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Rollin‘ Rollin‘ Rollin‘

Torsten Klapper war am Ende. Seine Carola und eine gemeinsame Geschäftsidee waren die Rettung.

Lesedauer: 3 Minuten

An ihre erste Begegnung mit diesen skurrilen Gefährten kann sich Carola Klapper noch gut erinnern. „Ich dachte, oh Gott, was kommen da denn für Marsmännel an“, erinnert sie sich. Das war 2010 im Florida-Urlaub mit ihrem Mann Torsten. „Wir wussten damals gar nicht, was das ist“, sagt er, „und konnten uns das gar nicht vorstellen, so auf zwei Rädern.“

Die beiden probierten das Segway-Fahren gleich selbst aus. Torsten hatte als alter Skifahrer keine Probleme mit den Kurven. Carola brauchte ein bisschen länger, aber auch sie fand das irgendwie witzig. Schon auf dem Rückweg im Flieger spannen die beiden erste Ideen zusammen. Mal gucken, wo es so etwas schon gibt und was man daraus machen kann.

Acht Jahre später können sie sagen: Da geht einiges. Nachdem sie einige Jahre als Guides für ein anderes Unternehmen fuhren, sind die beiden inzwischen Chefs ihrer eigenen Firma Seg City, die Stadtrundfahren mit Segways in Dresden anbietet. Ihr Büro haben sie unweit des Neustädter Marktes. Hier drin stehen zwei lebensgroße Puppen in historischen Gewändern. Eigentlich wollten Carola und Torsten diese Kostüme bei ihren Fahrten tragen, doch das erwies sich als schlechte Idee. Vor allem Wind und Hitze spielten da nicht mit. Dann eben im schlichten Weiß, entschieden die beiden. Solange es nicht regnet – und das tut es dieses Jahr ja nicht – läuft das Geschäft gut. Nur im Winter müssen sie sich mit Promotion-Jobs über Wasser halten. Auf einem bekannten Touristikportal sind ihre Segway-Runden bei den Stadttouren auf Platz eins gelistet. Im Gang vor dem Büro hängt stolz ein „Zertifikat für Exzellenz“, dass ihnen das Portal nun schon vier Jahre in Folge ausgestellt habe.

Ob Altstadttour oder an der Elbe entlang, Jeden Tag ist derzeit einer von ihnen mit Gästen unterwegs. Bei größeren Gruppen fahren sie beide. Andere Guides gibt es nicht, das ist ihnen wichtig. „Wir wollen hier keine Massenveranstaltungen anbieten“, betont Torsten Klapper. „Das Segwayfahren soll etwas Besonderes bleiben.“ Ihr Vorteil: Zum Thema Segway hat jeder eine Meinung. Die einen finden sie peinlich, genauso viele aber auch spannend. Und wo sollte man diese Dinger mal testen, wenn nicht im Urlaub?

Selbst braungebrannt und mit ihren weißen Hemden stehen Torsten und Carola für genau dieses Gefühl. Die beiden Ur-Dresdner sind zu eitel, um ihr Alter zu nennen und stehen gern zu dieser Schwäche. Verraten werden darf aber: Das hier ist nicht ihr erster Job. Für Carola Klapper ist es immerhin vertrautes Terrain. Sie hat Tourismus studiert und bietet seit vielen Jahren Führungen durch Dresden an. Zu Fuß allerdings. „Das war immer sehr anstrengend und die Straßenmusiker sind unheimlich laut“, sagt sie. „Außerdem wird man ja auch nicht jünger.“ Unmotorisiert ist sie heute fast nur noch mit Schulklassen unterwegs.

Torsten Klapper hat einen härteren Weg hinter sich. In den 90er-Jahren steuerte er eine große Klempner-Firma mit 25 Mitarbeitern. Als die pleite ging, musste er in die Privatinsolvenz. Daran zerbrach bald auch sein privates Glück. „Haus weg, Frau weg, Job weg“, sagt er. „Ich hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte.“ Es folgten zwei Bandscheibenvorfälle. Zeitweise war er halbseitig gelähmt. Erst seine neue Liebe Carola brachte ihn wieder in die Spur. „Wenn man keinen Partner hat, ist es nicht möglich, da rauszukommen“, sagt er ernst. „Frauen sind nun mal stärker als Männer, das ist Fakt.“

Stark mussten die beiden auch häufiger schon für ihr Segway-Abenteuer sein. Unmittelbar nach ihrem Start 2013 kam das Hochwasser nach Dresden – und drei Monate kein Tourist mehr. „Als wir dann im Herbst zum ersten Mal ausgebucht waren, hat uns früh die Polizei angerufen“, erinnert sich Torsten. In ihr Büro war eingebrochen worden. Drei 8 000-Euro-Segways waren geklaut worden. Nach einem zweiten Einbruch ein Jahr später schafften sie sich eine Alarmanlage an. Die meldete sich zuletzt auch, als sich nachts Unmengen an Wasser aus dem Obergeschoss in ihren Lagerraum ergossen. Sechs Fahrzeuge, von der chinesischen Variante gingen kaputt. 20 000 Euro Schaden. Der Streit mit der Versicherung läuft noch immer.

Trotz all dieser Tiefschläge ist Torsten Klapper überzeugt, dass sie gemeinsam in die richtige Richtung rollen. „Wir sind das bewusst sehr vorsichtig angegangen“, sagt er und schickt hinterher: „Das ist unsere letzte Chance.“

www.seg-stadtfuehrung-dresden.de

 

von Henry Berndt

Bildquelle: 

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