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Protest vor der VW-Manufaktur Dresden: „Niemand kann sich hier noch sicher fühlen“

Angst vor Standortschließungen: Vor der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen in Dresden haben am Montagmittag Beschäftigte demonstriert. Zwei Elektroautos wurden nicht gebaut.

Lesedauer: 2 Minuten

Man sieht einen Protest von Mitarbeitern der VW-Manufaktur
Vor der Gläsernen VW-Manufaktur am Großen Garten in Dresden haben am Montag etwa 150 Beschäftigte gegen Sparpläne protestiert. Sie fürchten, dass auch dieser Betrieb geschlossen werden könnte. Quelle: SZ/Veit Hengst

Georg Moeritz

Dresden. Thomas Aehlig ist von Anfang an dabei: Im Jahr 2000 hat er bei Volkswagen in Dresden angefangen, die Montage der Modelle Phaeton und E-Golf erlebt – und seit Anfang 2021 des Elektroautos ID.3. Jetzt fürchtet er, dass die Gläserne Manufaktur von VW zu den Standorten gehören könnte, die geschlossen werden. Als Betriebsratsvorsitzender hat Aehlig am Montag einen Protest vor dem gläsernen Turm organisiert, der etwa zur Hälfte mit fertig montierten Elektroautos gefüllt ist. „Peinlich und dreist“ nannte er über Lautsprecher die Ankündigung des VW-Vorstands, die Arbeitskosten zu senken. Es seien „Tabubrüche“ bei Volkswagen, womöglich ganze Werke zu schließen.

Der Standort Dresden hat nach Angaben eines Sprechers 325 Beschäftigte. Ob die Gläserne Manufaktur einschließlich des Erprobungszentrums Dresden-Friedrichstadt von der Schließung bedroht ist, war am Montag nicht zu erfahren. Der VW-Gesamtbetriebsrat informierte am Montag die Belegschaften an allen zehn VW-Standorten in Deutschland darüber, dass der Vorstand „mindestens drei VW-Werke“ schließen wolle. Keines wurde benannt. Volkswagen hat noch nie einen Betrieb in Deutschland geschlossen. In Sachsen sind 9.400 Menschen im Elektro-Autowerk Zwickau beschäftigt, und rund 2.000 produzieren in Chemnitz Verbrennermotoren. Auch vor diesen Betrieben wurde am Montag demonstriert, die Betriebsräte verlasen Proteste und hielten Wecker hoch, um zu zeigen, dass es „kurz vor Zwölf“ sei.

Der Betriebsratsvorsitzende Thomas Aehlig (vorn) und Betriebsratsmitglied Christian Wolff sorgen sich um die Gläserne Manufaktur von Volkswagen in Dresden.
Quelle: SZ/Georg Moeritz

Etwa 150 Beschäftigte kamen zum Protest vor die Gläserne Manufaktur in Dresden. Rote Trillerpfeifen der IG Metall wurden ausgeteilt und Schilder mit der Aufschrift „Hände weg von der Beschäftigungssicherung“. Mit lauter Stimme gelang es vor allem dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden René Rostock, seine Kollegen zu Pfiffen und Buhrufen gegen die Konzernspitze zu animieren. Betriebsratsmitglied Christian Wolff sagte ins Mikrofon: „Niemand von uns kann sich sicher fühlen.“ In Deutschland stünden Zehntausende Arbeitsplätze auf dem Spiel. Ein Zwischenrufer forderte „Gehaltskürzung für den Vorstand“.

Betriebsratschef Aehlig: Vorstand bleibt Dresden seit fünf Jahren Klarheit schuldig

Betriebsratsvorsitzender Aehlig sagte, der Vorstand bleibe den Beschäftigten seit zwei Jahren, in Dresden seit fünf bis sechs Jahren, die „Zielbilder“ für die künftige Entwicklung schuldig. Er zitierte aus dem gemeinsamen Papier des Gesamtbetriebsrats: Die Konzernchefs hätten „kein Konzept für die künftige Produktpalette“ auf den Tisch gelegt. Es fehle eine Idee, wie VW die Technologieführerschaft zurückgewinne. Auch von der Politik fehle „ein Plan, wie die Elektromobilität endlich zum Fliegen kommt“.

Die Gläserne Manufaktur von Volkswagen hat voriges Jahr 6.086 Autos vom Typ ID.3 montiert. Die lackierten Karosserien dafür werden aus Zwickau nach Dresden gebracht. Während des halbstündigen Protests fiel nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden die Montage von zwei Autos in Dresden aus, anschließend gingen die Beschäftigten noch zur vierteljährlichen Informationsveranstaltung in den Betrieb. „Wie das hier ausgeht, kann keiner sagen“, sagte der gelernte Kfz-Mechatroniker Aehlig. Es bestehe „das Risiko, dass das hier eskaliert und wir die Gespräche abbrechen.“ Für Mittwoch sind Tarifverhandlungen zwischen Volkswagen und IG Metall vorgesehen. Der Gesamtbetriebsrat wirft dem Vorstand vor, auch „Entgelteinbußen von beinahe 20 Prozent erzwingen“ zu wollen.

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