarbeiter der Insolvenzgeldstelle der Arbeitsagentur Chemnitz.
Oder mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses. „Das muss jeder für sich selbst entscheiden.“ In der Regel würden die Mitarbeiter vom Arbeitgeber von der Arbeit freigestellt und hätten dann Anspruch auf Arbeitslosengeld, das später mit dem Insolvenzausfallgeld verrechnet wird.
Zweifel am Geschäftsmodell
Bühler hatte 2023 angekündigt, sein Werk in Döbeln verkaufen zu wollen. Angebissen hatte Olaf Zachert, der zum 1. Mai 2024 mit der DAMB GmbH die Maschinen und Lagerbestände und mit einer anderen Firma Grundstück und Gebäude übernommen hatte. Oder besser: übernehmen wollte. Den Kaufpreis – die Rede ist von insgesamt sechs Millionen Euro – hat er bisher nicht bezahlt. Der Grund: Zachert hatte vor Fälligwerden der Kaufsumme den Kaufvertrag angefochten. Der Grund ist laut Christina Franzen, dass die als Grundlage der Übernahme vorgelegte Kalkulation von Bühler nicht aufgegangen ist.
Steven Kempe, Gewerkschaftssekretär der IG Metall, glaubt nicht, dass das Geschäftsmodell von Zachert überhaupt tragfähig ist. Der branchenfremde Investor habe ein Werk, aber keine funktionierende Firma übernommen. Der Vorbau wie Einkauf, Konstruktion und Buchhaltung fehlten. Im Betriebsübergang hatte die DAMB ein Jahr lang noch Aufträge von Bühler bekommen. Neue Kunden konnten kaum hinzugewonnen werden.
Tillich und Bühlow wussten Bescheid
Einen seriösen Anstrich hatte sich die DAMB mit zwei Prominenten gegeben. Sachsens ehemaliger Ministerpräsident Stanislaw Tillich und der ehemalige Chef des Leipziger Porschewerkes Siegfried Bühlow waren als Mitglieder des Beirates der Firma beratend tätig.
Auf Anfrage dieser Zeitung haben die beiden eine Stellungnahme abgegeben: „Unser erklärtes Ziel ist weiterhin, dass wir eine Lösung finden, die sowohl das Werk als auch die Arbeitsplätze erhält. Als Beirat waren wir über die Auseinandersetzung mit der Bühler AG stets aktuell informiert, haben der Geschäftsführung beratend zur Seite gestanden und die erforderlichen Schritte mitgetragen – auch, dass jetzt der Insolvenzantrag gestellt wurde.“
Zachert hatte das Firmenkonzept auf Zukäufe anderer Firmen ausgelegt. So erwarb die Zachert Private Equity die insolvente Rostocker Firma IMG Ingenieurtechnik und Maschinenbau, auch, um die DAMB mit Arbeit zu versorgen. „Es ist fraglich, ob es neue Aufträge geben wird“, sagte Gewerkschaftssekretär Kempe. Zachert habe über elf Monate ein Luftschloss mit Investitionsversprechen aufgebaut. Die Hoffnungen, die die Mitarbeiter in den Investor gelegt hatten, seien nicht erfüllt worden.
Keine Schutzmechanismen für Mitarbeiter
„Wir hatten das befürchtet und uns für Schutzmechanismen ausgesprochen, damit die Mitarbeiter am Ende nicht ohne alles dastehen. Sie hätten sich in Ruhe auf dem Arbeitsmarkt umschauen können, Qualifizierungen wären möglich gewesen, um in bessere Arbeitsverhältnisse reinzukommen. Aber Bühler und die DAMB sind ihrer sozialen Verantwortung nicht nachgekommen.“
Wir wollen immer noch die DAMB retten und den Betrieb weiterführen, erwarten von Bühler aber Gesprächsbereitschaft. – Christina Franzen, Vertreterin der DAMB
Wie Christina Franzen, Vertreterin der DAMB sagte, wären ab Ende April möglicherweise schon kleinere Aufträge über die Firma in Rostock hereingekommen. Sie gibt aber auch zu, dass das Werk damit wahrscheinlich nicht ausgelastet wäre.
„Vielleicht hätten wir über den Sommer Kurzarbeit anmelden müssen.“ Im vergangenen Jahr habe die DAMB auch kaum größere neue Aufträge hereinholen können, weil das Werk mit den Aufträgen von Bühler noch ausgelastet war. Die Hoffnungen ruhten jetzt auf dem Insolvenzverwalter. „Wir wollen immer noch die DAMB retten und den Betrieb weiterführen, erwarten von Bühler aber Gesprächsbereitschaft.“
SZ