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Nieskyer Stahlbauer bauen Steg für den Kanzler und Autobahnbrücke

Der Nieskyer Stahlbau ist nach den Krisenjahren wieder gut im Geschäft. Das hat einen Grund.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht Geschäftsführer von Nieskyer Stahlbauer, Philipp Hänel
Geschäftsführer Philipp Hänel freut sich, dass es wieder Aufträge für die Nieskyer Stahlbauer gibt. Sie sorgen für Arbeit bis Mitte 2025. © André Schulze

Von Steffen Gerhardt

Geschäftsführer Philipp Hänel ist die Freude an seinem Job wieder ins Gesicht geschrieben. Der Nieskyer Stahlbau ist gut im Geschäft, die Auftragsbücher sind gefüllt. Seit vergangenem Jahr läuft es wieder in dem letzten Industriebetrieb der Stadt Niesky – und das soll auch so bleiben, versichert Philipp Hänel.

Seit knapp vier Jahren führt der aus Reichwalde bei Boxberg stammende Philipp Hänel den Nieskyer Traditionsbetrieb nach dem Konkurs der Stahl- und Brückenbau Niesky GmbH. Die Zahl der Mitarbeiter ist stetig gestiegen. Zählte Philipp Hänel bei seinem Start fünf Beschäftigte um sich, so ist die Belegschaft inzwischen auf 36 gewachsen.

„Jüngst haben wir erst wieder zwei Mitarbeiter eingestellt“, ergänzt der Geschäftsführer. Dabei setzt der 35-Jährige auf eine wohlüberlegte Personalpolitik. „Wir wollen unseren Mitarbeitern eine Perspektive geben, deshalb stellen wir nicht auf Teufel komm raus ein, um sie dann wieder entlassen zu müssen.“ Daher sichern gegenwärtig zehn Beschäftigte eines Sub-Unternehmens die Arbeiten der Nieskyer Stahlbauer mit ab.

In der Produktionshalle des Unternehmens Stahl Technologie Niesky wird an zwei Großaufträgen derzeit gearbeitet.
© André Schulze

Einen Steg für den Kanzler

Sie arbeiten an zwei Großaufträgen. Die Stahl Technologie Niesky GmbH ist beteiligt an der neuen Autobahnbrücke, die bei Wittenberge die A 14 über die Elbe führen wird. Im Oktober 2025 soll die Brücke mit einer Spannweite von 260 Metern stehen. Allein für den Nieskyer Stahlbau hat der Brückenbau einen Auftragswert von rund 30 Millionen Euro. Dieser beansprucht den Großteil der Hallenkapazität in Niesky.

Der zweite große Fisch, den sich die Nieskyer an Land gezogen haben, ist ein Auftrag der Salzgitter AG. Sie baut ein „grünes Stahlwerk“. Darin wird Stahl umwelt- und ressourcenschonend hergestellt. Auf fossile Brennstoffe wie Koks verzichtet man, stattdessen wird Wasserstoff zum Energieträger für den Schmelzofen. Aus Niesky kommt die Stahlkonstruktion, die der Anlage ihre Standfestigkeit gibt. Auch hier sind es 30 Millionen Euro, die der Auftrag einbringt.

Aber auch am neuen Kanzleramt in Berlin hinterlassen die Nieskyer Stahlbauer ihre Handschrift. Das Objekt bekommt einen sogenannten Kanzlersteg. Dieser wird aus Stahl gebaut, der in Niesky verarbeitetet wird. Dazu kommen weitere Aufträge, die für das Mutterhaus DSD Industriemontagen in Delitzsch gefertigt werden. Auch dieses Unternehmen führt Philipp Hänel seit vergangenem Jahr als Geschäftsführer. „Wir können sagen, dass wir bis Mitte 2025 erst einmal mit dem Abarbeiten von Aufträgen gut zu tun haben“, schätzt der Geschäftsführer ein.

Kein Koks und kein Stahl

So eine Auftragslage hätte sich Philipp Hänel auch zu Jahresbeginn 2022 gewünscht. Aber erst die Pandemie und dann der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine machten dem einen großen Strich durch die Rechnung. „Wir mussten unsere Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, weil es keine Aufträge mehr gab beziehungsweise wir sie nicht erfüllen konnten.“ Das Stahlwerk in Mariupol produzierte und lieferte nicht mehr. Die Stahlwerke in Europa konnten nicht normal arbeiten, weil es auf einmal keinen Koks aus Russland mehr gab. Allein der Nieskyer Stahlbau hat einen jährlichen Bedarf von drei- bis fünftausend Tonnen. Auf Lkw-Lastzüge verladen, sind das in voller Ausnutzung rund einhundert Sattelschlepper, die Niesky beliefern.

Hinzu kamen die explodierenden Energiepreise. „Wir sind davon gleich zweimal betroffen. Mit Erdgas heizen wir unsere Hallen und Gebäude, der Strom wird zum energieintensiven Schweißen gebraucht“, erklärt Philipp Hänel. Dieser Preisanstieg beschleunigte das eigene Vorhaben in Niesky, den Strom aus der Sonne zu gewinnen. So konnte im vergangenen Jahr eine Photovoltaikanlage, installiert auf einem Hallendach, ihren Betrieb aufnehmen. Sie deckt in Spitzenzeiten 90 Prozent des eigenen Strombedarfes für das Werk ab. Das reduziert die Energiekosten, die im unteren sechsstelligen Bereich für das Werk liegen – im Monat.

Vorgefertigte Stahlteile für die neue Autobahnbrücke über die Elbe bei Wittenberge. Im Oktober 2025 soll sie in Betrieb gehen.
© André Schulze

Vom Brückenbau zum Spezialstahlbau

Im Jahr 2022 ging es an die betrieblichen Reserven, um das Werk in Niesky weiter am Laufen zu halten und die Betriebskosten zu begleichen. Aber diese zusätzlichen Gelder konnten mit dem folgenden Jahr dank guter Aufträge wieder reingeholt werden, erklärt der Geschäftsführer. Weg vom Brückenbau und hin zum Spezialstahlbau, das war die richtige Entscheidung mit Übernahme des Nieskyer Betriebes vor vier Jahren. „Im Brückenbau ist die Konkurrenz zu groß geworden, um allein in dieser Sparte bestehen zu können“, ist die Erkenntnis von Philipp Hänel. Zudem ist Brückenbaukompetenz in der DSD-Unternehmensgruppe vorhanden.

Der Abbau von Verwaltung brachte ebenso eine Verbesserung in der Wettbewerbsfähigkeit. Vieles wird jetzt von Delitzsch aus erledigt, was vorher in Nieskyer Verantwortung lag. Zählte der Nieskyer Stahlbau in seinen Glanzzeiten rund 200 Mitarbeiter, so sind es gegenwärtig 36. Für Philipp Hänel ist das nicht die entscheidende Zahl, die ein Unternehmen auszeichnet. „Wir sind mit unserem jetzigen Personal effektiver in der Produktion, als wenn wir 200 Leute beschäftigen würden.“

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