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Ostdeutsche arbeiten weniger im Homeoffice

In Ostdeutschland sind die Beschäftigten mehr am Arbeitsplatz anzutreffen als im Rest von Deutschland. Warum?

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht eine Frau mit technischem Gerät vor dem Meer.
Arbeiten von überall: Seit der Corona-Pandemie ist Homeoffice zum Dauerthema geworden. © Lehtikuva

Von Luisa Zenker

Dresden. Seit der Corona-Pandemie gehört das Wörtchen Homeoffice zum festen Bestandteil der Alltagssprache, doch nicht jeder kann es auch nutzen. Wie eine Studie des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt, arbeiten die Ostdeutschen weniger von zu Hause aus als in der restlichen Bundesrepublik.

Während die Deutschen im Schnitt einen Tag pro Woche am Heimschreibtisch verbringt, arbeiten die Menschen in Thüringen und Sachsen 0,7 Tage zu Hause. Die Hamburger dagegen bleiben in der Woche ganze 1,7 Tage in ihrer Wohnung.

International liegt Deutschland damit im Mittelfeld. Das Ifo-Institut hatte über 40.000 Vollzeitbeschäftigte in 34 Ländern befragt. Spitzenreiter im Homeoffice sind demnach die angloamerikanischen Länder. Kanada liegt mit 1,7 Tagen pro Arbeitswoche ganz vorn, die USA mit 1,4 Tagen und Australien mit 1,3 Tagen kommen gleich dahinter.

Homeoffice-Anteil unterscheidet sich je nach Branche

Der Volkswirt Mathias Dolls erklärt sich den Unterschied mit dem jeweiligen Branchenmix einer Region. Der Wissenschaftler leitete unter anderem die globale Studie zu Homeoffice. Als Beispiel nennt er Frankfurt am Main, wo es zahlreiche Geschäftsbanken und dadurch mehr Homeoffice-Möglichkeiten gibt als in strukturschwachen Regionen oder Gegenden, wo viele Produktionswerke stehen. Auch in Sachsen gehen die Zahlen weit auseinander. 2022 konnte ein Viertel der Mitarbeiter in der Verwaltung teilweise zu Hause arbeiten. In der Produktion erledigte erwartungsgemäß nur ein Zehntel die Arbeit in den eigenen vier Wänden, wie das Statistische Landesamt mitteilt. Dazu gehört auch das Bauwesen und die Energiewirtschaft.

International gesehen, lasse sich der Unterschied zudem auf die verschiedenen Erfahrungen während der Pandemie zurückführen, so Dolls. In den Ländern mit härteren Lockdown-Regelungen werde auch jetzt noch mehr im Homeoffice gearbeitet.

Chefs sind für weniger Homeoffice-Tage als ihre Mitarbeiter

Die Zahlen verdeutlichen noch ein weiteres Dilemma: Denn die Chefs wollen weniger Tage im Homeoffice gestatten als die Beschäftigten fordern: Während Mitarbeitende in Sachsen 1,3 Tage pro Woche zu Hause arbeiten möchten, sind die Arbeitgeber im Freistaat für 0,7 Tage zu haben, was auch dem derzeitigen Stand entspricht. Ein Konflikt, der sich auch im Rest Deutschlands widerspiegelt, wo sich die Beschäftigten 1,8 Tage wünschen, die Arbeitgeber aber nur 1,2 Tage.

Lebensmittelpunkt und Arbeitsplatz müssen nicht mehr beieinander liegen

„Beschäftigte mögen Homeoffice, sie können sich die Zeit flexibler einteilen und gewinnen mehr Stunden am Tag, weil sie nicht pendeln müssen“, erklärt Wissenschaftler Dolls die Spanne. Für so manchen Chef biete Homeoffice zudem die Chance, gutes Personal auch in strukturschwachen Regionen zu finden. Blieben die Beschäftigten jedoch wochenlang im Homeoffice, gehe die Interaktion verloren, was Folgen auf die Produktivität habe. Außerdem seien Chefs besorgt um die Identifikation mit dem Unternehmen, sollten die Beschäftigten zu lange im Homeoffice verschwinden.

Zudem hat die Arbeit im eigenen Heim auch Folgen auf die Beschäftigten: Die Trennung von Privatleben und Erwerbsarbeit verschwimmt durch das mobile Arbeiten. Kindererziehung, Kochen, und dazwischen nochmal auf den Laptop schauen gehören dann für viele zum Normalfall. Wer zu Hause arbeitet, kann abends oft nicht abschalten, warnt deshalb der Deutsche Gewerkschaftsbund. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 45 Prozent und damit mehr als doppelt so hoch wie bei Beschäftigten, die nie zu Hause arbeiten, sagt eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung.

Bürowüsten oder Tratsch im Flur?

Folgen hat der Trend zum Homeoffice auch auf die Büroflächen. Die Deutsche Bundesbank setzt etwa wegen der Heimarbeit bei der künftigen Zentrale den Rotstift an: Seit Juni bietet sie ihren Beschäftigten offiziell an, dass diese bis zu 60 Prozent im Homeoffice arbeiten dürfen. Dadurch verringere sich der Bedarf an Bürofläche um rund 40 Prozent, so der Bundesbankpräsident. Im gleichen Zeitraum ging die Meldung durch die Medien, dass der DAX-Konzern SAP seine Mitarbeitenden auffordert, wieder mehr Präsenz im Büro zu zeigen. Diese gegenläufigen Entwicklungen werfen die Frage auf, was nun mit den Büros in den Innenstädten geschieht.

„Es gibt einen leichten Rückgang an Büroflächen, aber gleichzeitig eine gestiegene Nachfrage nach hochwertigen und modernen Flächen, die moderne Arbeitswelten ermöglichen“, sagt Immobilienverbands-Vorstand Martin Schatz aus Dresden. Ein klarer Trend ist damit nicht erkennbar. Festhalten lässt sich dennoch: ob Homeoffice oder Bürojob, die Arbeitswelt ist seit der Pandemie kräftig durchgerüttelt worden.

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