Von Thomas Möckel
Hinter dem Sitz der früheren Firma „Kunststofftechnik Sachsen“ an der Ecke Fabrikstraße/S172 im Pirnaer Industriepark „An der Elbe“ erstreckt sich noch ein schmales, langgestrecktes Grundstück. Ursprünglich war das Areal einmal als Erweiterungsfläche für den Automobil-Zulieferer gedacht, falls die Produktion ausgebaut werden muss. Das Unternehmen produziert unter anderem Handschuhfächer, Sitzverschalungen und Getränkehalter für die Automobilindustrie.
Doch 2020 musste der Betrieb, der da unter dem Namen „Minda KTSN Plastic Solutions GmbH & Co. KG“ firmierte, Insolvenz anmelden. Ende März 2021 übernahm das baden-württembergische Unternehmen „Eissmann Group Automotive“ das Werk in Pirna und sicherte so einen Großteil der Arbeitsplätze. Allerdings wurde die Erweiterungsfläche nicht mehr benötigt. Das Grundstück wurde aus der Insolvenzmasse herausgelöst und ging an die Stadtentwicklungsgesellschaft Pirna (SEP), die es vermarktete. Dort entsteht seit einiger Zeit Neues – ein Großprojekt für einen zweistelligen Millionenbetrag. Sächsische.de stellt die Details vor.
Wer baut neu?
Investor ist das Unternehmen „Chefs Culinar“ mit Hauptsitz in Kiel. Die bundesweit tätige Firma hat insgesamt acht Niederlassungen und 23 Stützpunkte im gesamten Bundesgebiet. Der zu Pirna nächstgelegene Stützpunkt befindet sich zurzeit noch in Dresden, die nächste Niederlassung in Zorbau bei Weißenfels in Sachsen-Anhalt.
Chefs Culinar ist einer der führenden Zustellgroßhändler, täglich beliefert das Unternehmen Kunden aus Gastronomie, Hotellerie und Gemeinschaftsverpflegung, beispielsweise Betriebskantinen, Schulen, Hotels, Krankenhäuser – ausnahmslos Großverbraucher. „Wir liefern überall dorthin, wo professionell gekocht wird“, sagt Dirk Jerxsen, Leiter der Niederlassung in Zorbau. Von Dresden aus versorgt die Firma Kunden in Dresden, der Lausitz, der Sächsischen Schweiz sowie im Osterzgebirge.
Zum national einheitlichen Sortiment zählen rund 25.000 Artikel aus dem Lebensmittel- und dem Nicht-Lebensmittel-Bereich. Einen Großteil nehmen Lieferungen von Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse ein, dazu kommen aber beispielsweise auch Hygiene-Produkte und Kochutensilien. „Wir liefern all das, was für den Betrieb einer Großküche nötig ist“, sagt Jerxsen. Darüber hinaus plant Chefs Culinar Großküchen und baut sie beim Kunden ein, ebenso gibt es ein umfangreiches Beratungs- und Weiterbildungsangebot für die Kunden.
Wo baut Chefs Culinar?
Das oben bereits näher beschriebene Grundstück, auf dem die Firma baut, liegt im Industriepark „An der Elbe“. Es grenzt im Norden an die Glashüttenstraße, dort werden auch künftig die beiden Ein- und Ausfahrten sein. Das Gelände geht nicht ganz bis zur S172, im Süden wird das Areal begrenzt durch das Grundstück mit der alten Kunstseide-Poliklinik, das in Privatbesitz ist.
Das Grundstück, das Chefs Culinar von der SEP erwarb, ist knapp 23.000 Quadratmeter groß, bebaut wird derzeit eine Fläche von 3.500 Quadratmetern. Ringsum benötigt das Unternehmen noch ausreichend Platz, damit die Lkws auf dem Gelände fahren und rangieren können. Zudem ist noch genügend Fläche übrig, um das derzeit entstehende Gebäude später nochmals zu erweitern.
Was baut Chefs Culinar?
