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Rekorde mit Sachsens Exporten sind vorbei

Schon vor dem Brexit verliert Sachsen Kunden auf der Insel. Doch kleine Firmen haben noch Chancen.

Lesedauer: 3 Minuten

Der verschneite Erzgebirgsort Grünhainichen zeigt auch im Januar noch seine bekanntesten Produkte: Wegweiser locken zu den Holzengel-Werkstätten von Wendt & Kühn oder Blank. Doch am Rande des Ortes liegt ein Unternehmen mit 115 Beschäftigten, das große Metalltore und Poller bis Russland und Indien liefert: Zabag Security Engineering. Um Kunden in Oman zu überzeugen, dass kein Wüstensand in die Bediensäulen der sächsischen Drehtüren eindringt, testeten die Grünhainichener ihre Technik mit Wasser. Geschäftsführer Michael Simon hat den Eindruck, dass die Welt sich ihm „immer offener“ zeigt, dass in vielen Staaten Chancen liegen. Doch der drohende Brexit hat seine britischen Kunden schon jetzt gebremst.

In dem Grünhainichener Betrieb traf sich am Montag Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) mit Unternehmern zum „Spitzengespräch Außenwirtschaft“. Von Firmenchef Simon erfuhr er, dass Zabag Geschäftspartner in London hat und sie voriges Jahr anlässlich einer Messe besuchte. Doch die Bestellungen aus dem Brexit-Land gingen zurück. Die Kunden in Großbritannien seien „unsicher“, sagt Simon. Sie wüssten noch nicht, wie nach einem Brexit die Gewährleistung und der Service aus Deutschland funktionieren.

Sachsens Exporte nach Großbritannien sind voriges Jahr schon geschrumpft, stellte Minister Dulig bedauernd fest. Das Land ist Deutschlands fünftwichtigster Handelspartner, für Sachsen auf Platz 3. Ausgerechnet die drei Staaten mit dem stärksten sächsischen Außenhandel sind laut Dulig derzeit „die, wo es am meisten Spannungen gibt“. 

China ist mit Abstand der wichtigste Abnehmer sächsischer Waren, streitet aber mit den USA. Die stehen für Sachsen auf Platz 2, betreiben aber laut Dulig eine „aggressive Handelspolitik“. Nach dem Rekordjahr 2017 haben Sachsens Exporte voriges Jahr nicht mehr zugenommen. Vorläufige Zahlen für die ersten drei Quartale zeigen laut Dulig „eine schwarze Null“ bei Exporten wie Importen, also die gleichen Größenordnungen wie im Jahr zuvor. Die Ausfuhren nach China sind weiter stark gewachsen, die in die USA haben nachgelassen. Fast die Hälfte der Exporte kommt aus der Autoindustrie.

So verteilen sich die Exporte aus Sachsen. © SZ/Grafik

Dulig nannte den drohenden Brexit „wahnsinnig“ und „eine Katastrophe für sächsische Unternehmen“. Noch hoffe er, dass der Austritt in letzter Minute zu verhindern sei, „aber man darf sich nichts vormachen“. Möglicherweise profitiere Sachsen davon, dass manche britische Firmen jetzt auf dem europäischen Festland neue Möglichkeiten suchten.

Russland hat seit Beginn der EU-Sanktionen Mitte 2014 stark an Bedeutung als Exportland verloren. Damals flossen noch Waren im Wert von 610 Millionen Euro aus Sachsen nach Russland, zuletzt nicht einmal halb so viel. Laut Dulig waren für den jüngsten Rückgang weniger die Sanktionen entscheidend als wirtschaftliche Gründe wie die Schwäche des Rubels. Sachsens Wirtschaftsminister sprach sich erneut für eine „schrittweise Überwindung der Sanktionspolitik“ und für Russland als Partner aus. Es sei aber ein Trugschluss, dass sich nach einem Ende der Sanktionen sofort wieder Erfolge einstellen würden.

Die meisten Branchen in Sachsen erwarten für dieses Jahr einen Rückgang der Exporte, das zeigt die jüngste Konjunkturumfrage der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft. Die landeseigene Wirtschaftsförderungsgesellschaft will trotzdem Unternehmer weiter zum Export ermutigen – gerade für kleinere Firmen stecken laut Dulig im Außenhandel noch Wachstums-Chancen. Um ihnen die Ängste zu nehmen, bieten Export-Scouts der Kammern Beratung an – und empfehlen, es zunächst in den Nachbarländern zu versuchen. Dulig will dieses Jahr die Niederlande, Dänemark und Estland besuchen und von diesen Staaten lernen.

Der Markneukirchener Unternehmer Dieter Pfortner hofft unterdessen weiter auf Russland – und auf den Iran. Pfortner stellt Nahtmaterial für Chirurgen her und ist auch Präsident der Industrie- und Handelskammer Chemnitz. Interessenten im Iran für seine Produkte hat er schon gefunden, auch für Material aus Schafsdarm, wie es in Deutschland nicht mehr verwendet wird. Doch wegen der Sanktionen findet er keine Bank, die sein Handelsgeschäft finanziert. Die USA wiederum machen ihm zu schwierige Vorschriften für Medizinprodukte – ein Anlass mehr für Minister Dulig, freien und fairen Handel zu fordern.

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