Mit Sekt anzustoßen, dürfte an der TU Dresden wohl bald aus der Mode kommen. Als Mitte Juli verkündet wurde, dass die Universität ihren Exzellenztitel behalten darf, feierten Uni-Rektorat, Wissenschaftler, Politiker und viele andere Gäste mit einem kühlen Bier. Nicht irgendeinem Bier. Mit „Lohrmanns“, dem Bier der TU Dresden. In der Rezeptur fürs Pils stecken fast vier Jahre Forschungsarbeit. Das dürfen sich bald auch die Dresdner schmecken lassen. Im Oktober soll „Lohrmanns“ in den Handel kommen.
Zu diesem Praktikum müssen Jan J. Weigand und Thomas Henle ihre Studenten nicht lange überreden. Seit dem Wintersemester 2015/16 dürfen sie im Keller des Walther-Hempel-Baus an der Mommsenstraße Bier brauen. „Das ist schließlich reine Chemie“, sagt Henle, Professor für Lebensmittelchemie. Ob das Verhalten der Bierhefe, die Stoffe, die beim Rösten von Malz entstehen oder die Art und Weise wie sich Aromen bei der Lagerung des Biers verändern – das Bierbrauen ist eine Wissenschaft für sich.
Gemäß dem Deutschen Reinheitsgebot gehören zwar lediglich vier Zutaten ins Bier: Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. Doch schon allein beim Malz gibt es unzählige Sorten. Bei anderen Rohstoffen ist es ähnlich. „Deshalb gibt es auch Tausende Kombinationsmöglichkeiten“, sagt Henle. Und Tausende Varianten, wie ein Bier am Ende schmecken kann.
Für Jan J. Weigand ist das Bierbrauen quasi familiäre Verpflichtung. Sein Vater ist Bierbrauer, hat lange in einer bayerischen Brauerei gearbeitet. „Ein Grundrezept haben wir von ihm übernommen“, erklärt der Professor für Anorganische Chemie. In der Uni-Brauerei wurde dann weiter an der Pils-Rezeptur gefeilt. Bei uniinternen Veranstaltungen durfte in der Vergangenheit schon probiert werden. „Alle waren begeistert und so entstand vor einem Jahr die Idee, eine eigene Firma zu gründen“, erzählt Weigand.
Als sich die Professoren mit ihrer Idee bei der Tudag, der TU Dresden AG, melden, die Ausgründungen unterstützt und begleitet, war vor allem einer dort ganz begeistert: Francisco Arroyo-Escobar. „Ich fand die Idee super“, sagt er. Im vergangenen Mai wurde die TU Dresden Brauerei GmbH gegründet. Die Tudag hält mehr als 50 Prozent des Unternehmens, die Professoren sind Gesellschafter.
Geschäftsführer sind Arroyo-Escobar und Sophia Witte. Die Chemikerin hat an der TU Dresden promoviert und war von Anfang an dabei, als die Uni-Brauanlage aufgebaut wurde. Vor Kurzem hat sie die Ausbildung zur Biersommelière abgeschlossen. Geballtes Bier-Wissen also für die neue Brauerei. Ein Name für das TU-Bier ist schon gefunden. „Lohrmanns“ wird es heißen. Ein historischer Fingerzeig auf die TU Dresden.
Der Astronom Wilhelm Gotthelf Lohrmann war es schließlich, der 1828 durch König Anton von Sachsen zum ersten Vorsteher der Direktion der neu gegründeten „Technischen Bildungsanstalt“ in Dresden ernannt wurde, dem Vorläufer der TU Dresden. Neben dem Namen gibt es auch ein Logo fürs Getränk, eine stilisierte Hopfenblüte in kräftigem Grün. Entwickelt hat es die Dresdner Kreativagentur Cromatics.
Wenn die neuen TU-Studenten im Oktober bei der großen Immatrikulationsveranstaltung begrüßt werden, soll erstmals die Flasche zum Bier präsentiert werden. „Wir haben uns überlegt, jedem neuen Studenten und jeder neuen Studentin Bier samt Glas zu schenken“, verrät Arroyo-Escobar schon einmal. Kurz darauf ist das Pils dann auch im Dresdner Handel erhältlich.
Einen „Lohrmanns“-Bierwagen gibt es ebenfalls bereits. Der wurde schon bei ersten studentischen Partys getestet. Auch die Dresdner Stadträte werden ihn bald sehen. Wenn sie sich nach der Sommerpause zur ersten Sitzung treffen, wird es nach der Versammlung „Lohrmanns“ für sie geben. „Der Oberbürgermeister hat uns eingeladen“, erklärt Weigand. Das Stadtoberhaupt wäre ein großer Fan des Uni-Biers.
Natürlich reichen die Kapazitäten für den Markteintritt des neuen Biers aus Dresden in der Versuchsanlage nicht aus. Deshalb lässt die TU Dresden Brauerei bei befreundeten Bierbrauern nach TU-eigener Rezeptur brauen. Das Grundbier ist nach einem Tag gebraut, danach wird es fermentiert und gelagert. „Der ganze Prozess dauert ungefähr zwei Monate“, sagt Henle. Das Pils ist ein schlankes, relativ stark gehopftes Bier mit fruchtiger Note. Wenn es bei den Kunden ankommt, könnte auch schnell nachproduziert werden. „Es ist alles so vorbereitet, dass keine Engpässe entstehen werden“, erklärt Weigand.
Das Pils soll nicht die einzige Kreation bleiben. Bereits im nächsten Jahr sind neue Sorten geplant. Was genau, das wollen die Verantwortlichen noch nicht verraten. Fest steht aber bereits: Es wird eine spezielle Sonderedition nur für die TU Dresden geben. Ausgeschenkt nur bei Uni-Veranstaltungen. Original Hausbräu halt.
Von Jana Mundus
Foto: © Sven Ellger