Das Unternehmen baut in Pirna einen neuen Stützpunkt als Außenstandort der Niederlassung Zorbau. Ist der Bau fertig, wird Chefs Culinar dann vollständig von Dresden nach Pirna umsiedeln und den Standort in der Landeshauptstadt auflösen. Mit dem neuen Grundstück und dem Neubau wird Pirna dann unternehmensweit einer der größten Standorte. Der Rohbau ist mittlerweile fertig, derzeit läuft der Innenausbau.
Den Hauptteil des Gebäudes bildet eine riesige Halle, die sich in drei Bereiche unterteilt. Ausgestattet wird der Neubau mit einer speziell auf die verschiedenen Zwecke zugeschnittenen Technik, beispielsweise mit ausgeklügelten Klima-, Lüftungs- und Kälteeinrichtungen. Im größten Hallenareal werden später frische Lebensmittel gelagert, der gesamte Bereich wird auf eine konstante Temperatur von vier Grad heruntergekühlt. Zudem gibt es noch eine separate Abteilung für die Fleischlagerung, darüber hinaus eine für die Tiefkühlkost – mit einer permanenten Temperatur im gesamten Bereich von minus 20 Grad. „Wir kühlen stets die kompletten Räume, das ist viel effektiver und hygienischer, als einzelne Kühltruhen zu nutzen“, sagt Jerxsen.
An der gesamten Halle gibt es insgesamt 28 Rolltore, an denen Lkws andocken können. Wenn sie mit dem Auflieger rückwärts dort heranfahren, wird die Verbindung luftdicht verschlossen, sodass die Kühlketten beim Be- und Entladen nicht unterbrochen werden. Im vorderen Gebäudeteil, der zur Glashüttenstraße zeigt, befinden sich später Büros, ein Aufenthaltsraum für die Lkw-Fahrer, ein Bereich für die Großküchen-Planer, ein großer Raum sowie eine Dachterrasse für Kundenveranstaltungen.
Wegen des enormen Energiebedarfs – vor allem der Kühlaggregate – entsteht auf einer Dachfläche von 2.000 Quadratmetern eine Fotovoltaik-Anlage, die Strom für den Eigenbedarf produziert. Für die Heizungen kommen später keine fossilen Brennstoffe mehr zum Einsatz – geheizt wird mittels Wärmerückgewinnung aus den Kälteanlagen.

Warum baut die Firma in Pirna?
Dafür gibt es zwei Gründe. „Wir wachsen in der Region sehr stark und brauchen dafür Platz und Möglichkeiten“, sagt Jerxsen. Derzeit befindet sich der Stützpunkt noch in Dresden, dort ist Chefs Culinar aber nur eingemietet. Daher baut die Firma etwas Eigenes, da sie die Stützpunkte künftig in Eigenregie betreiben will. Zudem gibt es in Dresden keine Möglichkeit, den Standort zu erweitern.
Für Pirna sprachen laut Jerxsen die Nähe zu Dresden, die sofortige Verfügbarkeit des Grundstücks sowie die Infrastruktur an – wie beispielsweise die S177, die Autobahn 17 und die künftige Südumfahrung.
Wie viele Arbeitsplätze entstehen?
In Dresden beschäftigt Chefs Culinar derzeit 50 Mitarbeiter, in Pirna werden es dann schnell 70 sein. Das Unternehmen sucht vorrangig Lkw-Fahrer und Lagerarbeiter, zudem auch kaufmännisches Personal für den Bereich der Großküchenplanung. Wenn der Umzug nach Pirna vollendet ist, will das Unternehmen dann möglicherweise am Standort auch ausbilden – das wären dann in erster Linie Berufskraftfahrer. Chefs Culinar beschäftigt ausnahmslos eigene und beim Unternehmen angestellte Mitarbeiter, die nach Tarif entlohnt werden.
Wie viel Geld investiert die Firma?
Nach Aussage von Jerxsen investiert das Unternehmen in den neuen Pirnaer Stützpunkt rund 20 Millionen Euro, die Summe ist auch bedingt durch die viele Technik, die installiert werden muss. Das Großvorhaben soll Ende März 2024 fertig sein.