Bad Lausick. Hoppel ist mit Skepsis umgestiegen – doch jetzt will er auf keinen Fall zurück: Maik Hase, Kraftfahrer im Betonwerk Bad Lausick, sattelte nach 40 Diesel-Jahren um auf elektrisch. Das Unternehmen ist das erste in der Branche wohl deutschlandweit, das E-Trucks angeschafft hat.
Die elektrisch betriebenen Sattelzüge kosten das Dreifache herkömmlicher Lkw. Für die Bad Lausicker macht aber nicht nur eine hohe Förderung die Anschaffung attraktiv. Das Betonwerk produziert den Kraftstoff selbst aus Sonnenenergie.

Quelle: Jens Paul Taubert
Fahrer Maik Hase ist frisch verliebt in die E-Technik
„Der ist so leise, wie ein fahrendes Büro, wie eine Sänfte. Das Fahrerhaus ist luftgefedert, du denkst, du schwebst.“ Maik Hase ist hin und weg, der Diesel vergessen, mit dem er bisher pendelte zwischen der werkseigenen Kiesgrube bei Otterwisch und den Mischanlagen in Bad Lausick und Thierbach (Stadt Borna). Volvo heißt die neue Flamme; in die Kabine geht es nur in Hausschuhen.
Mir ist nicht bekannt, dass andere in unserer Branche elektrisch fahren. – Frank Czichos, Geschäftsführer
„Der fährt komplett anders. Du musst dich komplett umstellen. Die 300, 400 Kilometer täglich macht er, das passt“, sagt Hase, zu Hause in Rötha und erstaunt über die Verwandlung, die in ihm selbst vorging. Während vor dem Firmensitz am Stadtrand von Bad Lausick ein anderer Hersteller – MAN – zwei von drei weiteren E-Lastern offiziell übergeben werden, rangiert er seinen sonnengelben Volvo an die Ladesäule. Frühstücksstopp. Auftanken für beide.

Quelle: Jens Paul Taubert
Geschäftsführer Robin Schulze: Wir produzieren den Strom
„Der Testlauf ist nach zwei Jahren abgeschlossen: Reichweiten, Aufladen, Tagesabläufe. Wir wissen, dass diese Fahrzeuge zu uns passen“, sagt Robin Schulze, der gemeinsam mit Frank Czichos das Betonwerk Bad Lausick als Geschäftsführer leitet. Ein Volvo mit 660 PS, drei MAN mit 450 PS – quasi über Nacht ist ein Zehntel des Fuhrparks elektrisch geworden. „Mir ist nicht bekannt, dass andere in der Branche elektrisch fahren. Für uns macht das Sinn. Die Strecken passen, und wir haben Eigenstrom.“ Zwar kosten die E-Modelle das Dreifache, etwa 300.000 Euro. Da sich die Bad Lausicker aber früh schon um eine Förderung kümmerten, trägt der Bund 80 Prozent dieser Mehrkosten.
Die Entfernung zwischen Bad Lausick und der Kiesgrube Otterwisch liegt bei zehn Kilometern pro Tour. Einen Tag lang zu pendeln, schafft ein E-Truck mit einer Batterieladung. Wird Zement geholt aus Bernburg, sind 130 Kilometer zu absolvieren; aus Karsdorf im Unstruttal sind es knapp 100. Hier geht es im Tagesverlauf einmal an die Ladesäule. Dafür wurde im vergangenen Jahr in Bad Lausick, Thierbach, Otterwisch Hochleistungstechnik installiert: Je 360 kW erlauben eine sehr kurze Ladezeit.
E-Lkw sind effizienter, brauchen weniger Wartung
„Wir stimmen die Touren so ab, dass die Pausenzeiten der Fahrer optimal für das Laden genutzt werden können“, sagt Schulze. Er hebt die im Vergleich zu einem Diesel viel höhere Energie-Effizienz hervor. Zudem sind die Antriebe verschleiß- und damit wartungsärmer. Auf 100 Kilometern werden 30 Liter Diesel durch 100 bis 150 Kilowattstunden Strom ersetzt. Strom, den das Unternehmen dank Photovoltaik seit Jahren schon selbst produziert.
„In Thierbach haben wir unsere Kapazitäten noch einmal aufgestockt von 250 auf 480 kW.“ Summa summarum erzeugt das Unternehmen 1,5 Megawatt Elektroenergie im Jahr. 40 Prozent wurden bisher im Betrieb selbst verbraucht: für die Produktion von Frischbeton und Pflaster in Bad Lausick, von Fertigteilen in Thierbach sowie Sanden, für die Förderung Kies in Otterwisch. Durch die E-Lkw steigt die Quote nun auf 50 bis 60 Prozent.

Quelle: Jens Paul Taubert
Hersteller MAN: Nachhaltig und wirtschaftlich
„Wir freuen uns, dass das Betonwerk Bad Lausick als langjähriger Kunde auf unsere eTGX setzt. Das zeigt eindrucksvoll, dass Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit im Bau- und Betontransport Hand in Hand gehen können“, sagt Stefan Schall, Geschäftsführer Truck, Van & Used von MAN Deutschland. Seit einem Vierteljahrhundert seien beide Unternehmen miteinander geschäftlich verbunden. Die E-Fahrzeuge könnten mit einem speziellen Sattelauflieger zum Transport von Frischbeton verbunden werden – etwa um Baustellen in Leipzig zu beliefern. Die Sattelzugmaschinen könnten ebenso für den Transport von Baustoffen und Betonfertigteilen eingesetzt werden.
Vier elektrische Lkw von 40 – für Geschäftsführer Frank Czichos ist das ein Anfang, nicht das Ende. „Wenn es passt, geht da noch mehr. Der Staat hat es jetzt in der Hand, in welche Richtung es geht“, sagt Czichos. Dass sich die Fördermöglichkeiten laufend änderten, erschwere die Kalkulation. Herausfordernd sei es auch, die Infrastruktur zur Eigenstrom-Produktion und zum Laden zu schaffen; das gehe an die Adresse der Netzbetreiber. „Die Hersteller solcher Fahrzeuge sind da wesentlich weiter. Und wenn es nach uns gegangen wäre, wir hätten schon früher E-Lkw ins Unternehmen geholt.“
Umstellen müssten sich beispielsweise auch die Zementhersteller, sagt Robin Schulze und lacht: „Die neuen Zugmaschinen sind zwei Tonnen schwerer. Das hat die Wiegetechnik aber nicht auf dem Schirm. Da ist bei 40 Tonnen Gesamtgewicht Schluss. Wenn wir unser Silo aber komplett füllen wollen, bringen wir 42 Tonnen auf die Waage. Da mussten wir erstmal Überzeugungsarbeit leisten.“
Das Betonwerk Bad Lausick, 1990 aus einem VEB heraus gegründet, beschäftigt seit vielen Jahren konstant 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.